DIE GROSSE
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IT & Investition – Special Energie<br />
Solarthermie<br />
Dampf vom Dach<br />
Die Nutzung der Sonnenenergie für gewerbliche Prozesse steht heute dort, wo die<br />
private Hausdachanlage vor 20 Jahren stand: Jedes Projekt ist eine Individuallösung.<br />
Attraktive Einzelprojekte in Firmen gibt es trotzdem. VON BERNWARD JANZING<br />
Manchmal sind die ältesten Unternehmen die modernsten.<br />
Die Historie der Privatbrauerei Hofmühl im bayerischen Eichstätt<br />
reicht zurück bis ins Jahr 1492 – das Jahr, als Christoph<br />
Kolumbus Amerika entdeckte. Die Brauerei ist damit älter als<br />
das deutsche Reinheitsgebot für Bier, das im Jahr 1516 erlassen<br />
wurde. Trotzdem ist der Betrieb kein Ort altertümlicher<br />
Technik. Im Gegenteil: Das Unternehmen im Naturpark<br />
Altmühltal produziert seit knapp einem Jahr einen Großteil<br />
seines Energiebedarfs selbst – mithilfe einer modernen Solaranlage.<br />
1.284 Quadratmeter Vakuum-Röhrenkollektoren versorgen<br />
die Brauerei mit heißem Wasser. Vor allem für Reinigungspro-<br />
zesse werden die Temperaturen von bis zu 130 Grad genutzt,<br />
aber auch zum Beheizen der mehr als 1.000 Quadratmeter<br />
Bürofl äche. Die Nutzung der Sonne lag für Firmenchef Benno<br />
Emslander auf der Hand: „Wir brauchen die meiste Wärme im<br />
Sommer, weil wir dann auch am meisten Bier verkaufen.“<br />
Im August 2009 ging die Solaranlage in Betrieb. Emslander<br />
rechnet mit einer Heizölersparnis von rund 80.000 Litern pro<br />
Jahr. Das sind etwa 60 Prozent des bisherigen Verbrauchs.<br />
Möglich wird der hohe Deckungsgrad vor allem durch eine solarabhängige<br />
Prozesssteuerung, bei der die Produktionszeiten<br />
sich nach der Sonnenscheindauer richten. Einen Speicher für<br />
die Solarwärme gibt es natürlich trotzdem. Zwei Tanks mit je<br />
60 Kubikmetern Inhalt wurden installiert. Sie könnten noch<br />
größer sein, fi ndet Emslander. Der Grund: „Die Kollektoren<br />
bringen mehr Energie als geplant.“ Die Verwertung der gewonnenen<br />
Energie ist ebenfalls genau durchdacht. „Wir betreiben<br />
eine Kaskadennutzung“, erklärt der Firmenchef. Das<br />
bedeutet: Das Wasser wird mehrfach genutzt. Zuerst für die<br />
Prozesse, die das höchste Temperaturniveau benötigen, dann<br />
für jene, die mit weniger Wärme auskommen.<br />
Die gute Eichstätter Solarbilanz freut auch die Unterstützer<br />
der Anlage. Das Kollektorsystem wurde als Pilotprojekt im<br />
Rahmen des Förderprogramms „Solarthermie 2000plus“ vom<br />
Bundesumweltministerium (BMU) zur Hälfte mitfi nanziert.<br />
Das Programm wurde eigens aufgelegt, um den Bau solarer<br />
Großanlagen anzuschieben. Emslander hat drei Jahre an dem<br />
„Mit konzentrierenden Kollektoren sind Temperaturen von<br />
200 Grad und ein Dampfdruck von 16 Bar heute gut erreichbar.“<br />
KLAUS HENNECKE, DLR, KÖLN-PORZ<br />
Projekt gebaut. Er ist davon überzeugt, dass Nachahmer an<br />
anderen Standorten von seiner Vorleistung profi tieren werden:<br />
„Wir haben 1,5 Millionen Euro investiert, doch mit unseren<br />
Erfahrungen kann ein vergleichbares Projekt künftig für<br />
700.000 Euro realisiert werden.“<br />
Unternehmen brauchen einen Fachplaner<br />
Doch so sehr die Anlage in Eichstätt auch beeindruckt – sie<br />
ist bislang eine der wenigen ihrer Art. Solarthermie in Unternehmen<br />
ist noch selten. Ein zweites Projekt in der Bierbranche<br />
gibt es bei der Hütt-Brauerei in Baunatal bei Kassel.<br />
220 Quadratmeter Hochleistungsfl achkollektoren sollen dort<br />
fünf Prozent des Jahresbedarfs an Prozesswärme decken. Die<br />
56 ProFirma 06 2010<br />
ProFirma<br />
Spezial<br />
Fotos: privat