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DIE GROSSE

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Wir Unternehmer – Porträt<br />

als in Hippie-Klamotten. Und in diesem Moment offenbarte<br />

sich Meisls Talent, irgendwelche schwebende Künstler-Daseinszustände<br />

zu professionalisieren. Sie fi ng an, eine Statistik<br />

zu führen, notierte sich, wo in welchem Kleid sie mit welcher<br />

Musik wie viel verdient hatte, um aus jedem Platzkonzert das<br />

Optimum herauszuholen.<br />

Madrid war eine Liebe und eine Lehre. Sie blieb drei Jahre, verkaufte<br />

nach dem Musizieren den Madrilenen Englischkurse,<br />

ohne richtig Spanisch zu können. Später ließ sie sich zur<br />

Diplomdolmetscherin ausbilden. Und sie vermarktete sich.<br />

Ging einfach zu Radiostationen und bat dort um ein Interview,<br />

und seltsamerweise klappte dies sogar. Sie war Chefsekretärin<br />

für eine Briefmarken-Weltausstellung mit nichts als<br />

einem schwachen Verdacht, was eine Sekretärin alles so tut.<br />

Und später übernahm sie die Leitung eines Theatercafés, das<br />

legendäre „Damajuana“, rutschte da irgendwie rein, wie von<br />

unsichtbarer Hand geführt, inszenierte, organisierte, schmiss<br />

den Laden und sorgte dafür, dass das Café blühte, in dem<br />

damals Menschen verkehrten, deren Schicksal es war, unter<br />

anderem berühmt zu werden, Pedro Almodovar etwa oder<br />

Carlos Saura. Nebenbei verliebte sie sich in den Besitzer der<br />

Bar, einen Sänger, und als die Party im „Damajuana“ zu Ende<br />

war, ging sie mit ihrem Freund nach Deutschland. Er sang,<br />

sie spielte Geige und kümmerte sich um alles, zwei Tänzer<br />

tanzten Tango, acht Jahre lang, 100 Auftritte pro Jahr.<br />

Kubanische Nächte in Köln<br />

Heute scheint es, dass all die von ihr gegangenen Wege die<br />

Vorbereitung waren für die Straße, auf der sie heute geht. Im<br />

Jahr 1992 gründete sie eine Künstleragentur, war sechs Jahre<br />

lang mit einer Inszenierung aus Theater und Akrobatik unterwegs,<br />

mit togolesischen Künstlern. Das war, sagt sie, nicht<br />

immer einfach, „aber ich bereue nichts“. Gegen Ende des vergangenen<br />

Jahrtausends wurde sie Agentin der Vieja Trova<br />

Santiaguera, einer kubanischen Altherren-Kapelle, dem Vorläufer<br />

des Buena Vista Social Club, wenn man so will. Es waren<br />

dunkelhäutige, faltige Herren, die sich zu sagen schienen:<br />

„So, jetzt werden wir bald Achtzig – lasst uns mal die nächsten<br />

20 Jahre etwas professionell Musik machen.“ Kuba kam in<br />

ihr Leben, jene für sie perfekte und ästhetische Symbiose von<br />

Musik, Genuss und Kultur. Über ihre Event-Agentur organisierte<br />

sie kubanische Nächte in Köln, und Kuba war damals,<br />

vor zehn Jahren, einer der wesentlichsten Sehnsuchtsorte der<br />

Westeuropäer. Kuba war, neben allem zauberhaft-exotischem<br />

Glitzer, auch eine selling unit: Managerinnen belegten Salsakurse,<br />

jeder zweite Bankschnösel fi ng an, Zigarren zu rauchen,<br />

und alle träumten von einer Finca unter Palmen und ein paar<br />

Mojitos zum Sonnenuntergang.<br />

Aber trotz all der „Genusskultur“ die La Galana versprüht,<br />

trotz dieser kleinen kubanischen Oase mitten in Köln, dieser<br />

Insel, die nicht auf Kredite gebaut ist, weil Meisl „eine Verfechterin<br />

der schwarzen Zahlen“ ist, ernährt die Manufaktur zwar<br />

ihre Mitarbeiterinnen, viel mehr aber auch nicht. Vielleicht<br />

zeigt sich so die leise Ironie des Schicksals. Das La Galana<br />

liegt da wie ein Rohdiamant, und fast jeder, der es betritt, sagt<br />

Meisl: „Mensch, das ist pures Gold. Mach was draus.“ Dabei ist<br />

das bisher Erreichte durchaus eine Leistung, ansonsten hätte<br />

es La Galana nicht in das Cigarren-Buch des deutschen Zigarrenpapsts<br />

Dieter H. Wirtz geschafft. Das liegt vielleicht auch<br />

an dem kubanischen Musiker Rey Creagh. Der wird gerne<br />

als Altstar der kubanischen Musikszene bezeichnet. Im Jahr<br />

2007 segnete er die Räume der Manufaktur und übernahm die<br />

Patenschaft. Das ist, auf unsere Breitengrade umgemünzt, so<br />

etwas wie ein Ritterschlag.<br />

Kismet im Morgenland<br />

Filialen eröffnen, ein Franchise-System daraus machen, das<br />

wären Möglichkeiten. Aber Annette Meisls Weg führt als<br />

Nächstes wahrscheinlich ins Reich von 1001 Nacht, wo<br />

Scheichs leben und Kamele, und wo nicht viel wächst außer<br />

Geld. Unlängst war Meisl mit ihren Torcedoras in Dubai, „um<br />

den Scheichs zu zeigen, wie man First-class-Zigarren herstellt“.<br />

Das sei richtig gut gewesen, der jordanische König war<br />

zugegen, Anwer Bati auch, ebenfalls ein Zigarren-Autor der<br />

Champions League. Und der meinte, die Zigarren von La Galana<br />

seien genussvoll und entspannend. Es klingt so, als ob das<br />

Schicksal Frau Meisl eine neue Straße vor die Füße gelegt habe<br />

wie einen Teppich. Der Libanon schwebt noch halbdurchsichtig<br />

wie der Rauch einer Zigarre durch den Kopf der Frau,<br />

die ihr Alter nicht preisgeben möchte. Im Libanon ist per capita<br />

der Verbrauch von Zigarren sehr, sehr erfreulich, und es<br />

scheint alles zuerst einmal in Richtung der Präsentation von<br />

Dubai zu laufen.<br />

Und es würde nicht verwundern, wenn sich Meisl dort in der<br />

Levante, dem Morgenland, dem Land des Sonnenaufgangs,<br />

wo man zum Schicksal „Kismet“ sagt, wenn sie sich dort,<br />

Inschallah, erneut ein wenig verlieben würde. Auch in die Kultur,<br />

die Musik und den Genuss. www.lagalana.de<br />

14 ProFirma 06 2010<br />

Fotos: La Galana

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