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Psychotherapeutenjournal 2/2013 (.pdf)

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B. Rasehorn<br />

beziehung sensibler Informationen aus der<br />

Eltern-Kind-Beziehung, wird man die Einwilligung<br />

der Sorgerechtsinhaber für erforderlich<br />

halten. 2<br />

Die Einwilligung der Sorgerechtsinhaber ist<br />

in jedem Fall erforderlich für eine reguläre<br />

Behandlungsaufnahme für ein bewilligtes<br />

bzw. vereinbartes Behandlungskontingent<br />

von Behandlungsstunden. Auch für eine<br />

anschließende Fortführung der Behandlung<br />

gilt das Erfordernis einer erneuten<br />

Einwilligung der Sorgerechtsinhaber.<br />

Für den Fall, dass die erforderliche Einwilligung<br />

eines Elternteils zur Behandlungsaufnahme<br />

oder zur Fortbehandlung nicht vorliegt<br />

bzw. abgelehnt wird, besteht keine<br />

ausreichende Einwilligung in die psychotherapeutische<br />

Behandlung. Derjenige Elternteil,<br />

der die Aufnahme oder Fortführung<br />

der Behandlung wünscht, ist darauf<br />

zu verweisen, hierzu ggf. eine familiengerichtliche<br />

Regelung herbeizuführen, etwa<br />

durch einen gerichtlichen Beschluss zur<br />

Alleinsorgeberechtigung oder zur Übertragung<br />

des Gesundheitsfürsorgerechts oder<br />

zur Übertragung der alleinigen Entscheidungsbefugnis<br />

über eine psychotherapeutische<br />

Behandlung. Für den Fall, dass die<br />

Aufnahme bzw. Fortführung der Behandlung<br />

erforderlich ist, kann der die Einwilligung<br />

begehrende Elternteil durch einen<br />

Antrag auf einstweilige Anordnung bei<br />

dem für den Wohnsitz des Kindes zuständigen<br />

Familiengericht in der Regel sehr<br />

kurzfristig eine Eilentscheidung herbeiführen.<br />

Beendigung der Behandlung<br />

bei fehlender Einwilligung<br />

<strong>Psychotherapeutenjournal</strong> 2/<strong>2013</strong><br />

Die Behandlung eines minderjährigen Patienten<br />

wird dementsprechend beendet,<br />

wenn die Sorgerechtsinhaber und der psychotherapeutische<br />

Behandler sich einig<br />

sind über das Beenden der psychotherapeutischen<br />

Behandlung (in der Regel bei<br />

Ausbehandlung des bewilligten oder vereinbarten<br />

Behandlungskontingentes). Es<br />

kann aber auch zu einer Beendigung der<br />

Behandlung kommen, wenn ein Elternteil<br />

seine Einwilligung zurückzieht bzw. für eine<br />

Fortbehandlung nicht erteilt und der<br />

andere Elternteil keinen Gerichtsbeschluss<br />

für die Weiterbehandlung bzw. Fortführungsbehandlung<br />

beibringt, sei es, weil ein<br />

Gerichtsbeschluss nicht beantragt oder<br />

vom Gericht abgelehnt wurde.<br />

Jedenfalls ist der psychotherapeutische<br />

Behandler gehalten, bei Widerruf der Einwilligung<br />

eines Sorgerechtsinhabers die<br />

psychotherapeutische Behandlung zu unterbrechen,<br />

bis die Einwilligung des widerrufenden<br />

Elternteils wieder vorliegt oder<br />

der einwilligende Elternteil die alleinige<br />

sorgerechtliche Einwilligungsbefugnis erlangt<br />

hat.<br />

Entbindung von der Schweigepflicht<br />

durch Sorgeberechtigte<br />

sowie Auskunfts- bzw.<br />

Akteneinsichtsansprüche<br />

Ist während oder nach der psychotherapeutischen<br />

Behandlung eines minderjährigen<br />

Patienten eine Auskunft oder Information<br />

des psychotherapeutischen Behandlers<br />

an Dritte (weiterführenden Behandler,<br />

Familiengericht, Jugendamt etc.) angefragt,<br />

welche der Behandler nur aufgrund<br />

Entbindung von seiner Schweigepflicht<br />

