Psychotherapeutenjournal 2/2013 (.pdf)
Psychotherapeutenjournal 2/2013 (.pdf)
Psychotherapeutenjournal 2/2013 (.pdf)
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Recht: Aktuell<br />
Die sorgerechtliche Einwilligung von Eltern in die psychotherapeutische<br />
Behandlung von Kindern und Jugendlichen<br />
Bernd Rasehorn<br />
Zusammenfassung: Jeder Eingriff in die psychische und körperliche Verfasstheit eines<br />
Menschen kann eine Körperverletzung darstellen, weshalb hierfür die Einwilligung des<br />
Patienten erforderlich ist. Für die Einwilligung in den Behandlungsvertrag mit einer Behandlerin<br />
oder einem Behandler 1 ist bei minderjährigen nicht ausreichend selbst einsichtsfähigen<br />
Patienten die Zustimmung der sorgeberechtigten Eltern erforderlich. Zu<br />
den grundsätzlichen Sorgfaltspflichten eines psychotherapeutischen Behandlers gehört<br />
daher die Vergewisserung, ob für die jeweiligen Maßnahmen einer psychotherapeutischen<br />
Behandlung von den jeweiligen Sorgerechtsinhabern eine Einwilligung vorliegt.<br />
Der Beitrag stellt die sorgerechtlichen Bezüge der psychotherapeutischen Behandlung<br />
Minderjähriger aus juristischer Perspektive dar – fachlich psychotherapeutische Fragen,<br />
wie etwa Konflikte und Dynamiken, die bei der Psychotherapie von Kindern mit getrennt<br />
lebenden Eltern entstehen können, werden hier nicht erörtert.<br />
Grundsätze des Personensorgerechts<br />
Die Einwilligung in eine psychotherapeutische<br />
Behandlung von Kindern und Jugendlichen<br />
fällt nach ganz herrschender<br />
familienrechtlicher Meinung in den Bereich<br />
der Ausübung der gemeinsamen<br />
Sorge von Eltern, weil damit Regelungen<br />
von erheblicher Bedeutung für das Kind<br />
betroffen sind und nicht lediglich eine Entscheidung<br />
in einer Angelegenheit des täglichen<br />
Lebens, wie sie häufig vorkommen<br />
und die keine schwer abzuändernden Auswirkungen<br />
auf die Entwicklung des Kindes<br />
haben (vgl. § 1687 Abs. 1 BGB).<br />
Gemeinsames Sorgerecht<br />
verheirateter/geschiedener<br />
Eltern<br />
Für verheiratete und geschiedene Elternteile<br />
gilt grundsätzlich, dass für gemeinsame<br />
Kinder auch ein gemeinsames Sorgerecht<br />
besteht, sodass die Einwilligung beider<br />
Eltern vorliegen muss. Macht ein verheirateter<br />
bzw. getrennt lebender oder geschiedener<br />
Elternteil geltend, das alleinige<br />
Sorgerecht zu besitzen, sollte die Vorlage<br />
eines Gerichtsbeschlusses über die Übertragung<br />
des alleinigen Sorgerechts verlangt<br />
werden. Anstelle eines gerichtlichen Sorgerechtsbeschlusses<br />
kann auch eine Vollmacht<br />
des anderen Elternteils ausreichen.<br />
des ausländischen Sorgerechts eingeholt<br />
werden kann.<br />
Sorgerechtstatus bei nicht<br />
verheirateten Eltern<br />
Für nichteheliche Eltern gilt nach bisheriger<br />
Rechtslage noch das alleinige Sorgerecht<br />
der Mutter, sodass nur deren Einwilligung<br />
erforderlich ist.<br />
Auf Grund gemeinsamer Sorgeerklärung<br />
(vor dem Jugendamt oder Notar) von<br />
nicht verheirateten Eltern kann ein gemeinsames<br />
Sorgerecht vorliegen.<br />
Mit der sich verändernden Rechtslage<br />
zugunsten einer Erleichterung für nichtehe<br />
liche Väter, ein gemeinsames Sorgerecht<br />
mit der Mutter gerichtlich feststellen<br />
zu lassen, sollte auch abgefragt werden,<br />
ob über ein gemeinsames Sorgerecht<br />
ein gerichtliches Sorgerechtsverfahren<br />
schwebt oder ein Gerichtsbeschluss ergangen<br />
ist.<br />
Vorsorglich ist darauf hinzuweisen, dass für<br />
nichteheliche Kinder, für die möglicherweise<br />
ein alleiniges Sorgerecht der Mutter gilt,<br />
durch (nachträgliche) Heirat der Eltern<br />
auch ein gemeinsames Sorgerecht der Eltern<br />
für deren Kinder begründet wird.<br />
Für die Vergewisserung, ob die Einwilligung<br />
von den zutreffenden Sorgerechtsinhabern<br />
erklärt wird, ist nach dem Status der<br />
Eltern und der vorliegenden Sorgerechtslage<br />
zu differenzieren. Die einschlägigen<br />
Normen hierzu finden sich § 1626 bis<br />
§ 1698 b BGB, insbesondere §§ 1626 a<br />
und b, 1627, 1628, 1629, 1666, 1671,<br />
1672, 1687 BGB.<br />
<strong>Psychotherapeutenjournal</strong> 2/<strong>2013</strong><br />
Auch für Elternteile mit ausländischer<br />
Staatsangehörigkeit gilt in der Regel deutsches<br />
Sorgerecht. Sollte ein ausländischer<br />
Elternteil geltend machen, dass für ihn ein<br />
abweichendes, auf Heimatrecht beruhendes<br />
alleiniges Sorgerecht gilt, sollte vorsorglich<br />
geklärt werden, ob unabhängig<br />
davon die Zustimmung des anderen Elternteils<br />
oder eine verlässliche Bestätigung<br />
Liegt eine gemeinsame Sorgeerklärung<br />
oder ein Gerichtsbeschluss über ein gemeinsames<br />
Sorgerecht der nicht verheirateten<br />
Eltern vor, so gilt dieselbe Rechtslage<br />
1 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit werden<br />
im Folgenden nicht durchgehend beide<br />
Geschlechtsformen genannt. Selbstverständlich<br />
sind immer Männer und Frauen gleichermaßen<br />
gemeint.<br />
157