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BRAK-Mitt. 2/2002 Pflichten und Haftung <strong>de</strong>s Anwalts 67<br />
Zusammenschluss von Anwälten<br />
Zusammenschluss von Anwälten<br />
Die Anwaltssozietät in <strong>de</strong>r Rechtsform <strong>de</strong>r Gesellschaft<br />
bürgerlichen Rechts (GbR)<br />
Nach std. Rspr. kommen bei einer Anwaltssozietät Mandate<br />
mit sämtlichen Anwälten <strong>de</strong>r Sozietät zustan<strong>de</strong>. Daraus<br />
folgt im Falle einer Schädigung <strong>de</strong>s Mandanten durch schuldhafte<br />
Verletzung anwaltlicher Pflichten eine gesamtschuldnerische<br />
Haftung sämtlicher Sozien mit ihrem Privatvermögen<br />
neben <strong>de</strong>m Gesellschaftsvermögen (seit BGH, NJW 1971,<br />
1801). Seit <strong>de</strong>r Novellierung <strong>de</strong>r BRAO im Jahre 1994 ist dies<br />
ausdrücklich auch gesetzlich so in § 51a Abs. 2 Satz 1 BRAO<br />
geregelt.<br />
Die gesamtschuldnerische Haftung tritt nicht ein, wenn mit <strong>de</strong>m<br />
Mandanten – ausnahmsweise – ein Einzelmandat vereinbart<br />
wird. Die Ausstellung <strong>de</strong>r (Prozess-)Vollmacht nur auf einzelne<br />
Sozien reicht dafür allein jedoch nicht aus (BGH, NJW 1978,<br />
996 und 1003). Wenn ein Einzelmandat gewollt ist, ist dringend<br />
ein schriftlicher Mandatsvertrag anzuraten, <strong>de</strong>r diesen Punkt<br />
ausdrücklich regelt.<br />
Eine Beiordnung (Hauptfall: PKH) o<strong>de</strong>r Bestellung als Pflichtverteidiger<br />
eines Mitglieds einer Sozietät begrün<strong>de</strong>t ein gesetzliches<br />
Schuldverhältnis, und zwar nur mit <strong>de</strong>m jeweiligen Anwalt.<br />
Allerdings kann (und wird in <strong>de</strong>r Praxis regelmäßig) zuvor<br />
schon ein privatrechtliches Mandat – i. d. R. mit sämtlichen Sozien<br />
– zustan<strong>de</strong> gekommen sein.<br />
Liegt <strong>de</strong>m Mandat ausschließlich eine anwaltsfrem<strong>de</strong> Tätigkeit<br />
(Treuhand, Vermögensverwaltung, Anlageberatung, Maklertätigkeit<br />
o. Ä.) zugrun<strong>de</strong>, kann dies zur Begründung eines Einzelmandats<br />
führen; dies gilt nicht, wenn das Mandat zumin<strong>de</strong>st<br />
auch eine rechtsberaten<strong>de</strong> Tätigkeit beinhaltet (BGH, NJW-RR<br />
1988, 1299; NJW 1999, 3040).<br />
Zur Möglichkeit <strong>de</strong>r Beschränkung <strong>de</strong>r Haftung <strong>de</strong>r Höhe nach<br />
und auf einzelne Sozien gem. § 51a BRAO s. Borgmann,<br />
BRAK-Mitt. 2000, 180; Grams, AnwBl 2001, 233 und 292.<br />
Die Rechtsform <strong>de</strong>r BGB-Gesellschaft mit beschränkter Haftung<br />
(GbR mbH) ist unzulässig; <strong>de</strong>r Versuch, auf diesem Weg<br />
zu einer einseitigen Haftungsbeschränkung zu gelangen, ist<br />
nicht gangbar (BayObLG, NJW 1999, 297; BGH, NJW 1999,<br />
3483).<br />
Der Geschädigte kann sich gem. § 421 BGB aussuchen, welche<br />
Sozien er in Anspruch nehmen will. Im Innenverhältnis sind die<br />
Sozien gem. § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB einan<strong>de</strong>r zu gleichen Teilen<br />
verpflichtet, sofern nichts an<strong>de</strong>res bestimmt ist. Es empfiehlt<br />
sich dringend, eine diesbezügliche Regelung im Sozietätsvertrag<br />
zu vereinbaren.<br />
Eintritt in eine Sozietät<br />
Laufen<strong>de</strong> Mandate einer Sozietät erstrecken sich im Zweifel<br />
auch auf neu eintreten<strong>de</strong> Sozien (BGH, NJW 1994, 257). Demzufolge<br />
haften diese je<strong>de</strong>nfalls für nach ihrem Eintritt erfolgen<strong>de</strong><br />
Pflichtverletzungen gesamtschuldnerisch auch mit ihrem Privatvermögen.<br />
Das einem Einzelanwalt erteilte Mandat erstreckt<br />
sich dagegen bei Gründung einer Sozietät o<strong>de</strong>r Eintritt in eine<br />
solche nicht automatisch auf die neuen Sozien (BGH, NJW<br />
1988, 1973).<br />
Zur Frage <strong>de</strong>r Haftung in eine Sozietät eintreten<strong>de</strong>r Sozien für<br />
vor ihrem Eintritt erfolgte Pflichtverletzungen s. <strong>de</strong>n Beitrag von<br />
Grams, „Haftungsverfassung von Anwaltssozietäten“, in diesem<br />
Heft S. 60 ff.<br />
Ausschei<strong>de</strong>n aus einer Sozietät<br />
Vorsicht ist auch geboten beim Ausschei<strong>de</strong>n aus einer Sozietät:<br />
Grundsätzlich haftet <strong>de</strong>r ausschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Anwalt nicht für Fehler,<br />
