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BRAK-Mitt. 2/2002 Berufsrechtliche Rechtsprechung 89<br />

Bun<strong>de</strong>sverfassungsgericht<br />

menwerkingsveror<strong>de</strong>ning 1993, durch die Sozietäten zwischen<br />

Rechtsanwälten und Wirtschaftsprüfern verboten wer<strong>de</strong>n, nicht<br />

entgegen, da diese Regelung bei vernünftiger Betrachtung als für<br />

die ordnungsgemäße Ausübung <strong>de</strong>s Rechtsanwaltsberufs, wie er<br />

in <strong>de</strong>m betreffen<strong>de</strong>n Staat geordnet ist, erfor<strong>de</strong>rlich angesehen<br />

wer<strong>de</strong>n konnte.<br />

Rechtsberatungsgesetz – zur Zulässigkeit <strong>de</strong>r Rechtsberatung<br />

durch Inkassounternehmen; RBerG Art. 1<br />

§ 1, GG Art. 12, 14<br />

* 1. Die Erlaubnis zur Rechtsbesorgung an Inkassounternehmer<br />

umfasst spiegelbildlich zugleich die Erlaubnis zur Rechtsberatung.<br />

* 2. We<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Schutz <strong>de</strong>r Verbraucher noch die Reibungslosigkeit<br />

<strong>de</strong>r Rechtspflege rechtfertigen es, Inhabern einer Inkassoerlaubnis<br />

die Rechtsberatung ihrer Kun<strong>de</strong>n zu verbieten.<br />

* 3. Setzt ein Inkassounternehmen die von ihm verlangte, überprüfte<br />

und für genügend befun<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Sachkun<strong>de</strong> bei <strong>de</strong>r Einziehung<br />

frem<strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r zu Einziehungszwecken abgetretener<br />

For<strong>de</strong>rungen ein, so ist nicht erkennbar, dass damit eine Gefahr<br />

für <strong>de</strong>n einzelnen Rechtsuchen<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n allgemeinen<br />

Rechtsverkehr verbun<strong>de</strong>n sein könnte.<br />

BVerfG, Beschl. v. 20. 2. 2002 – 1 BvR 423/99, 1 BvR 821/00,<br />

1 BvR 1412/01<br />

Aus <strong>de</strong>n Grün<strong>de</strong>n:<br />

A. Die Verfassungsbeschwer<strong>de</strong>n betreffen die Frage, ob ein Inkassounternehmer<br />

berechtigt ist, seine Kun<strong>de</strong>n darüber zu beraten,<br />

ob und nach welchen rechtlichen Gesichtspunkten und<br />

in welcher Höhe eine For<strong>de</strong>rung, die <strong>de</strong>r Inkassounternehmer<br />

einziehen will, <strong>de</strong>m Kun<strong>de</strong>n zusteht.<br />

I. Die Bf. in <strong>de</strong>n Verfahren 1 BvR 423/99 und 1 BvR 821/00 sind<br />

ein Inkassounternehmen, das die Erlaubnis nach <strong>de</strong>m Rechtsberatungsgesetz<br />

(im Folgen<strong>de</strong>n: RBerG) „zur außergerichtlichen<br />

Einziehung von For<strong>de</strong>rungen“ besitzt, und ein RA, <strong>de</strong>r Geschäftsführer<br />

und Inkassobevollmächtigter dieses Unternehmens<br />

ist. Sie scheiterten bei <strong>de</strong>r Einziehung von For<strong>de</strong>rungen<br />

daran, dass die Gerichte die For<strong>de</strong>rungsabtretung gem. § 134<br />

BGB für nichtig hielten, weil im Zusammenhang mit <strong>de</strong>r Abtretung<br />

unerlaubte Rechtsberatung stattgefun<strong>de</strong>n habe.<br />

1. Verfahren 1 BvR 423/99<br />

Mit ihrer Klage in <strong>de</strong>m Ausgangsverfahren machte die Bfin. zu I.<br />

