2 - brak-mitteilungen.de
2 - brak-mitteilungen.de
2 - brak-mitteilungen.de
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
BRAK-Mitt. 2/2002 Berufsrechtliche Rechtsprechung 93<br />
Anwaltsgerichtliche Rechtsprechung<br />
Form auf die Beteiligung <strong>de</strong>r Sozietät an <strong>de</strong>r als „CMS“ im Register<br />
eingetragenen EWIV hinweisen. Diese Funktion <strong>de</strong>s Zusatzes<br />
– die die Agin. nicht in Zweifel zieht – wird dadurch belegt,<br />
dass sich am unteren Rand <strong>de</strong>s Briefbogens ein vierzeiliger<br />
Hinweis befin<strong>de</strong>t, <strong>de</strong>r mit „CMS (EWIV):“ beginnt und die Kurzbezeichnungen<br />
<strong>de</strong>r Sozietät <strong>de</strong>s Ast. sowie weiterer fünf internationaler<br />
beruflicher Zusammenschlüsse von RAen enthält,<br />
wobei alle Namen jeweils mit <strong>de</strong>n Buchstaben „CMS“ beginnen.<br />
Der Zusatz enthält daher eine Sachaussage, die zwar nicht<br />
aus sich selbst verständlich ist, sich jedoch <strong>de</strong>njenigen Adressaten<br />
erschließt, <strong>de</strong>nen die Gründung einer EWIV mit <strong>de</strong>m Namen<br />
„CMS“ bekannt ist o<strong>de</strong>r die <strong>de</strong>n am unteren En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Briefbogens<br />
angebrachten Hinweis gelesen haben.<br />
c) Die beanstan<strong>de</strong>te Buchstabenfolge bezieht sich, wie <strong>de</strong>m am<br />
unteren En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Briefbogens enthaltenen Hinweis zu entnehmen<br />
ist, auf die Beteiligung an einer EWIV mit eben diesem Namen.<br />
§ 8 Satz 2 BORA gestattet ausdrücklich <strong>de</strong>n Hinweis auf<br />
die Mitgliedschaft in einer EWIV. Diese Regelung ist auch be<strong>de</strong>utsam<br />
für die Beurteilung <strong>de</strong>r Frage, welche Art von Zusätzen<br />
zur Kennzeichnung <strong>de</strong>r beruflichen Zusammenarbeit § 9 Abs. 3<br />
BORA zulässt (vgl. Hartung/Holl/Römermann, a.a.O., § 9 Rdnr.<br />
24 ff.). Zwar entspricht die Bestimmung <strong>de</strong>s § 9 BORA im Ansatz<br />
<strong>de</strong>r früher in § 28 Abs. 3 <strong>de</strong>r Grundsätze <strong>de</strong>s anwaltlichen<br />
Stan<strong>de</strong>srechts enthaltenen Regelung (vgl. dazu Hartung/Holl/<br />
Römermann, Anwaltliche Berufsordnung, § 9 BORA Rdnr. 1 ff.).<br />
Sie betrifft daher grundsätzlich die Gestaltung <strong>de</strong>s Innenverhältnisses<br />
<strong>de</strong>r beruflichen Zusammenarbeit. Die Auslegung <strong>de</strong>r von<br />
<strong>de</strong>r Satzungsversammlung beschlossenen Regelung hat jedoch<br />
die Rechtsän<strong>de</strong>rungen im Bereich anwaltlicher Zusammenschlüsse<br />
einschließlich <strong>de</strong>r europarechtlichen Entwicklung zu<br />
berücksichtigen. Darauf beruht die in § 8 Satz 2 BORA enthaltene<br />
Erlaubnis. Der hier gewählte Zusatz wird daher, obwohl er<br />
die berufliche Zusammenarbeit nicht im Innenverhältnis, son<strong>de</strong>rn<br />
in einer Kooperation mit an<strong>de</strong>ren rechtlich selbstständigen<br />
anwaltlichen Zusammenschlüssen betrifft, durch § 9 Abs. 3<br />
BORA nicht ausgeschlossen.<br />
d) Die Sozietät <strong>de</strong>s Ast. hat auf die Verbindung zur EWIV nicht<br />
durch einen die Beteiligung inhaltlich zum Ausdruck bringen<strong>de</strong>n<br />
Zusatz hingewiesen, son<strong>de</strong>rn diese Tatsache lediglich mittelbar<br />
durch Verwendung <strong>de</strong>s Namens <strong>de</strong>r EWIV gekennzeichnet.<br />
