4 Individuelle Unterschiede des Verstehens - Universität Bamberg
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4 <strong>Individuelle</strong> <strong>Unterschiede</strong> <strong>des</strong> <strong>Verstehens</strong> – 184<br />
einen unmittelbaren Vergleich zu Janas Vorgehensweise zu ermöglichen, das „Schluß-Stück“<br />
analysiert werden:<br />
4.1.3.1 Jans „Schluß-Stück“<br />
Jan fasst den Inhalt <strong>des</strong> „Schluß-Stücks“ in einem Satz zusammen:<br />
„Wie passend, als letztes das „Schluß-Stück“ zu ziehen. Das geht nur um das Ende<br />
unseres Lebens und dass es eben meistens ziemlich unverhofft kommt, wenn wir<br />
eben mitten im selbigen stehen. Das ist alles.“<br />
Versuchspersonen-Beispiel 55: Interpretation <strong>des</strong> „Schluß-Stücks“<br />
(Versuchsperson Jan).<br />
Jan wählt das gesamte Gedicht als Interpretationseinheit aus. Er setzt die Inhalte, die als<br />
„Reminiszenzen“ in seinem Protokollgedächtnis enthalten sind, so zusammen, dass sich eine<br />
sinnvolle Aussage ableiten lässt. Aus der kurzen Gesamtaussage lassen sich die folgenden<br />
Prozesse ableiten: Jan fasst die Textinhalte unter dem Oberbegriff „Ende <strong>des</strong> Lebens“<br />
zusammen (Subsumption). Aus den restlichen Textfragmenten baut Jan ein Schema zusammen<br />
(Neukonstruktion der Grammatik). Die Formulierung „wenn wir eben mitten im selbigen<br />
stehen“ lässt erkennen, dass Jan die Verbalkonstruktion „wir meinen, mitten im Leben zu<br />
stehen“ durch den Nominativ „wir stehen mitten im Leben“ ersetzt (Austausch aufgrund<br />
semantischer Ähnlichkeit). Die restlichen Textteile werden ausgelassen. Diese rabiate<br />
Methode der Unbestimmtheitsreduktion führt dazu, dass für Jan das Gedicht nunmehr keine<br />
Diskrepanzen enthält. Dadurch wird die Gesamtaussage stimmig.<br />
4.1.3.2 Jans „springbrunnen“<br />
4.1.3.2.1 68er Feeling<br />
Jan liest den „springbrunnen“-Text einmal durch und formuliert anschließend den<br />
folgenden Gesamteindruck:<br />
„Was sich im Moment aufdrängt ist, dass es wohl von irgend jemanden<br />
geschrieben wurde, so '68 um die Gegend, der völlig krass unterwegs war bzw.<br />
drauf war und beschreibt, wie er seine Umwelt wahrnimmt, so kommt mir das vor.<br />
Dieses Ganze mit dem Park und den Schmetterlingen und den Gänseblümchen und<br />
so weiter. Es wird auch die Liebe beschrieben und die Gesellschaft mit der er<br />
irgendwie nicht klar kommt. „Und, na ja, man kann... das ist... durch diese wenigen<br />
Zeilen drückt er bzw. sie ziemlich viel aus, was eben so um ihn herum alles<br />
passiert und wenn man sich das noch mal genauer anschaut, sieht man, dass es<br />
immer ein Wechselspiel zwischen Wahrnehmung der Natur und Wahrnehmung der<br />
Menschen und zwar werden immer verschiedene Szenen beschrieben.“<br />
Versuchspersonen-Beispiel 56: Strategie der Subsumption zur Herstellung<br />
einer konsistenten Interpretation (Versuchsperson Jan).<br />
Jan erinnert sich an einzelne Textfragmente, die Verbindungen zueinander im<br />
Langzeitgedächtnis aufweisen. Diese Textteile werden jedoch nicht zu einer Szene<br />
zusammengefügt. Die Rekapitulation der Inhalte hat vielmehr Aufzählungscharakter („Dieses