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eine alte religionsgemeinschaft zwischen tradition und moderne

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www.yeziden-colloquium.de<br />

sein. Yezidische Vertreter sollten in überparteilichen kurdischen Institutionen vertreten<br />

sein <strong>und</strong> demokratisches Mitbestimmungsrecht erh<strong>alte</strong>n (so sollten z. B. Yeziden in der<br />

neuen irakischen Regierung vertreten sein).<br />

- Bei <strong>eine</strong>r Neudefinition <strong>und</strong> Umorientierung sind der Migrationsbegriff für die Yeziden<br />

<strong>und</strong> ihre Beziehung zum Herkunftsland neu zu klären <strong>und</strong> zu differenzieren. Hierbei<br />

müssen sowohl interne als auch globale politische, soziale, kulturelle <strong>und</strong> wirtschaftliche<br />

Entwicklungen beachtet werden, um entsprechend reagieren zu können.<br />

- Alle yezidischen Institutionen, Organisationen <strong>und</strong> Ver<strong>eine</strong> sollten – statt zu<br />

konkurrieren – in der Migrationspolitik zusammen arbeiten <strong>und</strong> [88] ein gemeinsames<br />

Strategiepapier erstellen. Ihre Zusammenarbeit muss auf Kompromiss- <strong>und</strong> Dialogbereitschaft<br />

basieren; Auseinandersetzungen sollten zivilisiert <strong>und</strong> auf der Gr<strong>und</strong>lage<br />

von Respekt <strong>und</strong> Akzeptanz unterschiedlicher Meinungen ausgetragen werden. Für die<br />

Zusammenarbeit müssen die Organisationen nicht ihre Eigenständigkeit <strong>und</strong> ihre spezifischen<br />

Interessen aufgeben. Einzelne Interessensphären könnten durch ein Abkommen<br />

abgesteckt werden.<br />

Ein verbindender Mythos bei den Yeziden ist <strong>eine</strong> starke, eschatologische – auf die Endzeit<br />

bezogene – Sehnsucht nach der Heimat. Die Yeziden in der Diaspora sind daher bereit, sich<br />

für die Belange ihrer Gemeinschaft in den Herkunftsländern einzusetzen. Um dies erfolgreich<br />

tun zu können, benötigen sie allerdings <strong>eine</strong> unabhängige, gesamtyezidische<br />

Organisation. Migrantenorganisationen, die sich zwar für die Belange ihrer Mitglieder in<br />

der Diaspora einsetzen, aber k<strong>eine</strong> Beziehungen zu Organisationsstrukturen in den Herkunftsländern<br />

haben, werden auf Dauer nicht imstande sein, die kollektive Identität der<br />

Yeziden in der Diaspora aufrecht zu erh<strong>alte</strong>n. Ohne den Bezug zur Heimat werden es ihre<br />

Mitglieder bald nicht mehr für nötig h<strong>alte</strong>n, in den Organisationen aktiv mitzuwirken.<br />

Gleicherweise werden yezidische Einrichtungen <strong>und</strong> Organisationen in den Heimatländern,<br />

die die Yeziden in der Diaspora als bloße Ressourcenquelle benutzen, bald ihre Verbindungen<br />

zur Diaspora verlieren, wenn sie nicht die spezifischen Probleme in der Diaspora<br />

sehen <strong>und</strong> gemeinsam mit den Migranten nach Lösungen suchen. So sind Migrantenorganisationen<br />

<strong>und</strong> Heimatorganisationen voneinander abhängig <strong>und</strong> ein Erfolg ist nur<br />

durch gemeinsame Arbeit möglich.<br />

6 Schlussbetrachtung <strong>und</strong> Perspektiven<br />

Die Zahl der Yeziden, die langfristig in Europa bleiben <strong>und</strong> leben wollen, hat zugenommen.<br />

Es sind Arbeiter, Angestellte, Kleinunternehmer <strong>und</strong> Akademiker. Ihren Entschluss zu<br />

bleiben, kann man u. a. daran ablesen, dass sie sich Häuser bauen, sich fest niederlassen.<br />

Die dritte Generation von Yeziden ist in Europa geboren <strong>und</strong> spricht besser die Sprache des<br />

Migrationslandes als die eigene Muttersprache. Sie hat hier Fre<strong>und</strong>e <strong>und</strong> lebt kognitiv <strong>und</strong><br />

emotionell in mindestens „zwei Welten“, verfügt also über mehrere positive Identitäten.<br />

[89] Es gibt allerdings Fälle, in denen Jugendliche, vor allem Mädchen <strong>und</strong> junge Frauen,<br />

nicht mit den Widersprüchen <strong>und</strong> den Sanktionen ihrer Eltern zurecht kommen <strong>und</strong> das<br />

Elternhaus verlassen. Leider wurden yezidische Mädchen von ihren Familien brutal verfolgt<br />

oder sogar getötet. Die deutschen Medien haben zurecht darüber berichtet, es aber gleichzeitig<br />

so dargestellt, als verfolgten alle Yeziden ihre Kinder, die sich nicht an die vorgegebenen<br />

Regeln h<strong>alte</strong>n. Solche Vorkommnisse sind nach m<strong>eine</strong>m Dafürh<strong>alte</strong>n ein Versuch<br />

der ersten Generation mit ihren vielen <strong>tradition</strong>ellen <strong>und</strong> konservativen Vorstellungen,<br />

ihre schwindende Macht in der Diaspora aufrecht zu erh<strong>alte</strong>n. Ohne es zu wissen beschleunigen<br />

sie damit jedoch den Auflösungsprozess der yezidischen Gesellschaft. In den<br />

yezidischen Familien gibt es <strong>eine</strong> Reihe von Konflikten <strong>und</strong> einige besonders konservativ<br />

eingestellte Personen der älteren Generation befürchten, dass ihre Familien ihre „religiöse<br />

Existenz“ verlieren könnten. Deshalb greifen sie zu solchen zu verurteilenden Maßnahmen.

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