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BRAK-Mitt. 2/2002 Berufsrechtliche Rechtsprechung 91<br />
Bun<strong>de</strong>sverfassungsgericht<br />
auch Eignung und genügend Sachkun<strong>de</strong> vorhan<strong>de</strong>n sind. Dementsprechend<br />
wer<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Zulassungsprüfung von <strong>de</strong>m Ast.,<br />
<strong>de</strong>r die Erteilung einer Rechtsberatungserlaubnis für das Inkassogeschäft<br />
erstrebt, unter an<strong>de</strong>rem profun<strong>de</strong> Kenntnisse in <strong>de</strong>n<br />
ersten drei Büchern <strong>de</strong>s Bürgerlichen Gesetzbuchs (Allgemeiner<br />
Teil, Recht <strong>de</strong>r Schuldverhältnisse, Sachenrecht), han<strong>de</strong>ls- und<br />
gesellschaftsrechtliche Kenntnisse, Grundkenntnisse auf <strong>de</strong>m<br />
Gebiet <strong>de</strong>s Wertpapierrechts, spezielle Kenntnisse <strong>de</strong>s Gesetzes<br />
zur Regelung <strong>de</strong>s Rechts <strong>de</strong>r Allgemeinen Geschäftsbedingungen,<br />
<strong>de</strong>s Verbraucherkreditgesetzes, <strong>de</strong>s Gesetzes über <strong>de</strong>n Wi<strong>de</strong>rruf<br />
von Haustürgeschäften und ähnlichen Geschäften verlangt<br />
(vgl. Caliebe, in Seitz, a.a.O., Rdnr. 1100, 1225 ff.). Im<br />
Verfahrensrecht sind Kenntnisse im Mahnverfahren, im Vollstreckungsrecht,<br />
im Konkursvergleichs- und Insolvenzrecht und<br />
im Kostenrecht erfor<strong>de</strong>rlich (vgl. Caliebe, in Seitz, a.a.O., Rdnr.<br />
1230). Diese Anfor<strong>de</strong>rungen unterstreichen, dass die außergerichtliche<br />
Einziehung von For<strong>de</strong>rungen sich nicht in <strong>de</strong>r Besorgung<br />
von Wirtschaftsangelegenheiten, also von kaufmännischen<br />
Tätigkeiten, erschöpft. Derartige Kenntnisse wären für die<br />
Übernahme einfacher Tätigkeiten mit gelegentlichen rechtlichen<br />
Berührungspunkten nicht erfor<strong>de</strong>rlich. Solche Tätigkeiten<br />
müssten auch nicht durch das Rechtsberatungsgesetz im Prinzip<br />
<strong>de</strong>n Volljuristen vorbehalten bleiben, um Gläubiger und Rechtspflege<br />
vor unqualifizierter Aufgabenerfüllung zu schützen (vgl.<br />
BVerfGE 97, 12, 32 f.). Inkassounternehmer haben in<strong>de</strong>ssen<br />
nicht nur die Aufgabe schlichter Mahn- und Beitreibungstätigkeit,<br />
also einer kaufmännischen Hilfstätigkeit, die nicht als Besorgung<br />
frem<strong>de</strong>r Rechtsangelegenheiten anzusehen wäre. Sie<br />
übernehmen die Verantwortung für die wirkungsvolle Durchsetzung<br />
frem<strong>de</strong>r Rechte o<strong>de</strong>r Vermögensinteressen. Typisierend<br />
kann <strong>de</strong>shalb unterstellt wer<strong>de</strong>n, dass beim For<strong>de</strong>rungseinzug in<br />
allen seinen Formen auch Rechtsberatung zu leisten ist. Nur aus<br />
diesem Grund lässt sich einerseits das Verbot mit Erlaubnisvorbehalt<br />
rechtfertigen; an<strong>de</strong>rerseits umfasst sozusagen spiegelbildlich<br />
die Erlaubnis zur Rechtsbesorgung an Inkassounternehmer<br />
zugleich die Erlaubnis zur Rechtsberatung.<br />
(2) Setzt das Inkassounternehmen die von ihm verlangte, überprüfte<br />
und für genügend befun<strong>de</strong>ne Sachkun<strong>de</strong> bei <strong>de</strong>r Einziehung<br />
frem<strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r zu Einziehungszwecken abgetretener For<strong>de</strong>rungen<br />
ein, so ist nicht erkennbar, dass damit eine Gefahr für<br />
<strong>de</strong>n Rechtsuchen<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Rechtsverkehr verbun<strong>de</strong>n sein<br />
könnte (ebenso Caliebe, in Seitz, a.a.O., Rdnr. 1100).<br />
