DIE GROSSE
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Erfolgreiche Führungskräfte haben immer einen guten Schuss<br />
Narzissmus im Blut. Wer es nicht genießt, auf der Bühne zu<br />
stehen, wer es nicht mag, in der Zeitung zu stehen, wer sich<br />
nicht an dem Gefühl erfreuen kann, Menschen zu beeinfl ussen<br />
und zu bewegen, wer Verbandsaufgaben nur als Last und<br />
kaum als Lust empfi ndet, der wird unter seiner Führungsaufgabe<br />
leiden und sie am Ende vielleicht nicht gut oder nicht gut<br />
genug machen. Das ist ein hartes Wort, aber es ist erfahrungsgesättigt.<br />
Führung und Show sind Geschwister, faktische Leistung<br />
und gezeigte Leistung ebenfalls. Das führt manchmal zu<br />
Verwechslungen, wenn Menschen zu lange zu wenig qualifi<br />
zierten Widerspruch und Widerstand erlebt haben. Früher,<br />
bei Hofe, waren die Rollen dafür klar verteilt: Die Hofschranzen<br />
redeten dem Herrscher nach dem Mund und intrigierten<br />
hintenherum ein bisschen, die Hofräte waren manchmal mutig<br />
und mussten dafür bezahlen, manchmal waren sie auch<br />
feige und blieben dann länger im Amt. Für die Wahrheit war<br />
der Hofnarr zuständig. Er durfte ungefragt aussprechen, was<br />
andere den Kopf gekostet hätte. Kluge Herrscher lachten zwar<br />
über ihn, hörten ihm aber aufmerksam zu. War der Hofnarr<br />
auch noch unterhaltend und geistreich, dann hatte er ein<br />
gutes Leben und das Land einen guten Herrn.<br />
Weil oben, an der Unternehmensspitze, wenig Platz ist, und<br />
weil sich dort oft mehr Leute aufhalten wollen, als ursprünglich<br />
vorgesehen ist, gibt es auf der Führungsebene immer<br />
wieder Machtkämpfe, Hahnenkämpfe, Schaukämpfe, Stutenbissigkeiten<br />
und andere unangenehme Ereignisse. Wenn<br />
es gut geht und die Kämpfer bei klarem Verstand sind und<br />
bleiben, dann kämpfen sie hinter verschlossenen Türen und<br />
treten trotzdem gemeinsam und in trauter Eintracht auf die<br />
Bühne, um das Notwendige in der gebotenen Sachlichkeit zu<br />
sagen. Wenn sie aber ihre eigenen Interessen vor diejenigen<br />
ProFirma 06 2010<br />
Querdenker<br />
Martin Beck Der Unternehmensberater<br />
ist Großhandelskaufmann, Diplom-<br />
Betriebswirt (FH) und Honorarprofessor<br />
an der Hochschule Nürtingen.<br />
www.prof-beck.net<br />
Wohin Machtfragen gehören<br />
Von Professor Martin Beck<br />
der Firma stellen oder ihr Ego nicht unter Kontrolle haben,<br />
dann verlegen sie auch den Kampf auf die offene Bühne. Das<br />
kann für das amüsierte Publikum sehr unterhaltsam sein, jedenfalls<br />
solange die Interessen des Publikums nicht berührt<br />
sind. Häufi g wird es dabei den lachenden Dritten geben, der<br />
nur zu warten braucht, bis sich die Schaukämpfer unmöglich<br />
gemacht oder gegenseitig gelähmt und beschädigt haben. Der<br />
Firma aber schaden solche verunglückten Auftritte immer,<br />
und zwar todsicher.<br />
Die schlechteste Form dieser Machtspiele sind in aller Öffentlichkeit<br />
ausgetragene Familienstreitigkeiten. Macht geordnet<br />
abzugeben und Macht ruhig aufzunehmen, das erfordert stabile,<br />
zu einer gewissen Uneigennützigkeit fähige Persönlichkeiten,<br />
die nicht automatisch annehmen, dass nach ihnen nur<br />
noch Schwächlinge und zweitklassige Leute kommen können.<br />
Und Macht in Ruhe und geordnet aufzunehmen, solange<br />
noch der Patriarch da ist, dessen Handschrift alles trägt, was<br />
die Firma ausmacht, erfordert so etwas wie Weisheit, jedenfalls<br />
aber eine gute Portion Selbstdisziplin. Es hilft dabei, wenn<br />
beide Seiten eine langfristige Vorstellung vom Geschäft haben<br />
und nicht hektische und für die Umgebung aufregende oder<br />
verwirrende Bewegungen vollziehen. Das gelingt im wirklichen<br />
Leben nicht immer. Es wäre jetzt eine leichte Übung,<br />
eine Liste ehemals renommierter Firmen zu benennen, die<br />
auf diese Weise von fehlgeleiteten, ungeduldigen oder unbeherrschten<br />
Führungsfi guren schwer beschädigt, sturmreif geschossen<br />
oder gar zugrunde gerichtet wurden.<br />
Die Leidtragenden sind immer die Beschäftigten, häufi g die<br />
Gesellschafter und nicht selten auch die Kunden. Das sei allen<br />
Führungsfi guren gesagt, die allzeit bereit sind, in den vermeintlich<br />
wichtigen und auf jeden Fall ehrenvollen Kampf zu<br />
ziehen.<br />
Kolumne<br />
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