Psychotherapeutenjournal 2/2013 (.pdf)
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Mitteilungen der Psychotherapeutenkammer<br />
Hessen<br />
ma „Psychische Belastungen in der Arbeitswelt<br />
& Burnout“ vor. Der Mammutanteil<br />
dieser Befunde sei mit dem Maslach<br />
Burnout Inventary (MAS) erhoben worden,<br />
das bekanntlich drei Dimensionen als Leitsymptome<br />
des Burnout-Phänomens erfasst,<br />
nämlich (emotionale) Erschöpfung,<br />
Depersonalisation bzw. Zynismus sowie<br />
reduzierte persönliche Erfüllung. Vor allem<br />
der Aspekt Depersonalisation/Zynismus<br />
sei für den Kontext der Dienstleistungsarbeit<br />
von Interesse, so Dormann. Denn dieser<br />
Aspekt erlange Relevanz im Zusammenhang<br />
mit Emotionsarbeit, der „Belastung<br />
des 21. Jahrhunderts“. Unter Emotionsarbeit<br />
verstand er hierbei bezahlte Arbeit,<br />
bei der eine Regulation der eigenen<br />
Gefühle erforderlich ist, um nach außen in<br />
Mimik, Stimme und Gestik ein bestimmtes<br />
Gefühl zum Ausdruck zu bringen, unabhängig<br />
davon, ob dies mit den inneren<br />
Empfindungen übereinstimmt oder nicht.<br />
Dementsprechend tragen die sozialen<br />
Stressoren im Verhältnis zu den sozialen<br />
Ressourcen empirisch betrachtet wesentlich<br />
zur sozialen Entwicklung von Burnout<br />
bei.<br />
Von Hamsterrädern, Überholspuren<br />
und leeren Akkus –<br />
psycho- und metaphernanalytische<br />
Überlegungen<br />
Im dritten, von Vorstandsmitglied Susanne<br />
Walz-Pawlita moderierten Hauptvortrag<br />
von Prof. Dr. Dr. Rolf Haubl (Sigmund<br />
Freud Institut, Frankfurt am Main) wurde<br />
die „Karriere“ des Burnout-Konzeptes rekonstruiert<br />
und mit den Veränderungen in<br />
der spätmodernen Arbeitswelt abgeglichen.<br />
An deren Horizont tauche, so Haubl,<br />
das neoliberale Ideal einer „interessierten<br />
Selbstgefährdung“ auf, dessen lebenspraktische<br />
Realisierung in vielen Fällen in Erschöpfungszuständen<br />
ende. Dabei falle<br />
auf, dass eine Burnout-Diagnose im Unterschied<br />
zu einer Depressions-Diagnose oft<br />
als Statusmerkmal sozial erwünschter Leistungsbereitschaft<br />
gehandelt wird: „Ausbrennen<br />
kann nur, wer zuvor entbrannt<br />
gewesen ist!?“. In den Metaphern, die im<br />
Burnout-Diskurs verwendet werden (wie<br />
etwa „Hamsterrad“, „Überholspur“, „leerer<br />
Akku/Tank“) kommen Wunsch- und Angstvorstellungen<br />
zum Ausdruck, die die Frage<br />
nach einer salutogenen Lebensführung –<br />
auch im größeren gesellschaftlich-ökologischen<br />
Zusammenhang einer (Umwelt-)<br />
Ressourcen schonenden Lebensweise –<br />
aufwerfen.<br />
Am Nachmittag fanden fünf zweistündige<br />
Foren statt:<br />
Prof. Dr. Ulrich Müller, Mitglied des Vorstands<br />
und Lehrender an der Hochschule<br />
Hannover, sowie Prof. Dr. Klaus Fröhlich-<br />
Gildhoff von der Evangelischen Hochschule<br />
Freiburg/Breisgau explorierten in<br />
dem von Ariadne Sartorius moderierten<br />
Forum entwicklungspsychologische Bedingungen<br />
und frühe Präventionsmöglichkeiten<br />
von Burnout.<br />
Prof. Dr. Dr. Andreas Hillert, Chefarzt für<br />
Psychosomatik der „Schön Klinik Roseneck“<br />
in Prien am Chiemsee, referierte<br />
in dem von Dr. Heike Winter moderierten<br />