(aa) Vorliegend ist nicht erkennbar, dass das Verbot <strong>de</strong>r Rechtsberatung<br />
beim For<strong>de</strong>rungserwerb <strong>de</strong>m Schutz <strong>de</strong>r Rechtsuchen<strong>de</strong>n<br />
dienen könnte.<br />
Das OLG nimmt zwar in seinem Urt. v. 16. 6. 1999 – 8 U 41/99<br />
(Verfassungsbeschwer<strong>de</strong> zu I. b) an, dass die Kun<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Inkassounternehmens<br />
zur For<strong>de</strong>rungsabtretung „überre<strong>de</strong>t“ wor<strong>de</strong>n<br />
seien und sich dadurch gut- o<strong>de</strong>r leichtgläubig <strong>de</strong>s wirtschaftlichen<br />
Wertes ihrer For<strong>de</strong>rung zu erheblichen Anteilen<br />
entäußert und zugleich jeglichen Einflusses auf die Prozessführung<br />
begeben hätten. Dem kann aber nicht gefolgt wer<strong>de</strong>n.<br />
Zwar hätten die Kun<strong>de</strong>n ohne das Auftreten <strong>de</strong>r Inkassounternehmer<br />
ihre For<strong>de</strong>rungen wohl überhaupt nicht geltend gemacht,<br />
da ihnen nicht bewusst gewesen sein dürfte, durchsetzbare<br />
For<strong>de</strong>rungen innezuhaben. Die Kun<strong>de</strong>n haben aber durch<br />
die Tätigkeit <strong>de</strong>s Inkassounternehmers nicht Rechtspositionen<br />
aufgegeben, son<strong>de</strong>rn erstmals die Durchsetzung ihrer Rechte in<br />
Angriff genommen. Dass die Gerichte insoweit einen – im<br />
Lichte <strong>de</strong>s Art. 14 Abs. 1 GG zusätzlich fragwürdigen – Rechtsverlust<br />
bewirkt haben, in<strong>de</strong>m sie die Zession selbst als nichtig<br />
angesehen haben, bedarf insoweit keiner vertieften Prüfung.<br />
Denn ohne die Initiative <strong>de</strong>r Bf. wären die For<strong>de</strong>rungen von <strong>de</strong>n<br />
Ze<strong>de</strong>nten zu keinem Zeitpunkt geltend gemacht wor<strong>de</strong>n. Die<br />
wirtschaftliche Einbuße infolge von Untätigkeit entspräche insoweit<br />
<strong>de</strong>m völligen Rechtsverlust. Die Inkassounternehmer haben<br />
daher – auch mit ihrer rechtlichen Beratung – <strong>de</strong>n Interessen<br />
ihrer Kun<strong>de</strong>n gedient.<br />
(bb) Die Funktionsfähigkeit <strong>de</strong>r Rechtspflege ist ebenfalls nicht<br />
beeinträchtigt.<br />
Wie die materiellrechtlichen Ausführungen <strong>de</strong>s LG und <strong>de</strong>s<br />
OLG im Verfahren zu I. b) einerseits und an<strong>de</strong>rerseits das Urteil<br />
<strong>de</strong>s BGH v. 24. 10. 2000 (BB 2001, 64) in einer weiteren gleichgelagerten<br />
Sache zeigen, war die Rechtsberatung inhaltlich erfolgreich,<br />
weil die geltend gemachten Ansprüche gegenüber <strong>de</strong>r<br />
beklagten Bank für begrün<strong>de</strong>t gehalten wer<strong>de</strong>n können. Der<br />
Schutz <strong>de</strong>r Rechtspflege verlangt nicht, dass vor <strong>de</strong>r Zession<br />
zwischen <strong>de</strong>m Inkassounternehmer und <strong>de</strong>m Ze<strong>de</strong>nten die Bewertung<br />
<strong>de</strong>r Rechtslage und die Abschätzung <strong>de</strong>r Erfolgsaussichten<br />
für die Beitreibung etwaiger For<strong>de</strong>rungen unterbleiben.<br />
Ohne eine <strong>de</strong>rartige Verständigung könnten we<strong>de</strong>r die For<strong>de</strong>rungen<br />
bewertet noch <strong>de</strong>r Erfolg im Streitfall verlässlich prognostiziert<br />
wer<strong>de</strong>n. Unsicherheiten dieser Art wären für die<br />
Rechtspflege belasten<strong>de</strong>r als <strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>m For<strong>de</strong>rungserwerb verbun<strong>de</strong>ne<br />
Rechtsrat, <strong>de</strong>n ein Inkassounternehmen mit Erlaubnis<br />