mitteilen könnte, so ist auch hierfür von<br />

den beteiligten Sorgerechtsinhabern jeweils<br />

eine schriftliche Erklärung zur Entbindung<br />

von der Schweigepflicht erforderlich.<br />

Wird von einem Elternteil bei einem gemeinsamen<br />

Sorgerecht von dem psychotherapeutischen<br />

Behandler eine Auskunft<br />

aus dem Behandlungsverhältnis begehrt,<br />

so dürfte der psychotherapeutische Behandler,<br />

sofern kein therapeutischer Vorbehalt<br />

besteht, zur Auskunftserteilung<br />

auch nur einem Elternteil gegenüber berechtigt<br />

sein, auch wenn hierzu keine Einwilligung<br />

des anderen Elternteils vorliegt.<br />

Dies wird das Setting der Elterngespräche<br />

mit sich bringen, wenn nur ein Elternteil<br />

teilnimmt. Mit der Einwilligung beider Elternteile<br />

in die psychotherapeutische Behandlung<br />

wird man auch eine Einwilligung<br />

in Auskünfte aus dem Behandlungsverhältnis<br />

an den einen oder anderen Elternteil<br />

annehmen können. Die Auskunftserteilung<br />

sollte stets „unter sorgfältiger Berücksichtigung<br />

der Einstellungen aller Beteiligten“<br />

(vgl. § 12 Abs.1 MBO) erfolgen.<br />

Fraglich ist, wie mit Akteneinsichtsbegehren<br />

eines Sorgerechtsinhabers in die Patientenakte<br />

des minderjährigen Patienten<br />

umzugehen ist. Zunächst ist hier auf therapeutische<br />

Vorbehalte zu verweisen, die<br />

gegenüber einer Akteneinsicht bestehen<br />

könnten im Hinblick auf Akteninhalte, die<br />

schützenswerte Daten des minderjährigen<br />

Patienten und auch des anderen Elternteils<br />

betreffen. Ein Akteneinsichtsrecht<br />

kann nur mit Einwilligung aller Sorgerechtsinhaber<br />

und ggf. des einsichts- und einwilligungsfähigen<br />

Patienten gewährt werden<br />

unter dem Vorbehalt, dass der psychotherapeutische<br />

Behandler verpflichtet sein<br />

dürfte, schützenswerte Daten des Patienten<br />

und des anderen Elternteils ggf. zu<br />

schwärzen, bevor die Akteneinsicht gewährt<br />

wird. (vgl. § 12 Abs.6 MBO)<br />

Für den Fall, dass der psychotherapeutische<br />

Behandler von den Sorgerechtsinhabern<br />

von der Schweigepflicht entbunden<br />

wird oder die Sorgerechtsinhaber gemeinsam<br />

Akteneinsicht in die Patientenakte<br />

verlangen, sollte zuvor eine Aufklärung dahingehend<br />

erfolgen, dass die Entbindungserklärung<br />

bzw. die Einwilligung auch die<br />

Preisgabe schützenswerter Daten des Patienten<br />

und des jeweils anderen Elternteils<br />

mit umfassen kann. Auch diese Aufklärung<br />

sollte vorsorglich schriftlich dokumentiert<br />

werden.<br />

Behandlung heranwachsender<br />

jugendlicher<br />

Patienten<br />

Heranwachsende jugendliche Patienten<br />

können mit Vollendung des 15. Lebensjahres<br />

gemäß § 36 SGB I einen eigenen Antrag<br />

auf Sozialleistungen stellen und diese<br />

entgegennehmen. Dies beinhaltet auch<br />

die Beantragung und Bewilligung psychotherapeutischer<br />

Behandlungsmaßnahmen<br />

in der GKV. Der Leistungsträger soll den/<br />

die gesetzlichen Vertreter hierüber unterrichten.<br />

Dies impliziert, dass für die Behandlung<br />

derartiger Antragsteller eine Behandlung<br />

2 So jedenfalls nach Auffassung des Autors die<br />

übereinstimmende Auffassung der Kammerjuristen<br />

auf der Klausurtagung der Landespsychotherapeutenkammern<br />

vom 22. Juni<br />

2012. Hierzu soll eine vertiefende Diskussion<br />

erfolgen auf der Folgeklausurtagung am 28.<br />

und 29. Juni <strong>2013</strong>.<br />

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