WIRTSCHAFT+ MARKT
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26 | W+M SERIE BRANDENBURG<br />
DER BOOM AUF DEM LANDE<br />
Spreewälder Gurken, Eberswalder Würstchen oder das Schwarzbier<br />
aus Neuzelle – Brandenburger Spezialitäten haben sich längst<br />
bundesweit einen guten Namen gemacht. Die Ernährungswirtschaft<br />
zählt nicht zuletzt deshalb zu den Wachstumsbranchen im Lande.<br />
Von Matthias Salm<br />
Die Liste erfolgreicher Lebensmittelprodukte<br />
aus der Mark lässt sich<br />
leicht fortführen: Auch die Teltower<br />
Rübchen oder die Karpfen aus den<br />
Peitzer Teichen finden immer mehr Anhänger.<br />
Nicht zu vergessen der Spargel.<br />
Das „weiße Gold“ dominiert längst den<br />
Gemüseanbau in Brandenburg, wo die<br />
Spargelbauern 2014 rund 15.000 Tonnen<br />
des beliebten Gemüses aus den leicht<br />
sandigen Böden der Region – vornehmlich<br />
rund um Beelitz – ernteten.<br />
Bezogen auf die Anbaufläche rangiert<br />
der Brandenburger Spargelanbau nach<br />
Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen<br />
damit bereits auf Platz drei in Deutschland.<br />
Eine Erfolgsstory: Allein im Zeitraum<br />
von 1991 bis 2010 stieg die<br />
Spargelproduktion im Land auf<br />
das rund 19-fache. Aber auch<br />
etwa ein Drittel der deutschen<br />
Gurkenproduktion hat seine Heimat<br />
in Brandenburg – genauer gesagt<br />
im Spreewald, wo die Spreewälder<br />
Gurken längst unter dem<br />
Siegel einer von der EU geschützten<br />
Regionalmarke ihren Weg in<br />
die Gläser finden.<br />
Mitarbeiterin bei der Wurstproduktion<br />
in Brandenburg.<br />
Die Brandenburger Agrar- und<br />
Ernährungswirtschaft hat allerdings<br />
mehr zu bieten als nur die<br />
Verkaufsschlager Spargel und<br />
Gurken. Wo noch vor 25 Jahren<br />
in der Folge der Deutschen Einheit<br />
ostdeutsche Lebensmittelmarken<br />
angesichts des lang aufgestauten<br />
Heißhungers auf Westwaren<br />
in den Regalen der Supermärkte<br />
versauerten, ziehen heute<br />
Landwirte und Lebensmittelproduzenten<br />
ihren Gewinn aus dem<br />
Vormarsch regionaler Produkte.<br />
Die Folge: Etwa jeder siebte<br />
Euro, den die Industrie im Land<br />
Brandenburg erwirtschaftet, und<br />
auch fast jeder achte industrielle<br />
Arbeitsplatz entfallen laut Brandenburger<br />
Wirtschaftsministerium auf<br />
die Erzeugung, Verarbeitung und den<br />
Handel mit Produkten des Ernährungsgewerbes.<br />
Mit sechs Millionen Konsumenten<br />
in der Hauptstadtregion verfügen<br />
die heimischen Akteure der Branche zudem<br />
über einen mehr als lukrativen Absatzmarkt<br />
vor der eigenen Haustür.<br />
Geprägt wird die Branche von einigen<br />
Großbetrieben wie etwa die zur Rhönsprudel-Gruppe<br />
gehörende Spreequell<br />
Mineralbrunnen GmbH in Bad Liebenwerda,<br />
die sich in der nahen Hauptstadt<br />
eine starke Marktstellung erarbeitet hat.<br />
Auch die von den rund 250 fest angestellten<br />
Mitarbeitern der EWG Eberswalder<br />
Wurst GmbH in Britz produzierten Wurstund<br />
Fleischwaren finden ihre wichtigsten<br />
Abnehmer im Berlin-Brandenburger<br />
Raum. Vor allem aber dominieren kleine<br />
und mittlere Unternehmen, die sich mit<br />
der Spezialisierung auf Regionalität, Bio-<br />
Produkte oder Feinkost Nischenmarkte<br />
erobern konnten. Beispielhaft steht dafür<br />
der Erfolg der von den Belgiern Goedele<br />
Matthysen und Peter Bienstmann in<br />
der kleinen Lausitzgemeinde Hornow gegründeten<br />
Schokoladenmanufaktur Confiserie<br />
Felicitas, die mittlerweile ihre süßen<br />
Kreationen auch in Filialen in Potsdam<br />
und im Schatten der Dresdner Frauenkirche<br />
erfolgreich vermarktet.<br />
Dass das Ernährungsgewerbe Wachstum<br />
und Arbeitsplätze verspricht, hat<br />
auch die Potsdamer Landesregierung<br />
erkannt und die Branche 2012 in die Reihe<br />
der zu fördernden Cluster des Landes<br />
gestellt. Es zählt rund 3.700 Unternehmen<br />
und fast 59.000 Beschäftigte – von<br />
der Landwirtschaft über die Lebensmittelverarbeitung<br />
bis zum Lebensmittelhandel.<br />
Mehr als 70 Prozent der Betriebe des<br />
Ernährungsgewerbes sind den vier Bereichen<br />
Schlachtung/Fleischverarbeitung,<br />
Backwaren, Obst- und Gemüseverarbeitung<br />
und Molkereien zuzuordnen. Mit<br />
imagebildenden Maßnahmen für die Vermarktung<br />
regionaler Produkte, dem Aufbau<br />
von Wertschöpfungsketten und der<br />
Förderung technischer Innovationen sollen<br />
vor allem die Marktchancen der kleinen<br />
Unternehmen deshalb künftig noch<br />
stärker unterstützt werden. W+M<br />
Foto: ZAB-Archiv<br />
<strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> | 4/2015