Forum zur Frage, ob ein rationaler Umgang<br />
mit dem vermeintlich selbstevidenten wie<br />
epochalen Burnout-Phänomen möglich<br />
ist, und dazu, welche behavioralen Behandlungsstrategien<br />
existieren.<br />
Dr. Sonja Kinigadner, Psychotherapeutin<br />
aus Wien, und Prof. Dr. Heike Stammer,<br />
Dekanin für Soziale Arbeit an der Evangelischen<br />
Hochschule Ludwigsburg, stellten<br />
gesprächspsychotherapeutische und systemische<br />
Konzepte und Behandlungsstrategien<br />
zu Burnout vor. Moderiert wurde<br />
das Forum von Else Döring.<br />
In einem weiteren Forum (moderiert von<br />
Dr. Matthias Ochs) ging es um Gemeinsamkeiten<br />
und Unterschiede im Umgang<br />
mit dem Phänomen Burnout in Coaching<br />
und Psychotherapie. Fachliche Impulse kamen<br />
hierbei zum einen von Dr. Nadine<br />
Schuster, Psychologische Psychotherapeutin<br />
und Business-Coach im Rhein-<br />
Main-Gebiet, und von dem systemischen<br />
Psychotherapeuten und Coach Jürgens<br />
Hargens aus Meyn bei Flensburg.<br />
Möglichkeiten der Burnout-Prophylaxe für<br />
Heil- und Gesundheitsberufe stellten in einem<br />
Forum (Moderation: Dr. Renate<br />
Frank) Dr. Julika Zwack, Institut für Medizinische<br />
Psychologie der Universitätsklinik<br />
Heidelberg, und Prof. Dr. Thomas Heidenreich,<br />
Fakultät Soziale Arbeit Gesundheit<br />
und Pflege der Hochschule Esslingen,<br />
vor.<br />
Abgerundet wurde der Psychotherapeutentag<br />
durch eine kurzweilige und erlebnisorientierte<br />
Abschlussveranstaltung mit<br />
dem Titel „Psychohygiene und Burnout-<br />
Prävention durch Training von Kreativität<br />
mit Methoden aus dem Clown- und Improvisationstheater“,<br />
in der die Psychologinnen,<br />
Tänzerinnen und Krankenhaus-<br />
Clowninnen Frauke Nees (Karlsruhe) und<br />
Petra Daiber (Berlin) die TeilnehmerInnen<br />
einluden, „ihren inneren Kritiker zum Lachen<br />
zu bringen“. Dementsprechend gelöst<br />
und entspannt verließen die TeilnehmerInnen<br />
den gut besuchten 7. Hessischen<br />
Psychotherapeutentag.<br />
Grußworte, Berichte, Präsentationen und<br />
Vortragsmanuskripte zum 7. HPT sind auf<br />
der Webseite www.ptk-hessen.de abzurufen.<br />
Dr. Matthias Ochs<br />
(wissenschaftlicher Referent)<br />
PiA-Veranstaltung auf dem 7. Hessischen Psychotherapeutentag<br />
Als Vorveranstaltung des Hessischen Psychotherapeutentages<br />
fand ein von den Landessprechern<br />
gestalteter PiA-Nachmittag<br />
statt. Es gab Informationen zu den Themen<br />
Ausbildungsreform, Praxiswertermittlung<br />
und Arbeitsgerichtsurteile zur Vergütung der<br />
praktischen Tätigkeit. Anschließend wurden<br />
in Arbeitsgruppen verschiedene Themen<br />
der Ausbildung unter die Lupe genommen.<br />
In der AG Supervision und Selbsterfahrung<br />
bestand Einigkeit darüber, dass eine intensive<br />
Einzelselbsterfahrung für unseren Beruf<br />
unerlässlich, und dass davon mehr nötig<br />
ist. Von Supervisoren wird gefordert,<br />
dass sie die aktuelle Theorie beherrschen,<br />
regelmäßig evaluiert werden und einen<br />
klaren Qualitätsstandard erfüllen.<br />
In der AG praktische Tätigkeit zeigte sich<br />
der größte Veränderungsdruck in Richtung<br />
196 <strong>Psychotherapeutenjournal</strong> 2/<strong>2013</strong>