1. aus abgetretenem Recht gegen eine Bank Ansprüche wegen<br />

behaupteter Nichtigkeit eines Darlehensvertrages geltend. Der<br />

Darlehensnehmer hatte ihr im Mai 1995 sämtliche For<strong>de</strong>rungen<br />

in noch unbekannter Höhe verkauft und sie zugleich abgetreten.<br />

Als Entgelt waren <strong>de</strong>m Darlehensnehmer 25 vom Hun<strong>de</strong>rt <strong>de</strong>ssen<br />

versprochen, das die Bfin. erzielen wer<strong>de</strong>. LG und OLG haben<br />

die Klage <strong>de</strong>r Bfin. abgewiesen, weil sie vor <strong>de</strong>m Ankauf <strong>de</strong>r<br />

For<strong>de</strong>rung verbotene Rechtsberatung ausgeübt habe. Bis zum<br />

Besuch <strong>de</strong>s Mitarbeiters <strong>de</strong>r Bfin. habe <strong>de</strong>r Darlehensnehmer<br />

keine Zweifel an <strong>de</strong>r Wirksamkeit <strong>de</strong>s von ihm abgeschlossenen<br />

Darlehensvertrages gehabt. Erst danach sei ihm die For<strong>de</strong>rung<br />

als möglich bewusst gewor<strong>de</strong>n. Zu solcher Rechtsberatung sei<br />

die Bfin. nicht befugt. Ein solches Verfahren gefähr<strong>de</strong> die Interessen<br />

<strong>de</strong>s Ze<strong>de</strong>nten, <strong>de</strong>r – wie vorliegend – noch mit 75 vom<br />

Hun<strong>de</strong>rt am erzielten Erlös beteiligt und insoweit an <strong>de</strong>r Durchsetzung<br />

<strong>de</strong>r abgetretenen For<strong>de</strong>rung auch interessiert geblieben<br />

sei. Dieses Interesse wer<strong>de</strong> gefähr<strong>de</strong>t, wenn ein Inkassokaufmann<br />

die Klärung von Rechtsfragen übernehme. Solchen Gefahren<br />

solle durch das Rechtsberatungsgesetz begegnet wer<strong>de</strong>n.<br />

2. Verfahren 1 BvR 821/00<br />

Das Ausgangsverfahren betrifft Ansprüche eines an<strong>de</strong>ren Darlehensnehmers<br />

gegen dieselbe Bank, die sich die Bfin. zu I. 1. im<br />

November 1996 gegen einen Kaufpreis i.H.v. zunächst 100 DM<br />

abtreten ließ; weitere 500 DM sollten innerhalb von 14 Tagen<br />

nach Prüfung <strong>de</strong>r Unterlagen und Entscheidung darüber, ob Ansprüche<br />

nach Meinung <strong>de</strong>r Bfin. bestan<strong>de</strong>n, fällig wer<strong>de</strong>n. Mit<br />

einem weiteren Vertragszusatz wur<strong>de</strong>n <strong>de</strong>m Darlehensnehmer<br />

50 vom Hun<strong>de</strong>rt <strong>de</strong>r an die Bfin. zur Auszahlung kommen<strong>de</strong>n<br />

Beträge zugesagt. Das LG hat <strong>de</strong>r Klage i.H.v. rund 36 000 DM<br />

stattgegeben. Das OLG hat die Klage jedoch abgewiesen, da die<br />

Bfin. nicht aktiv legitimiert sei; die Abtretung sei wegen Verstoßes<br />

gegen Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG i.V.m. § 134 BGB nichtig.<br />

Es sei Inkassounternehmen verboten, die Gläubiger darüber zu<br />

beraten, ob und nach welchen rechtlichen Gesichtspunkten und<br />

in welcher Höhe sie überhaupt For<strong>de</strong>rungen hätten. Der BGH<br />

hat die Revision <strong>de</strong>r Bfin. nicht angenommen.<br />

II. Der Bf. im Verfahren 1 BvR 1412/01 besitzt die Erlaubnis zur<br />

Besorgung frem<strong>de</strong>r Rechtsangelegenheiten nach Art. 1 § 1 Abs.<br />

1 Satz 2 Nr. 5 RBerG. Er scheiterte in einem Regressprozess gegenüber<br />

seinem früheren RA daran, dass die Zivilgerichte <strong>de</strong>r<br />

Auffassung waren, eine Inkassozession aus einem Darlehensvertrag<br />

gegenüber <strong>de</strong>rselben Bank wie in <strong>de</strong>n Verfahren zu I. sei<br />

wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig.<br />

Der Bf. hatte <strong>de</strong>n Bekl. <strong>de</strong>s Ausgangsverfahrens zur Durchsetzung<br />

