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WIRTSCHAFT+ MARKT

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Vom Schwermetall<br />

zur Hochtechnologie<br />

Die Stadt Wildau mit ihrem Technologiepark und der Technischen<br />

Hochschule zählt zu den wichtigsten Wirtschaftsstandorten<br />

Brandenburgs. Bekannt geworden durch die Dampflokomotiven der<br />

Firma Schwartzkopff, als Rüstungsschmiede 1945 am Boden und als<br />

Zentrum des DDR-Schwermaschinenbaus wiederaufgebaut, musste<br />

sich der Standort nach 1990 neu erfinden. Von Tomas Morgenstern<br />

Zentrum für Luft- und Raumfahrt Schönefelder<br />

Kreuz in Wildau.<br />

Wildau, erst seit 2013 Stadt, ist<br />

eine Schöpfung des Industriezeitalters,<br />

bis heute geprägt<br />

von den Klinkerbauten der ab 1898 für<br />

die Arbeiter der Lokomotivfabrik gebauten<br />

Schwartzkopff-Siedlung. Stärkster Trumpf<br />

der Stadt, in der rund 10.000 Menschen<br />

leben, ist die verkehrsgünstige Lage am<br />

südlichen Berliner Autobahnring A10,<br />

knapp 15 Kilometer entfernt vom neuen<br />

Hauptstadtflughafen BER. Zudem<br />

hat sie Anschluss an die<br />

Chef der Wirtschaftsförderungsgesellschaft<br />

Dahme-Spreewald:<br />

Gerhard Janßen.<br />

Fernbahn und an<br />

die Berliner S-Bahn.<br />

An der Dahme betreibt<br />

Wildau gemeinsam<br />

mit Königs Wusterhausen<br />

den größten Binnenhafen<br />

des Landes. Die beiden Städte<br />

und die Gemeinde Schönefeld bilden den<br />

Regionalen Wachstumskern „Schönefelder<br />

Kreuz“.<br />

Das Herz der Wildauer Wirtschaft schlägt<br />

im Technologiepark mit den Luft- und<br />

Raumfahrtzentren, dem Technologieund<br />

Gründerzentrum und der Technischen<br />

Hochschule. Rund 1.000 Betriebe<br />

sind in der Stadt ansässig – ein Mix<br />

aus Hightech, Forschung und Entwicklung,<br />

Gewerbe sowie klassischer Industrie.<br />

Das A10 Center an der Autobahn ist<br />

das größte Einkaufszentrum der Region.<br />

„Der Wirtschaftsstandort Wildau hat sich<br />

in den vergangenen 20 Jahren modernisiert,<br />

deutlich breiter aufgestellt und er<br />

hat wieder internationales Spitzenniveau<br />

erreicht“, sagt Bürgermeister Uwe Malich<br />

(DIE LINKE).<br />

1899 waren die Äcker des Gutes<br />

Wildau am Rande der Gemeinde<br />

Hoherlehme erste<br />

Wahl für die Erweiterung<br />

der „Berliner Maschinenbau<br />

Actien Gesellschaft<br />

BMAG, vormals Louis<br />

Schwartzkopff“. Vor den<br />

Toren der Hauptstadt, an<br />

der Eisenbahnlinie Berlin–Görlitz<br />

und an der Dahme<br />

baute die BMAG eine neue<br />

Lokomotivfabrik, später eine der<br />

größten Deutschlands. Bald folgten der<br />

Schwermaschinenbau, die Chemie- und<br />

Elektroindustrie. In beiden Weltkriegen,<br />

vor allem aber nach Hitlers Machtantritt<br />

produzierte man in Wildau Rüstungsgüter.<br />

In den 1940er Jahren liefen hunderte<br />

„Kriegslokomotiven“ sowie Rümpfe<br />

für Junkers-Bomber vom Band. Bis zu<br />

10.000 Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter<br />

mussten in und um Wildau in der<br />

Rüstungswirtschaft schuften.<br />

Alliierte Bomben und die Kämpfe im April<br />

1945 richteten schwere Schäden an. Intakte<br />

Maschinen ließ die sowjetische Militäradministration<br />

(SMAD) nach dem Sieg<br />

der Roten Armee als Reparationsleistung<br />

demontieren.<br />

Im Februar 1949 wurde in maroden<br />

Fabrikhallen der LOWA-Lokomotivbau<br />

Wildau VEB – LOWA stand für Lokomotiv-<br />

und Waggonbau – gegründet. Dieser<br />

reparierte zunächst Eisenbahnwaggons,<br />

baute Maschinen und Ausrüstungen. Eine<br />

Betriebsschule bildete ab 1949 Ingenieure<br />

aus. 1950 verfügte die SMAD die Einstellung<br />

des Lokomotivbaus, der in ABUS<br />

umbenannte Betrieb sollte nun Ausrüstungen<br />

für Bergbau und Schwerindustrie<br />

herstellen. Ab 1952 schließlich als VEB<br />

Schwermaschinenbau „Heinrich Rau“ und<br />

seit 1969 unter dem Dach des Schwermaschinenbaukombinats<br />

„Ernst Thälmann“<br />

(SKET) erlangte das Werk auch außerhalb<br />

der DDR Bekanntheit. Damals fertigten<br />

3.500 Mitarbeiter in Wildau Kurbelwellen<br />

für Schiffsdieselmotoren, Wälzlager, Maschinen<br />

für die Rohrproduktion. Im Konsumgüterprogramm<br />

kamen irgendwann<br />

auch Lautsprecherboxen, Werkzeuge und<br />

Gartenbänke aus Wildau.<br />

Das Ende der DDR bedeutete auch das<br />

Ende für die Kombinate. Am 1. Juli 1990<br />

wurde die Schwermaschinenbau AG<br />

Wildau (SMB) als hundertprozentiges<br />

<strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> | 4/2015

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