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BRAK-Mitt. 2/2002 Berufsrechtliche Rechtsprechung 81<br />
Europäischer Gerichtshof<br />
„Ein Rechtsanwalt darf eine Sozietät nur eingehen o<strong>de</strong>r aufrechterhalten<br />
mit:<br />
an<strong>de</strong>ren in <strong>de</strong>n Nie<strong>de</strong>rlan<strong>de</strong>n eingetragenen Rechtsanwälten;<br />
an<strong>de</strong>ren, nicht in <strong>de</strong>n Nie<strong>de</strong>rlan<strong>de</strong>n eingetragenen Rechtsanwälten,<br />
soweit die Voraussetzungen <strong>de</strong>s Artikels 5 erfüllt sind;<br />
Angehörigen einer an<strong>de</strong>ren Berufsgruppe, die vom Allgemeinen<br />
Rat gem. Artikel 6 hierfür anerkannt wor<strong>de</strong>n ist.“<br />
Artikel 6 <strong>de</strong>r Samenwerkingsveror<strong>de</strong>ning 1993 bestimmt:<br />
„(1) Die in Artikel 4 Buchstabe c genannte Anerkennung kann<br />
gewährt wer<strong>de</strong>n, wenn<br />
die Angehörigen <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Berufsgruppe einen freien Beruf<br />
ausüben und<br />
für die Ausübung dieses Berufes eine Hochschulausbildung<br />
o<strong>de</strong>r eine vergleichbare Qualifikation erfor<strong>de</strong>rlich ist und<br />
die Angehörigen dieser an<strong>de</strong>ren Berufsgruppe einem Stan<strong>de</strong>srecht<br />
unterliegen, das mit <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Rechtsanwälte vergleichbar<br />
ist und<br />
die Begründung einer Sozietät mit Angehörigen dieser an<strong>de</strong>ren<br />
Berufsgruppe nicht gegen die Artikel 2 und 3 verstößt.<br />
Die Anerkennung kann auch in Bezug auf einen bestimmten Teil<br />
einer Berufsgruppe gewährt wer<strong>de</strong>n. In diesem Fall gelten die in<br />
Abs. 1 Buchstaben a bis d genannten Voraussetzungen entsprechend;<br />
die Befugnis <strong>de</strong>s Allgemeinen Rates zur Aufstellung zusätzlicher<br />
Voraussetzungen bleibt unberührt.<br />
Der Allgemeine Rat holt die Stellungnahme <strong>de</strong>r Delegiertenversammlung<br />
ein, bevor er einen Beschluss nach <strong>de</strong>n vorstehen<strong>de</strong>n<br />
Absätzen dieses Artikels trifft.“<br />
Artikel 7 Abs. 1 <strong>de</strong>r Samenwerkingsveror<strong>de</strong>ning 1993 sieht vor:<br />
„Der Rechtsanwalt hat bei seinem Auftreten nach außen je<strong>de</strong><br />
unrichtige, irreführen<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r unvollständige Darstellung <strong>de</strong>r<br />
Verhältnisse im Hinblick auf eine von ihm ausgeübte Form <strong>de</strong>r<br />
Zusammenarbeit, einschließlich einer Sozietät, zu vermei<strong>de</strong>n.“<br />
Artikel 8 <strong>de</strong>r Samenwerkingsveror<strong>de</strong>ning 1993 lautet:<br />
„(1) Sozietäten sind verpflichtet, nach außen unter einer gemeinsamen<br />
Firma aufzutreten.<br />
Die gemeinsame Firma darf nicht irreführend sein.<br />
Ein Rechtsanwalt, <strong>de</strong>r einer Sozietät angehört, muss auf Anfrage<br />
eine Liste <strong>de</strong>r Angehörigen <strong>de</strong>r Sozietät mit <strong>de</strong>ren Berufen und<br />
<strong>de</strong>m Ort ihrer Nie<strong>de</strong>rlassung vorlegen.<br />