<strong>de</strong>r Darlehensrückabwicklungsansprüche zum Prozessbevollmächtigten<br />

bestellt. Der Rechtsstreit en<strong>de</strong>te durch Vergleich<br />

i.H.v. 115 000 DM, <strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Bf. wi<strong>de</strong>rrufen wollte, weil er mit<br />

Ansprüchen i.H.v. knapp 150 000 DM rechnete. Der Prozessbevollmächtigte<br />

versäumte die Wi<strong>de</strong>rrufsfrist. Der Bf. blieb mit<br />

<strong>de</strong>r Scha<strong>de</strong>nsersatzfor<strong>de</strong>rung erfolglos, weil LG und OLG <strong>de</strong>m<br />

Bf. <strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n Ursprungsverfahren verfolgten Anspruch vollständig<br />

aberkannten.<br />

III. Mit ihren Verfassungsbeschwer<strong>de</strong>n wen<strong>de</strong>n sich die Bf. gegen<br />

die sie belasten<strong>de</strong>n gerichtlichen Entscheidungen und rügen<br />

im Wesentlichen die Verletzung ihrer Rechte aus Art. 12<br />

Abs. 1 GG. Die Auslegung <strong>de</strong>r Gerichte wi<strong>de</strong>rspreche <strong>de</strong>m<br />

Schutzzweck <strong>de</strong>s Rechtsberatungsgesetzes, schütze die Schuldner<br />

vor Inanspruchnahme und verhin<strong>de</strong>re, dass die Gläubiger<br />

mit Hilfe <strong>de</strong>r Inkassounternehmer ihre Rechte geltend machen<br />

könnten. Je<strong>de</strong>r For<strong>de</strong>rungserwerb setze eine rechtliche Prüfung<br />

und damit auch ein Rechtsgespräch mit <strong>de</strong>m Vertragspartner<br />

voraus.<br />

IV. Zu <strong>de</strong>n Verfassungsbeschwer<strong>de</strong>n haben BVerwG und BGH<br />

Stellung genommen, in<strong>de</strong>m sie auf ihre bisherige Rspr. verwiesen<br />

haben. Die Bekl. <strong>de</strong>s Ausgangsverfahrens halten die angegriffenen<br />

Entscheidungen für verfassungsrechtlich unbe<strong>de</strong>nklich.<br />

Die BRAK und <strong>de</strong>r DAV teilen diese Auffassung, weil die<br />

Prüfung, ob und ggf. in welcher Höhe einem potentiellen Kun<strong>de</strong>n<br />

von Inkassounternehmen For<strong>de</strong>rungen zustehen könnten,<br />

eine genuine und damit unzulässige Rechtsberatung darstelle,<br />

die um <strong>de</strong>s Schutzes <strong>de</strong>r Rechtsuchen<strong>de</strong>n willen eine qualifizierte<br />

und umfassen<strong>de</strong> Ausbildung erfor<strong>de</strong>re und daher anwaltlicher<br />

Tätigkeit vorbehalten wer<strong>de</strong>n müsse.<br />

Der Bun<strong>de</strong>sverband Deutscher Inkassounternehmen hält die<br />

Verfassungsbeschwer<strong>de</strong>n hingegen für begrün<strong>de</strong>t. Die Gerichte<br />

hätten die Ausstrahlungswirkung <strong>de</strong>r Berufsfreiheit übersehen.<br />

Das Rechtsberatungsgesetz bezwecke, zum Schutz <strong>de</strong>r Rechtsuchen<strong>de</strong>n<br />

und im Interesse einer reibungslosen Abwicklung<br />

<strong>de</strong>s Rechtsverkehrs fachlich ungeeignete und unzuverlässige<br />

Personen von <strong>de</strong>r geschäftsmäßigen Besorgung frem<strong>de</strong>r Rechtsangelegenheiten<br />

fernzuhalten. Eine Gefährdung dieses Schutzzweckes<br />

sei nicht ersichtlich, wenn ein Inkassobüro <strong>de</strong>n Kun-

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