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WIRTSCHAFT+ MARKT

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BRANDENBURG | 25<br />

Sitz von Fielmann in Rathenow.<br />

Fotos: Fielmann AG<br />

DIE WIEGE DER OPTISCHEN INDUSTRIE<br />

Mit der Erfindung der Vielschleifmaschine legte Johann Heinrich<br />

August Duncker 1801 in Rathenow die Grundlage für die industrielle<br />

Fertigung von Brillenlinsen. Rathenow wurde zur Stadt der Optik und<br />

ist es auch im vereinigten Deutschland geblieben. Von Matthias Salm<br />

Der Slogan ist bekannt und ebenso<br />

schlicht wie einprägsam: Brille<br />

– Fielmann. Eine ebenso simple<br />

Gleichung, die sich spätestens seit<br />

2002 ziehen lässt, könnte aber „Fielmann<br />

= Rathenow“ lauten. Denn seit die Optikerkette<br />

mit den Discounter-Preisen<br />

vor 13 Jahren rund 32 Millionen Euro in<br />

ein neues Produktionswerk in der Havelstadt<br />

investierte, wurde der Standort<br />

peu à peu zum Fertigungs- und Logistikzentrum<br />

des Unternehmens ausgebaut.<br />

Hier produziert der nach eigenen Angaben<br />

größte Arbeitgeber der augenoptischen<br />

Branche Mineral- und Kunststoffgläser,<br />

fügt sie in der Randschleiferei mit<br />

der bestellten Fassung zu Brillen zusammen<br />

und versendet sie in die Niederlassungen<br />

in ganz Deutschland. Und nebenbei<br />

hat der Marktführer mit seiner Investitionsentscheidung<br />

für Rathenow dem<br />

traditionsreichen Optik-Standort im Westen<br />

Brandenburgs ein veritables Comeback<br />

beschert.<br />

Als Wiege der Optik rühmte sich Rathenow<br />

schließlich schon im 19. Jahrhundert.<br />

Den Grundstein für die industrielle Produktion<br />

von Brillengläsern legte Johann Heinrich<br />

August Duncker mit der Konstruktion<br />

einer Vielschleifmaschine. Ihm folgten viele<br />

kleine Manufakturen, die der Dunckerschen<br />

Produktion zulieferten oder gleich<br />

selber Brillen herstellten. 163 optische Betriebe<br />

zählte die Stadt 1896. Zu DDR-Zeiten<br />

waren in den Rathenower Optischen<br />

Werken zeitweilig mehr als 4.000 Menschen<br />

beschäftigt.<br />

Das Know-how aus mehr als 200 Jahren<br />

Brillenproduktion hat Rathenow auch<br />

über schwierige Zeiten hinweggeholfen.<br />

Heute ist die augenoptische Industrie in<br />

der Stadt jenseits der Fielmannschen<br />

Massenfertigung vor allem von mittelständischen<br />

Betrieben und<br />

Zulieferern geprägt, die zum<br />

Teil als Ausgründungen aus<br />

den Rathenower Optischen<br />

Werken nach 1990 den<br />

Sprung in die Selbstständigkeit<br />

schafften. Firmen<br />

wie die Obrira Low Vision<br />

Rathenow, die Lupenbrillen<br />

fertigt, die SOLIRA – Sonderlinsen<br />

GmbH Rathenow,<br />

ein Produzent von Sonderlinsen<br />

im hohen Dioptrienbereich,<br />

oder der Brillenglashersteller<br />

Ophthalmica Brillengläser<br />

GmbH & Co. KG stehen für die<br />

Vielfalt und Spezialisierung der Branche in<br />

der Stadt im Havelland. Viele der Betriebe<br />

sind in Netzwerken wie der „Optic Alliance<br />

Brandenburg Berlin“ vereint, die helfen<br />

sollen, Kooperationen zwischen Großfirmen,<br />

mittelständischen Unternehmen<br />

und wissenschaftlichen Einrichtungen in<br />

der Hauptstadtregion zu befördern und<br />

die Wettbewerbsfähigkeit der zumeist<br />

kleinen Unternehmen zu steigern.<br />

Brandenburgs Potenziale in den Optischen<br />

Technologien reichen allerdings<br />

weit über die augenoptische Tradition in<br />

Rathenow hinaus. Seit 2011 fördert das<br />

Land in seiner gemeinsamen Innovationsstrategie<br />

mit dem benachbarten Berlin<br />

das Cluster Optik. Beide Länder setzen<br />

auf die Hightech-Branche als Wachstumsmotor.<br />

Dahinter verbirgt sich eine<br />

breite Palette an Technologien – von<br />

der Massenproduktion von Lichtquellen<br />

und Leuchten über die Laser-, LED- und<br />

Photodiodenherstellung bis hin zu anspruchsvoller<br />

Messtechnik für die ganze<br />

Breite des optischen Spektrums oder<br />

zu Komponenten und Systemen für optische<br />

Kommunikationsnetze und die Medizintechnik.<br />

Dabei profitieren die Brandenburger<br />

Unternehmen auch von der<br />

Forschungsdichte in der Hauptstadtregion.<br />

Zehn Hochschulen und 26 außeruniversitäre<br />

Einrichtungen forschen zu<br />

Themen rund um die Optischen Technologien<br />

und die Mikrosystemtechnik,<br />

davon elf in Brandenburg.<br />

Modische Optik aus dem Hause Fielmann.<br />

So konnten sich beispielsweise die drei<br />

Brandenburger Speckgürtel-Kommunen<br />

Teltow, Stahnsdorf und Kleinmachnow<br />

als Anziehungspunkt für Unternehmen<br />

der Laser-, Mess- und Kommunikationstechnik<br />

profilieren. Innovative Unternehmen<br />

wie die HIGHYAG Lasertechnologie<br />

GmbH, einer der weltweit<br />

führenden Anbieter in der Lasermaterialbearbeitung,<br />

der 2014 seinen Firmensitz<br />

in den Europarc Dreilinden in Kleinmachnow<br />

verlegte und seither dort weiter<br />

expandiert, oder der Laserhersteller<br />

Newport Spectra Physics GmbH in<br />

Stahnsdorf haben sich mittlerweile in<br />

der Region im Schatten der Hauptstadt<br />

angesiedelt.<br />

W+M<br />

www.WundM.info <strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> | 4/2015

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