JAHRESBERICHT 2009 - NGD - Gruppe Norddeutsche Gesellschaft ...
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„Wir haben auch schon<br />
eine Menge geschafft“<br />
Mittlerweile ist Sabine stabil, fühlt sich<br />
sehr wohl. Im Kinderzimmer hat sie liebevoll<br />
bunte Tierfiguren und einen großen<br />
Mond an die Wand gemalt, Marlons Spielsachen<br />
und Kleider sind ordentlich aufgeräumt,<br />
Sabines Zimmer ist behaglich mit<br />
hellen Kiefernholzmöbeln eingerichtet, an<br />
der Wand hängen Poster von Kelly Clarkson<br />
und Avril Lavigne. „Ich bin so froh, dass ich<br />
hier sein darf. Auch wenn ich das manchmal<br />
nicht so zeigen kann. Silke und Jan<br />
sind wie Eltern für mich. Ich wüsste gar<br />
nicht, was ohne die beiden aus mir geworden<br />
wäre“, sagt sie.<br />
Eine wichtige Stütze für sie ist auch<br />
Thomas, „mein Männe“, wie sie ihn nennt.<br />
Der 42-jährige Schwabe lebt drei Kilometer<br />
entfernt in einer eigenen Wohngruppe. „Ich<br />
bin trockener Alkoholiker“, sagt er offen.<br />
Thomas Ehe ist vor fünf Jahren zerbrochen,<br />
seine Frau zog mit der gemeinsamen<br />
Tochter aus Stuttgart weg in den Norden,<br />
Thomas wenigstens in ihre Nähe. Als er<br />
In der Wohnküche von Erzieherin Silke von der Heyde (l.)<br />
treffen sich alle großen und kleinen Bewohnerinnen<br />
und Bewohner zum gemeinsamen Essen.<br />
Sabine vor zwei Jahren auf einem Dorffest<br />
kennen lernt, sei das Liebe auf den ersten<br />
Blick gewesen. Die Betreuerinnen und<br />
Betreuer sind jedoch zunächst skeptisch,<br />
ob die Beziehung mit einem Suchtkranken<br />
für Sabine gutgehen kann. Aber Thomas<br />
tut ihr gut mit seiner ruhigen, liebevollen,<br />
verlässlichen Art. „Wir reden sehr viel miteinander,<br />
das ist uns sehr wichtig. Und wir<br />
unterstützen uns gegenseitig, nehmen sehr<br />
viel Rücksicht aufeinander“, sagt er. Das<br />
Verständnis füreinander sei sehr groß. „Wir<br />
haben beide in unserem Leben viel durchgemacht.<br />
Aber wir haben auch schon eine<br />
Menge geschafft. Ich meine erfolgreiche<br />
Abstinenz, Sabine ihre wiedergewonnene<br />
Lebensfreude“, sagt er, schaut auf sie und<br />
streichelt sanft über ihre Hand. Sabine ergänzt<br />
glücklich: „Marlon sagt Papa zu ihm.“<br />
So wird Thomas bald von noch einem<br />
Kind genannt werden: im Februar kam<br />
die gemeinsame Tochter Amy-Sophie zur<br />
Welt, seit Mai sind Thomas und Sabine<br />
verheiratet. „Ich habe hier ja schon viel<br />
erlebt. Aber eine Hochzeit haben wir in der<br />
Wohngruppe noch nie vorbereitet“, sagt<br />
Silke von der Heyde lächelnd.<br />
Wenn alles weiter so gut läuft, möchte<br />
die Familie bald in Thomas Wohngruppe<br />
zusammen ziehen. Sabine würde dann<br />
teilstationär betreut, er eine Umschulung<br />
zum Zimmermann beginnen. „Wir sind zukunftsorientiert<br />
und wollen gucken, dass<br />
wir zum Otto-Normalverbraucher werden“,<br />
sagt er entschlossen. Sabine schaut ihn an<br />
und sagt kraftvoll: „Ja, ohne dich und die<br />
Kinder kann ich mir mein Leben gar nicht<br />
mehr vorstellen.“<br />
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