nach <strong>de</strong>m Rechtsberatungsgesetz erteilt.<br />
Der Schutz <strong>de</strong>r Rechtspflege gebietet allein, dass dieser Rechtsrat<br />
durch sachkundige Personen erteilt wird. Dieses Erfor<strong>de</strong>rnis<br />
wird durch Art. 1 § 1 Abs. 2 RBerG und die Sachkun<strong>de</strong>prüfung<br />
sichergestellt. Verneinte man in solchen Fällen die Aktivlegitimation<br />
<strong>de</strong>s Inkassounternehmers, wür<strong>de</strong> nicht die Rechtspflege,<br />
son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r jeweilige Schuldner geschützt. Ein Schuldnerschutz<br />
durch Rechtsunkenntnis liegt aber gera<strong>de</strong> nicht im Interesse<br />
<strong>de</strong>s Rechtsverkehrs. Das Rechtsberatungsgesetz bezweckt <strong>de</strong>n<br />
Schutz <strong>de</strong>r Ratsuchen<strong>de</strong>n, hier <strong>de</strong>r Gläubiger, und nicht <strong>de</strong>n<br />
Schutz <strong>de</strong>r Schuldner vor <strong>de</strong>n Folgen zutreffend erteilten Rechtsrats<br />
und wirkungsvoller Rechtsbesorgung.<br />
Dieser Gesichtspunkt tritt auch in <strong>de</strong>n Ausgangsverfahren <strong>de</strong>utlich<br />
hervor. Ob <strong>de</strong>n Ze<strong>de</strong>nten noch eine Chance <strong>de</strong>r Durchsetzung<br />
ihrer For<strong>de</strong>rungen bliebe, hängt vor allem vom Zeitablauf<br />
und <strong>de</strong>r möglichen Einre<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Verjährung ab. Die Gerichte haben<br />
bei ihrer Auslegung diese Folgen in ihre Rechtsfindung nicht<br />
einbezogen.<br />
bb) Selbst wenn man annehmen wollte, <strong>de</strong>r Zweck <strong>de</strong>s Rechtsberatungsgesetzes<br />
könnte das Verbot einer substantiellen<br />
Rechtsberatung durch Inkassounternehmer, die darauf gerichtet<br />
ist, festzustellen, ob es überhaupt eine einzuziehen<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r zu<br />
erwerben<strong>de</strong> For<strong>de</strong>rung gibt, rechtfertigen, führt je<strong>de</strong>nfalls eine<br />
Gesamtabwägung zwischen <strong>de</strong>r Schwere <strong>de</strong>s Eingriffs und <strong>de</strong>m<br />
Gewicht <strong>de</strong>r ihn rechtfertigen<strong>de</strong>n Grün<strong>de</strong> zu <strong>de</strong>m Ergebnis, dass<br />
die Grenze <strong>de</strong>r Zumutbarkeit überschritten ist (vgl. auch Zuck,<br />
BRAK-Mitt. 2001, 105, 107).<br />
Der Schutz <strong>de</strong>r rechtsuchen<strong>de</strong>n Bevölkerung und <strong>de</strong>s Rechtsverkehrs<br />
sind zwar hochwertige Gemeinschaftsgüter, die Eingriffe in<br />
die Berufsausübung rechtfertigen können. Jedoch verfügen die<br />
Inkassounternehmen, die nicht ohne Erlaubnis tätig wer<strong>de</strong>n dürfen,<br />
über die erfor<strong>de</strong>rliche Sachkun<strong>de</strong>, um die gekauften For<strong>de</strong>rungen<br />
einzuziehen und die Berechtigung <strong>de</strong>r Beitreibung selbständig<br />
zu prüfen (so VGH Mannheim, NJW-RR 1998, 1203). In<br />
eigener Verantwortung wer<strong>de</strong>n sie zu<strong>de</strong>m nur außergerichtlich<br />
tätig. Wird die gerichtliche Durchsetzung erwogen, ergänzt <strong>de</strong>r<br />
Rechtsrat <strong>de</strong>s hinzuzuziehen<strong>de</strong>n RA die Rechtskenntnisse, die<br />
für <strong>de</strong>n Sachkun<strong>de</strong>nachweis geprüft wer<strong>de</strong>n.<br />
Unverhältnismäßig ist die in <strong>de</strong>n angegriffenen Entscheidungen<br />
vorgenommene Einschränkung auch <strong>de</strong>shalb, weil die Inkassoerlaubnis<br />
Außenwirkung hat. Ist sie zu Recht erteilt, kann sich<br />
<strong>de</strong>r Rechtsverkehr darauf verlassen, dass solche Unternehmen