die erst nach seinem Ausschei<strong>de</strong>n passieren, da eine Verbindlichkeit<br />
(hier: <strong>de</strong>r Scha<strong>de</strong>nsersatzanspruch) i. S. v. §§ 160<br />
HGB, 736 Abs. 2 BGB erst durch die anwaltliche Pflichtverletzung<br />
begrün<strong>de</strong>t wird (vgl. Jungk, BRAK-Mitt. 2000, 21). Die<br />
Verjährungsnorm <strong>de</strong>s § 51b BRAO ist gegenüber § 160 HGB lex<br />
specialis.<br />
Entschei<strong>de</strong>nd ist jedoch, dass das Mandatsverhältnis auch<br />
tatsächlich been<strong>de</strong>t wird, in<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Mandant seine Zustimmung<br />
zur Entlassung <strong>de</strong>s Anwalts aus seinen Pflichten erteilt<br />
o<strong>de</strong>r eine Kündigung <strong>de</strong>s Mandats für <strong>de</strong>n ausschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Anwalt<br />
erfolgt (zumin<strong>de</strong>st konklu<strong>de</strong>nt in Form <strong>de</strong>r Anzeige <strong>de</strong>s<br />
Ausschei<strong>de</strong>ns, vgl. BGH, NJW 1982, 1866; OLG Frankfurt, Urt.<br />
v. 12.11.1998 – 26 U 42/97; Urt. v. 27.4.2000 – 15 U 1/99;<br />
Jungk, BRAK-Mitt. 1999, 22). Der ausschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Anwalt sollte<br />
auch sicherstellen, dass sein Name von Briefkopf und Kanzleischild<br />
entfernt wird; ansonsten besteht die Gefahr einer Weiterhaftung<br />
nach <strong>de</strong>n Grundsätzen <strong>de</strong>r Scheinsozietät (mehr dazu<br />
in <strong>de</strong>r nächsten Ausgabe).<br />
Berufshaftpflichtversicherung<br />
In <strong>de</strong>r Berufshaftpflichtversicherung fin<strong>de</strong>t auf Sozietäten § 12<br />
<strong>de</strong>r Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Vermögensscha<strong>de</strong>n-Haftpflichtversicherung<br />
von RAen (AVB-A) Anwendung.<br />
Nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 AVB-A gelten als Sozien Berufsangehörige,<br />
die ihren Beruf nach außen hin gemeinschaftlich<br />
ausüben, und zwar unabhängig vom Innenverhältnis. Gem. § 12<br />
Abs. 2 AVB-A gilt <strong>de</strong>r Versicherungsfall eines Sozius als Versicherungsfall<br />
aller Sozien. Dies gilt unabhängig davon, wer im<br />
konkreten Fall im Außenverhältnis gegenüber <strong>de</strong>m Mandanten<br />
haftet, und auch im Falle <strong>de</strong>r wirksamen Vereinbarung eines Einzelmandats.<br />
Ratio dieser Regelung ist, dass <strong>de</strong>r bzw. die Versicherer<br />
nicht klären müssen, wer von mehreren Sozien für einen<br />
Fehler verantwortlich ist, damit hierüber unter <strong>de</strong>n Sozien kein<br />
Streit entsteht (was durchaus vorkommt).<br />
Im Regulierungsfall tritt <strong>de</strong>r Versicherer mit einer sog. Durchschnittsleistung<br />
ein, <strong>de</strong>ren Ermittlung in § 12 Abs. 4 AVB-A geregelt<br />
ist. Sind Sozien bei verschie<strong>de</strong>nen Versicherern versichert,<br />
sind im Versicherungsfall alle Versicherer einzuschalten. Im<br />
Falle einer Regulierung wird die Versicherungsleistung unter<br />
<strong>de</strong>n Versicherern im Verhältnis <strong>de</strong>r versicherten Anwälte aufgeteilt.<br />
Unterschiedliche Versicherungssummen <strong>de</strong>r Sozien können<br />
zu Deckungslücken führen (Berechnungsbeispiele bei<br />
Prölss/Martin-Voit, VVG, 26. Aufl., § 12 AVB Vermögen, Rdnr. 2;<br />
Brieske, AnwBl 1995, 225, 230).<br />
Zur Vermeidung von Deckungslücken sollten alle Sozien mit einer<br />
(ausreichen<strong>de</strong>n) gleich hohen Versicherungssumme versichert<br />
sein. Das Vorliegen eines Ausschlusstatbestan<strong>de</strong>s nach § 4<br />
AVB-A bei einem <strong>de</strong>r Sozien geht gem. § 12 Abs. 3 AVB-A zu<br />
Lasten aller Sozien. Begeht also z. B. ein Sozius eine wissentliche<br />
Pflichtverletzung, besteht für die gesamte Sozietät kein<br />
Versicherungsschutz.<br />
Die Entscheidung <strong>de</strong>s BGH v. 29. 1. 2001 zur Rechts- und<br />
Parteifähigkeit <strong>de</strong>r GbR (NJW 2001, 1056) hat nach Auffassung<br />
<strong>de</strong>r Allianz keine Auswirkungen auf die Ausgestaltung <strong>de</strong>r Berufshaftpflichtversicherung<br />
(Sassenbach, AnwBl 2002, 54).<br />
Sollte die Rspr. sich in eine an<strong>de</strong>re Richtung entwickeln (vgl.<br />
<strong>de</strong>n Beitrag von Grams, „Haftungsverfassung von Anwaltssozietäten“<br />
in diesem Heft S. 60 ff.), müsste die Versicherungswirtschaft<br />
entsprechend reagieren.<br />
Rechtsanwalt Holger Grams