4 Individuelle Unterschiede des Verstehens - Universität Bamberg
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<strong>Individuelle</strong> <strong>Unterschiede</strong> <strong>des</strong> <strong>Verstehens</strong> - 215<br />
Satz“, „Wort für Wort“) als ein Aspekt <strong>des</strong> Auflösungsgrads bildet ein zweites Kriterium. Mit<br />
diesen beiden Aspekten gelingt es gut, Versuchspersonen, die einen knappen Stil aufweisen,<br />
auszuschließen. Eine eindeutige Auswahl kann jedoch ohne das theoretische Gerüst nicht<br />
gelingen. Die „Laien“ verwechseln Jana typischerweise mit der Versuchsperson 10 (vgl.<br />
Abbildung 1), die ebenfalls ausführlich interpretiert, jedoch vorwiegend amplifiziert und wenig<br />
Umbauprozesse aufweist.<br />
Die „Experten“ zeigen ein vielfältiges Spektrum an Kriterien. Neben den Kriterien, die ihnen in<br />
der theoretischen Einführung erläutert wurden, werden weitere, z.B. sprachliche<br />
Besonderheiten, zur Unterscheidung herangezogen. Die „Experten“ entwickeln somit die<br />
Theorie selbständig weiter. Bemerkenswert ist auch, dass die „Experten“ im Gegensatz zu den<br />
„Laien“ keine festen Eigenschaften als Kriterien heranziehen (z.B. „zu kurz“ (Vp 3); „gibt sich<br />
Mühe“ (Vp 4), „gibt zu schnell auf“ (Vp 3)). Ihnen dienen prozessbezogene Charakteristika wie<br />
die Variation <strong>des</strong> Auflösungsgrads („grob – fein – grob“ (Vp 1); „kann den Auflösungsgrad<br />
steuern“ (Vp 2)) und charakteristische Abfolgen von Prozessen der Unbestimmtheitsreduktion<br />
(„lange Analyse, dann erst Ausbau“ (Vp 2)) als Charakteristika der Unterscheidung dienen. So<br />
gelingt es den „Experten“, Jana eindeutig zu identifizieren.<br />
4.2.2.4 Zusammenfassung der Ergebnisse<br />
Auch den „Laien“ gelingt es, durch einfache Kriterien wie der Textlänge und der Wahl der<br />
Interpretationseinheit, viele Interpretationen auszuschließen bzw. die richtige Interpretation mit<br />
in die engere Wahl zu ziehen. Eine zuverlässige Identifikation Janas gelingt den „Laien“ jedoch<br />
nicht. Es kommt zu Schwierigkeiten, Janas Interpretation und die der Versuchsperson 10<br />
voneinander abzugrenzen, da beide vergleichbar ausführlich sind. Den „Experten“ gelingt diese<br />
Unterscheidung für alle vier Gedichtinterpretationen. Sie beziehen zusätzlich die Dominanz<br />
bestimmter Prozesse der Unbestimmtheits-reduktion mit in ihre Entscheidung ein. Ihrer<br />
richtigen Auswahl liegt ein breites Spektrum an Kriterien zugrunde. Auch typische<br />
Veränderungen <strong>des</strong> Auflösungsgrads und charakteristische Abfolgen an Prozessen der<br />
Unbestimmtheitsreduktion werden beachtet. Im Hinblick auf die Fragestellungen der<br />
Untersuchung kann folgen<strong>des</strong> festgehalten werden:<br />
1. Der „persönliche Stil“ mit Textunbestimmtheit umzugehen lässt sich unabhängig von der<br />
Art <strong>des</strong> Textes erkennen.<br />
2. Unter Zuhilfenahme <strong>des</strong> theoretischen Modells kann die Interpretation einer bestimmten<br />
Versuchsperson leichter aus einer Menge an Interpretationen herausgefunden werden. Dies<br />
deutet darauf hin, dass das Modell wichtige Aspekte im Umgang mit Textunbestimmtheit<br />
abdeckt.<br />
4.2.3 <strong>Individuelle</strong> <strong>Unterschiede</strong> <strong>des</strong> <strong>Verstehens</strong> – ein Ausblick<br />
Das vierte Kapitel umfasst Aspekte der Überprüfung und Weiterentwicklung <strong>des</strong> Modells.<br />
Einzelfallanalytische Betrachtungen demonstrieren, dass sich die Vorgehensweise<br />
unterschiedlicher Versuchspersonen anhand eines allgemeinen Ablaufmodells nachvollziehen<br />
lässt. Anhand der Einzelfallanalysen wurden Anhaltspunkte gewonnen, welche<br />
Persönlichkeitsparameter zu <strong>Unterschiede</strong>n in der Textverarbeitung führen.