Darin ist ebenfalls kein Verstoß gegen § 9 Abs. 3 BORA zu<br />
erblicken. Der Zusatz zur Kurzbezeichnung muss <strong>de</strong>r Klarheit<br />
und Übersichtlichkeit halber knapp gefasst sein und darf schon<br />
<strong>de</strong>m äußeren Bild nach die Namensangaben als Kern <strong>de</strong>r Firma<br />
nicht verdrängen. Für das rechtsuchen<strong>de</strong> Publikum, das die Be<strong>de</strong>utung<br />
<strong>de</strong>s Zusatzes „CMS“ nicht kennt, enthält <strong>de</strong>r Briefbogen<br />
durch <strong>de</strong>n schon beschriebenen Hinweis an seinem unteren<br />
En<strong>de</strong> die notwendige Erläuterung.<br />
e) Die Verwendung <strong>de</strong>s Namens <strong>de</strong>r EWIV auf <strong>de</strong>m Briefbogen<br />
als Zusatz zur gewählten Kurzbezeichnung steht schließlich<br />
auch nicht in Wi<strong>de</strong>rspruch zu Sinn und Zweck <strong>de</strong>r in § 9 BORA<br />
getroffenen Regelung. Diese soll sicherstellen, dass je<strong>de</strong>r im<br />
Rechtsverkehr ohne Schwierigkeiten erkennen kann, mit wem<br />
er es zu tun hat, wer Rechtsberatung anbietet o<strong>de</strong>r als Vertreter<br />
gegnerischer rechtlicher Interessen auftritt. Deshalb müssen bei<br />
<strong>de</strong>r Wahl einer Kurzbezeichnung die Namen eines o<strong>de</strong>r mehrerer<br />
Anwälte <strong>de</strong>n Aussagekern <strong>de</strong>r Firma darstellen. Das berechtigte<br />
Interesse <strong>de</strong>r Öffentlichkeit an einer ein<strong>de</strong>utigen Außendarstellung<br />
<strong>de</strong>r Rechtsanwaltsgemeinschaft wird durch einen<br />
Zusatz in <strong>de</strong>r hier umstrittenen Art jedoch nicht beeinträchtigt;<br />
<strong>de</strong>nn er ist nicht geeignet, einen Irrtum über die Art <strong>de</strong>s rechtlichen<br />
Zusammenschlusses <strong>de</strong>r RAe zu begrün<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r in sonstiger<br />
Weise Unklarheiten im Rechtsverkehr hervorzurufen. Für<br />
das Auftreten <strong>de</strong>r Sozietät nach außen ist es auch unwesentlich,<br />
ob ihre Beteiligung an einer EWIV unmittelbar o<strong>de</strong>r über eine<br />
zwischengeschaltete GmbH erfolgt.<br />
2. Die Auslegung, dass die Buchstabenfolge „CMS“ als Zusatz<br />
zur Kurzbezeichnung auf <strong>de</strong>m Briefkopf mit § 9 Abs. 3 BORA<br />
vereinbar ist, entspricht im Übrigen einer am Grundrecht <strong>de</strong>r<br />
Berufsfreiheit ausgerichteten Auslegung dieser Bestimmung (vgl.<br />
BVerfG, NJW 2000, 3195, 3196; 2001, 1926, 1927).<br />
3. Da die angegriffene Verfügung <strong>de</strong>r Agin. schon wegen <strong>de</strong>s in<br />
<strong>de</strong>r Buchstabenfolge „CMS“ enthaltenen sachlichen Aussagegehalts<br />
rechtswidrig ist, braucht <strong>de</strong>r Senat nicht auf die umstrittene<br />
Frage einzugehen, ob <strong>de</strong>r Kurzbezeichnung auch Zusätze in<br />
Form von Phantasienamen hinzugefügt wer<strong>de</strong>n dürfen (vgl.<br />
dazu OLG Karlsruhe, NJW 2001, 1584; die Revision gegen dieses<br />
Urteil ist beim I. ZS <strong>de</strong>s BGH anhängig) o<strong>de</strong>r ob solche Bezeichnungen<br />
durch § 9 Abs. 3 BORA wirksam ausgeschlossen<br />
wor<strong>de</strong>n sind.<br />
Anmerkung:<br />
Das Urteil <strong>de</strong>s BGH ist ein weiterer, wenngleich vorsichtiger<br />
Schritt auf <strong>de</strong>m Weg zu einem liberalen „Namensrecht“ für Anwaltskanzleien.<br />
Zwar haben die Karlsruher Richter ausdrücklich<br />
