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Unterschiede zwischen Kur und Rehabilitation in der Wahrnehmung ...

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– 22 –<br />

mit dem Titel „Der <strong>Kur</strong>gast“. Hesse schil<strong>der</strong>te zum Beispiel se<strong>in</strong>e Gefühle am<br />

Tag <strong>der</strong> Ankunft <strong>in</strong> Baden. Schon am Bahnsteig bemerkte er überall <strong>Kur</strong>gäste.<br />

Hesse erkannte sie an ihrem h<strong>in</strong>kenden Gang <strong>und</strong> er projizierte se<strong>in</strong> eigenes<br />

Leid <strong>in</strong> diese Menschen. Plötzlich kam <strong>in</strong> ihm das Gefühl auf, es gebe noch Beklagenswertere<br />

<strong>und</strong> Kränkere als ihn selbst. Se<strong>in</strong> chronisches Leiden wurde alle<strong>in</strong><br />

durch dieses Bewusstse<strong>in</strong> gel<strong>in</strong><strong>der</strong>t, <strong>und</strong> er beurteilte se<strong>in</strong>e Verschleißersche<strong>in</strong>ungen<br />

an<strong>der</strong>s als sonst. Hesse lernte mit se<strong>in</strong>er chronischen, nicht mehr<br />

vollständig beseitigbaren Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung ohne Resignation umzugehen <strong>und</strong> sie zu<br />

akzeptieren.<br />

Die Möglichkeit, Kontakte mit an<strong>der</strong>en Patienten zu schließen, sich mit e<strong>in</strong>em<br />

Arzt über die eigene Situation zu unterhalten <strong>und</strong> sich von alltäglichen Aufgaben<br />

zu entlasten, s<strong>in</strong>d Argumente, die Hesse <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Roman für die Inanspruchnahme<br />

e<strong>in</strong>er <strong>Kur</strong> herausarbeitet. Doch er zeigt genau wie Mann auch<br />

Kritikpunkte auf. <strong>Kur</strong>en werden <strong>in</strong> beiden Texten gr<strong>und</strong>sätzlich passiv <strong>und</strong> konsumierend<br />

sowie kaum getragen von Eigenaktivität dargestellt. Aktivierende<br />

<strong>und</strong> tra<strong>in</strong>ierende Therapien s<strong>in</strong>d hier vergeblich zu suchen.<br />

Doch dies ist nicht verw<strong>und</strong>erlich, denn <strong>der</strong> Wandel im <strong>Rehabilitation</strong>skonzept<br />

vollzog sich erst richtig <strong>in</strong> den 60-er Jahren. Seitdem revolutionierte sich die<br />

<strong>Rehabilitation</strong> erheblich. Motivation <strong>und</strong> Eigenverantwortung des Patienten<br />

wurden fortan immer stärker betont. Tra<strong>in</strong>ierende Therapien wie Krankengymnastik<br />

<strong>und</strong> Sport, Unterricht über richtige Verhaltensweisen lösten die traditio-<br />

nelle <strong>Kur</strong>mediz<strong>in</strong> ab (Wille, 1989).<br />

2.5 <strong>Kur</strong>- <strong>und</strong> <strong>Rehabilitation</strong>sgeschichte an Beispielen<br />

2.5.1 Beispiel: Bad Kiss<strong>in</strong>gen<br />

Bad Kiss<strong>in</strong>gen erlangte im späten Mittelalter aufgr<strong>und</strong> se<strong>in</strong>er salzhaltigen<br />

Quellen Ansehen. Der römische Geschichtsschreiber Tacitus berichtete, dass<br />

58 n. Chr. zwei Germanenstämme - die Chatten <strong>und</strong> die Herm<strong>und</strong>uren - um die

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