DIE GROSSE
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Seeling-Modell<br />
Noch ein Schlupfl och weniger<br />
Unternehmer, die ein Eigenheim kaufen oder bauen, können noch bis Ende<br />
2010 Umsatzsteuer sparen. Dann unterbindet der Gesetzgeber auch diese Steuer-<br />
sparvariante. VON OTTFRIED WEISS<br />
Unternehmer genießen als private Bauherren<br />
derzeit noch ein Steuerprivileg<br />
der besonderen Art: das sogenannte<br />
Seeling-Modell. Dieses Modell trägt den<br />
Namen des Unternehmers Wolfgang<br />
Seeling, der im Jahr 2003 vor dem Europäischen<br />
Gerichtshof das Urteil erstritt,<br />
dass ein Bauherr den Vorsteuerabzug<br />
für die gesamten Anschaffungs- bzw.<br />
Herstellungskosten geltend machen<br />
kann, wenn er das neue Gebäude zu<br />
mindestens zehn Prozent unternehmerisch<br />
nutzt (EuGH, Urteil vom 8.5.2003,<br />
Az. C 269/00). Voraussetzung dafür ist,<br />
dass er das Privatgebäude seinem umsatzsteuerlichen<br />
Betriebsvermögen zuordnet.<br />
Im Gegenzug muss der Unternehmer<br />
in den folgenden zehn Jahren<br />
für den privat genutzten Teil des Hauses<br />
Umsatzsteuer ans Finanzamt zurückzahlen.<br />
Der Reiz dieses Modells sind<br />
Steuer- und Finanzierungsvorteile.<br />
Vom 1. Januar 2011 an will der Gesetzgeber<br />
der Nutzung dieses Modells<br />
aber einen Riegel vorschieben. Denn<br />
aufgrund der jüngsten Verordnung zur<br />
Änderung der Mehrwertsteuersystemrichtlinie<br />
der EU vom 15. Januar 2010<br />
ist der Vorsteuerabzug für gemischt genutzte<br />
Gebäude vom Jahr 2011 an nicht<br />
mehr zu 100 Prozent, sondern nur noch<br />
im Verhältnis der betrieblichen Nutzung<br />
erlaubt.<br />
ProFirma rät: Unternehmer, die das Seeling-Modell<br />
noch nutzen wollen, sollten<br />
den Neubau bei der ersten Rechnung<br />
dem Betriebsvermögen zuordnen.<br />
ProFirma 06 2010<br />
So funktioniert das Seeling-Modell<br />
Unternehmer Müller erwirbt ein privates Eigenheim für eine Million Euro zzgl. 190.000 Euro Umsatzsteuer.<br />
Da er sich für seinen Betrieb ein großes Lager einrichtet, liegt die unternehmerische Nutzung seines<br />
Eigenheims bei 20 Prozent. Er ordnet deshalb sein Eigenheim umsatzsteuerlich seinem Unternehmensvermögen<br />
zu. Die unentgeltliche Wertabgabe für die Nutzung der Privaträume beträgt jährlich 70.000 Euro.<br />
Vorsteuererstattung<br />
(= Finanzierungsvorteil)<br />
Umsatzsteuerzahlungen<br />
für die Privatnutzung in zehn<br />
Jahren<br />
Damit das Finanzamt das Seeling-Modell<br />
akzeptiert, sollten folgende Punkte genau<br />
beachtet werden:<br />
Fundstellen: Zur sicheren Gestaltung sind<br />
folgende Fundstellen maßgeblich: EuGH,<br />
Urteil vom 8.5.2003, Az. C-269/00; BFH,<br />
Urteil vom 24.7.2003, Az. V R 39/99; BMF,<br />
Schreiben vom 30.3.2004, BStBl I 2004<br />
S. 451; BMF, Schreiben vom 13.4.2004,<br />
BStBl I 2004 S. 469 und vom 10.8.2007,<br />
BStBl 2007 S. 690; OFD Koblenz, 4.11.<br />
2008, S 7206/S 7300 A – St 44 5.<br />
Zehn-Prozent-Grenze: Die Zuordnung<br />
des Eigenheims zum Betriebsvermögen<br />
ist nur dann zulässig, wenn mindestens<br />
zehn Prozent der „Gesamtnutzfl äche“ für<br />
das Unternehmen bereitgestellt werden.<br />
Rechtslage bis 31.12.2010 Rechtslage von 2011 an<br />
190.000 Euro 38.000 Euro<br />
(20 Prozent der Vorsteuer)<br />
133.000 Euro<br />
(70.000 Euro x 19 Prozent =<br />
13.300 Euro x zehn Jahre)<br />
RECHTLICHE HÜRDEN<br />
0 Euro<br />
Fazit: Nach derzeitiger Rechtslage winkt also nicht nur ein Finanzierungsvorteil. Insgesamt zahlt der<br />
Bauherr 19.000 Euro weniger Umsatzsteuer (=Vorsteuererstattung 57.000 Euro nach bisheriger Rechtslage<br />
abzüglich 38.000 Euro nach neuer Rechtslage).<br />
Entnahme: Die Entnahme von Grundstücken<br />
und Gebäuden, die den Unternehmer<br />
zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug<br />
berechtigt haben, fällt unter<br />
die Steuerbefreiung des Paragrafen 4 Nr.<br />
9 Buchst. a UStG (BMF-Schreiben vom<br />
22.9.2008, IV B 8 – S 7107/07/10002).<br />
Photovoltaik: Der BFH hat in einem<br />
Revisionsverfahren zu klären, ob das<br />
Seeling-Modell auch für eine Photovoltaikanlage<br />
zur Stromerzeugung für fremde<br />
Abnehmer greift. Betroffene sollten<br />
daher den vollen Vorsteuerabzug geltend<br />
machen. Lehnt das Finanzamt dies<br />
ab, sollte mit Hinweis auf das Revisionsverfahren<br />
(Az. XI R 29/09) Einspruch<br />
erhoben und ein Ruhen des Verfahrens<br />
beantragt werden.<br />
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