Auf je<strong>de</strong>m Schriftstück, das von einer Sozietät versandt wird,<br />
sind <strong>de</strong>r Name, die Stellung und <strong>de</strong>r Ort <strong>de</strong>r Nie<strong>de</strong>rlassung <strong>de</strong>s<br />
Unterzeichnen<strong>de</strong>n anzugeben.“<br />
Artikel 9 Abs. 2 <strong>de</strong>r Samenwerkingsveror<strong>de</strong>ning 1993 bestimmt:<br />
„Ein Rechtsanwalt darf nicht an <strong>de</strong>r Begründung o<strong>de</strong>r Umwandlung<br />
einer Sozietät mitwirken, bevor <strong>de</strong>r Vorstand darüber<br />
entschie<strong>de</strong>n hat, ob die Umstän<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Begründung o<strong>de</strong>r Umwandlung<br />
<strong>de</strong>r Sozietät einschließlich <strong>de</strong>r Art und Weise <strong>de</strong>s mit<br />
ihr verbun<strong>de</strong>nen Auftretens nach außen <strong>de</strong>r Regelung durch<br />
diese o<strong>de</strong>r aufgrund dieser Verordnung genügen.“<br />
Der Begründung <strong>de</strong>r Samenwerkingsveror<strong>de</strong>ning 1993 ist zu<br />
entnehmen, dass Sozietäten mit Notaren, Steuerberatern und<br />
Patentanwälten bereits früher genehmigt wor<strong>de</strong>n waren und<br />
dass die entsprechen<strong>de</strong> Anerkennung dieser drei Berufsgruppen<br />
ihre Gültigkeit behält. Dagegen wer<strong>de</strong>n die Wirtschaftsprüfer als<br />
Beispiel für eine Berufsgruppe angeführt, mit <strong>de</strong>ren Angehörigen<br />
Rechtsanwälte keine Sozietäten eingehen dürfen.<br />
Die Richtlinien für Sozietäten zwischen Rechtsanwälten und<br />
Angehörigen an<strong>de</strong>rer (hierfür anerkannter) Berufsgruppen<br />
Neben <strong>de</strong>r Samenwerkingsveror<strong>de</strong>ning 1993 hat die Nie<strong>de</strong>rländische<br />
Rechtsanwaltskammer Richtlinien für Sozietäten zwischen<br />
Rechtsanwälten und Angehörigen an<strong>de</strong>rer (hierfür anerkannter)<br />
Berufsgruppen erlassen. Diese Richtlinien lauten wie<br />
folgt:<br />
„1. Einhaltung <strong>de</strong>r Berufs- und Stan<strong>de</strong>sregeln<br />
Regel 1<br />
Der Rechtsanwalt darf durch seine Beteiligung an einer Sozietät<br />
mit einem Angehörigen eines an<strong>de</strong>ren freien Berufes nicht in <strong>de</strong>r<br />
Einhaltung seiner eigenen Berufs- und Stan<strong>de</strong>sregeln beschränkt<br />
o<strong>de</strong>r behin<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n.<br />
2. Getrennte Aktenführung und getrennte Verwaltung <strong>de</strong>r Akten<br />
und Archive<br />
Regel 2<br />
Ein Rechtsanwalt, <strong>de</strong>r an einer Sozietät mit einem Angehörigen<br />
eines an<strong>de</strong>ren freien Berufes beteiligt ist, hat in je<strong>de</strong>r Angelegenheit,<br />
in <strong>de</strong>r er gemeinsam mit diesem Berufsangehörigen<br />
tätig wird, eine getrennte Akte anzulegen und gegenüber <strong>de</strong>r Sozietät<br />
dafür Sorge zu tragen, dass<br />
die Verwaltung dieser Akte von <strong>de</strong>r finanziellen Verwaltung getrennt<br />
ist und dass<br />
ein Archiv besteht, das von <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Angehörigen <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren<br />