darauf hingewiesen, dass die Kanzlei CMS Hasche Sigle Eschenlohr<br />
Peltzer Schäfer (jetzt nur noch CMS Hasche Sigle) das Drei-<br />
Lettern-Kürzel <strong>de</strong>shalb verwen<strong>de</strong>n dürfte, weil es – wie es § 8<br />
Satz 2 BORA schließlich erlaube – auf die Mitgliedschaft in<br />
einer Europäischen Wirtschaftlichen Interessenvereinigung<br />
(EWIV) hinweise und das Gericht keineswegs entschie<strong>de</strong>n habe,<br />
ob einer Kurzbezeichnung auch Zusätze in Form von Phantasienamen<br />
hinzugefügt wer<strong>de</strong>n dürfen. Dennoch <strong>de</strong>uten die<br />
Urteilsgrün<strong>de</strong> darauf hin, dass <strong>de</strong>r BGH einer allzu strengen<br />
Auslegung <strong>de</strong>r berufsrechtlichen Vorschrift zu Kanzlei-Kurzbezeichnungen<br />
in § 9 BORA nicht folgt, son<strong>de</strong>rn „zeitgemäß“ zu<br />
urteilen geneigt ist. Denn wenn sich eine Anwaltskanzlei etwa<br />
in Form einer Aktiengesellschaft zusammenschließt – auch<br />
wenn dies zurzeit nicht gera<strong>de</strong> en vogue ist – erlaubt die Rspr.<br />
reine Sachfirmen mit Abkürzungen und frei gewählten Namen.<br />
Der Wettbewerbssenat <strong>de</strong>s Gerichts wird in absehbarer Zeit<br />
über <strong>de</strong>n Kanzlei-Namenszusatz „KPMG“ zur Bezeichnung eines<br />
Verbun<strong>de</strong>s und <strong>de</strong>n Phantasienamen „artax“ für eine RAund<br />
Steuerkanzlei entschei<strong>de</strong>n.<br />
Für <strong>de</strong>n BGH ist <strong>de</strong>r Zusatz CMS <strong>de</strong>shalb bereits eine zulässige<br />
Sachaussage, weil am unteren En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Briefbogens ein mit<br />
„CMS (EWIV)“ beginnen<strong>de</strong>r Hinweis auf die Sozietät sowie auf<br />
fünf weitere, ebenfalls mit <strong>de</strong>m Buchstaben-Kürzel gekennzeichnete<br />
internationale berufliche Zusammenschlüsse angebracht<br />
ist. Der Zusatz „CMS“ sei zwar nicht aus sich selbst verständlich,<br />
räumt <strong>de</strong>r BGH ein, erschließe sich aber je<strong>de</strong>m, <strong>de</strong>m<br />
die Gründung einer EWIV mit <strong>de</strong>m Namen bekannt sei o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>n Hinweis unten auf <strong>de</strong>m Briefbogen gelesen habe. Darüber<br />
ließe sich trefflich streiten angesichts <strong>de</strong>s auch vom BGH zitierten<br />
Zwecks <strong>de</strong>s § 9 BORA, <strong>de</strong>r sicherstellen soll, dass je<strong>de</strong>r im<br />
Rechtsverkehr „ohne Schwierigkeiten“ erkennen kann, mit wem<br />
er es zu tun habe. Einen solchen Streit lässt <strong>de</strong>r BGH aber gar<br />
nicht erst aufkommen: Irrtümer über die Art <strong>de</strong>s rechtlichen Zusammenschlusses<br />
<strong>de</strong>r Anwälte o<strong>de</strong>r sonstige Unklarheiten wür<strong>de</strong>n<br />
durch die Kurzbezeichnung nicht hervorgerufen, konstatiert<br />
das Gericht ohne weitere Ausführungen. Es verweist – ebenfalls<br />
ohne weitere Ausführungen – zu<strong>de</strong>m knapp, aber unmissverständlich<br />
darauf, dass seine Auslegung zur Vereinbarkeit <strong>de</strong>s<br />
Briefkopf-Zusatzes mit § 9 BORA „im Übrigen“ einer am Grundrecht<br />
<strong>de</strong>r Berufsfreiheit ausgerichteten Auslegung entspreche<br />
und mahnt an, dass auch die Rechtsän<strong>de</strong>rung im Bereich anwaltlicher<br />
Zusammenschlüsse einschließlich <strong>de</strong>r europarechtlichen<br />
Entwicklung zu berücksichtigen sei.<br />
Bettina Mävers, Düsseldorf