JAHRESBERICHT 2009 - NGD - Gruppe Norddeutsche Gesellschaft ...
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Es ist besonders still an diesem Nachmittag<br />
in Eckernförde. Nur wenige<br />
Menschen trotzen dem nasskalten Wetter,<br />
durchqueren schnellen Schrittes die<br />
schmalen, verwinkelten Gassen der<br />
Altstadt.<br />
Heike Paulsen hat es nicht eilig. Ruhig<br />
und gelassen steht sie vor dem liebevoll<br />
restaurierten Haus der TIDE in der<br />
Fischerstraße, bittet mit einem freundlichen<br />
„Hier entlang“ herein. Drinnen<br />
ist es angenehm warm. In den Regalen<br />
stapeln sich Werkzeuge und Malutensilien.<br />
Kleine Kunstwerke, teilweise noch unvollendet,<br />
schmücken die Fensterbänke.<br />
„Wir müssen heute mit dem Bastelraum<br />
vorliebnehmen. Drüben findet gerade<br />
ein Einzelgespräch statt“, entschuldigt<br />
sie sich und bietet frischen Kaffee und<br />
Laugengebäck an. Einladend wirkt das,<br />
richtig behaglich. Dass sie seit Jahren<br />
an einer Psychose mit wiederkehrenden<br />
Angstattacken und Wahnvorstellungen leidet,<br />
ist der 42-Jährigen nicht anzumerken.<br />
Fröhlich und liebevoll ist der Kontakt zu ihren Kindern,<br />
die sie regelmäßig am Wochenende besuchen.<br />
Seit März 2006 ist Heike Paulsen Klientin<br />
der TIDE Gemeindenahe Sozialpsychiatrie<br />
in Eckernförde. Hier werden Menschen<br />
mit psychischen Problemen und seelischen<br />
Behinderungen auf ihrem Weg<br />
zurück in ein selbstständiges Leben begleitet.<br />
Je nach individuellem Hilfebedarf<br />
bietet das Team der Sozialtherapie<br />
Vollversorgung, teilstationäre Betreuung<br />
in Wohngemeinschaften oder ambulante<br />
Unterstützung in den eigenen vier<br />
Wänden an. Das Besondere: Die TIDE<br />
ist kein Heim, sie befindet sich mitten<br />
im Herzen der 23.000-Einwohner-Stadt<br />
Eckernförde an der schleswig-holsteinischen<br />
Ostseeküste. Die Mehrzahl der insgesamt<br />
40 Klientinnen und Klienten lebt<br />
in Mietshäusern in der Stadt. Sie bleiben<br />
integriert in das gesellschaftliche Leben<br />
und können trotz ihrer Krankheit so etwas<br />
wie Alltag erleben.<br />
Aus Angst- und Panikattacken<br />
wurden Wahnvorstellungen<br />
Heike Paulsen ist Einzelhandelskauffrau<br />
und Betriebswirtin. Sie steht mit beiden<br />
Beinen im Leben, hat ihren Alltag<br />
mit Job und vier Kindern gut im Griff,<br />
bis Mitte 2004 die ersten Symptome der<br />
Psychose auftreten. Tag für Tag ist sie für<br />
andere da, auch dann noch, als sie von<br />
Albträumen und Angstattacken heim-<br />
gesucht wird. „Wenn mein Mann nicht<br />
pünktlich nach Hause kam, hat mich<br />
das wahnsinnig gemacht. Alles Mögliche<br />
habe ich mir da ausgemalt: Unfall?<br />
Tod?“, erzählt sie. Kann sie die Schübe<br />
anfangs noch kontrollieren, funktioniert<br />
das mit der Zeit immer weniger. Aus<br />
den Angst- und Panikattacken werden<br />
Wahnvorstellungen. Ihre Mitmenschen<br />
nimmt sie nur noch fratzenhaft wahr,<br />
hört Stimmen, fühlt sich verfolgt.<br />
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