Berufsgruppen getrennt ist.<br />
3. Interessenkonflikte<br />
Regel 3<br />
Ein Rechtsanwalt, <strong>de</strong>r an einer Sozietät mit einem Angehörigen<br />
eines an<strong>de</strong>ren freien Berufes beteiligt ist, darf nicht die Interessen<br />
einer Partei vertreten, wenn ein Konflikt mit <strong>de</strong>n Interessen<br />
einer an<strong>de</strong>ren Partei besteht, die von <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>ren Berufsangehörigen<br />
beraten wird o<strong>de</strong>r beraten wur<strong>de</strong>, o<strong>de</strong>r wenn das Auftreten<br />
eines solchen Interessenkonflikts möglich ist.<br />
4. Geheimhaltung und Registrierung von Schriftstücken<br />
Regel 4<br />
Der Rechtsanwalt ist verpflichtet, bei allen Angelegenheiten, in<br />
<strong>de</strong>nen er gemeinsam mit einem Angehörigen eines an<strong>de</strong>ren<br />
freien Berufes tätig wird, ein Register sämtlicher Briefe und<br />
Schriftstücke zu führen, die er <strong>de</strong>m Angehörigen <strong>de</strong>s an<strong>de</strong>ren<br />
freien Berufes zugänglich gemacht hat.“<br />
Die Ausgangsverfahren<br />
Herr Wouters, <strong>de</strong>r in Amsterdam als Rechtsanwalt zugelassen<br />
ist, wur<strong>de</strong> 1991 Partner <strong>de</strong>r Arthur An<strong>de</strong>rsen & Co. Belastingadviseurs<br />
(Steuerberater). En<strong>de</strong> 1994 teilte er <strong>de</strong>m Vorstand <strong>de</strong>r Bezirkrechtsanwaltskammer<br />
Rotterdam mit, dass er beabsichtige,<br />
sich dort als Rechtsanwalt nie<strong>de</strong>rzulassen und seine Tätigkeit<br />
unter <strong>de</strong>r Firma „Arthur An<strong>de</strong>rsen & Co., advocaten en belastingadviseurs“<br />
auszuüben.<br />
In seinem Beschl. v. 27. 7. 1995 vertrat <strong>de</strong>r Vorstand die Auffassung,<br />
dass die Partner <strong>de</strong>r Arthur An<strong>de</strong>rsen & Co. Belastingadviseurs<br />
mit <strong>de</strong>n Mitglie<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Arthur An<strong>de</strong>rsen & Co. Accountants,<br />
d. h. mit Angehörigen <strong>de</strong>r Berufsgruppe <strong>de</strong>r Wirtschaftsprüfer,<br />
eine Sozietät i.S.d. Samenwerkingsveror<strong>de</strong>ning 1993<br />
bil<strong>de</strong>ten, so dass <strong>de</strong>r Ast. gegen Artikel 4 <strong>de</strong>r Samenwerkingsveror<strong>de</strong>ning<br />
1993 verstoße. Außer<strong>de</strong>m liege ein Verstoß gegen<br />
Artikel 8 <strong>de</strong>r Samenwerkingsveror<strong>de</strong>ning 1993 vor, wenn <strong>de</strong>r<br />
Antragsteller einer Sozietät beitrete, <strong>de</strong>ren Firma <strong>de</strong>n Namen<br />
<strong>de</strong>r natürlichen Person „Arthur An<strong>de</strong>rsen“ enthalte.<br />
Mit Entscheidung v. 29. 11.1995 wies <strong>de</strong>r Allgemeine Rat die Verwaltungsbeschwer<strong>de</strong>n,<br />
die Herr Wouters, Arthur An<strong>de</strong>rsen & Co.<br />
Belastingadviseurs und Arthur An<strong>de</strong>rsen & Co. Accountants gegen<br />
diesen Beschluss eingelegt hatten, als unbegrün<strong>de</strong>t zurück.