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WIRTSCHAFT+ MARKT

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22 | W+M SERIE BRANDENBURG<br />

Dietmar Woidke im Gespräch mit W+M-Herausgeber Frank Nehring.<br />

ZUR PERSON<br />

Dietmar Woidke wurde am 22. Oktober<br />

1961 in Naundorf bei Forst geboren.<br />

Er studierte Landwirtschaft und Tierproduktion<br />

an der Berliner Humboldt-<br />

Universität. In der Wendezeit arbeitete<br />

Woidke als wissenschaftlicher Assistent<br />

am Berliner Institut für Ernährungsphysiologie.<br />

1993 trat er in die SPD ein<br />

und gehört seit 1994 dem Brandenburger<br />

Landtag an. Er fungierte bereits als<br />

Landwirtschafts- und Innenminister.<br />

Seit dem 28. August 2013 ist Dietmar<br />

Woidke Ministerpräsident in Brandenburg.<br />

Er ist verheiratet und Vater einer<br />

Tochter.<br />

was ich nicht glaube. Deshalb geht es bei<br />

diesem Thema nicht nur um die Braunkohle<br />

und um die Energiewirtschaft, sondern<br />

um die Zukunft der deutschen Industrie<br />

als Erzeuger des Wohlstands in<br />

Deutschland.<br />

Zudem: Wir Ostdeutschen wissen, was<br />

Strukturbrüche bedeuten, was sie mit<br />

Regionen und Menschen machen. Dieser<br />

Vorschlag ist auch deshalb für uns<br />

nicht akzeptabel, weil er uns die Chance<br />

nimmt, einen perspektivisch sicher irgendwann<br />

nötigen Strukturbruch langfristig<br />

zu gestalten und sozial abzufedern.<br />

Das weiß der Bundeswirtschaftsminister.<br />

Aber wir sind dabei, eine Lösung zu<br />

finden, die nicht nur für die Braunkohlewirtschaft,<br />

sondern für die gesamte deutsche<br />

Industrie verträglich ist.<br />

W+M: Gibt es in Ihrem Land, in dem das<br />

Lohnniveau in vielen Bereichen eher niedrig<br />

ist, Anzeichen, dass der seit Anfang<br />

Januar 2015 geltende Mindestlohn Probleme<br />

in einzelnen Branchen bereitet?<br />

Dietmar Woidke: Negative Auswirkungen<br />

mit Blick auf den Arbeitsmarkt können<br />

wir gegenwärtig nicht feststellen.<br />

Ich bin sicher, dass er nicht zu einem Abbruch<br />

der Nachfrage nach Dienstleistungen<br />

führen wird. Vielmehr sorgt der Mindestlohn<br />

mit dafür, dass sich mehr Menschen<br />

wieder Dienstleistungen leisten<br />

können, weil sie selbst mehr verdienen.<br />

Der Mindestlohn ist aus meiner Sicht aus<br />

zwei weiteren Gründen wichtig: zum einen<br />

für die Fachkräftesicherung. Und für<br />

uns in Ostdeutschland ist von großer Bedeutung,<br />

dass wir den gleichen Mindestlohn<br />

wie in Westdeutschland haben.<br />

W+M: Muss die Sonderförderung Ost<br />

nach Ablauf des Solidarpaktes Ende 2019<br />

fortgesetzt werden?<br />

Dietmar Woidke: Der Solidarpakt läuft<br />

aus und es wird ihn in dieser Form nicht<br />

mehr geben. Was wir deshalb brauchen,<br />

ist Verlässlichkeit in Bezug auf die weitere<br />

finanzielle Basis, mit der wir rechnen<br />

können. Die Ostländer haben einen Aufholprozess<br />

hinter sich, wir sind aber noch<br />

nicht auf Augenhöhe. Wir sind auf einem<br />

guten Weg, aber wir brauchen noch einige<br />

Jahre, um das westdeutsche Niveau,<br />

beispielsweise bei Steuereinnahmen,<br />

Wirtschaftskraft und Bruttosozialprodukt<br />

zu erreichen. Das heutige System<br />

hat sich bewährt. Es belohnt die starken<br />

Länder und hilft den schwächeren, übrigens<br />

auch in Westdeutschland. Ich bin<br />

optimistisch, dass wir zu einer guten Lösung<br />

kommen und vertraue darauf, dass<br />

wir auf der Basis des bestehenden Länderfinanzausgleichs<br />

ein besseres System<br />

finden. Etwas Schlechteres werden<br />

wir nicht akzeptieren. Und das kann ich<br />

für alle ostdeutschen Ministerpräsidenten<br />

sagen.<br />

W+M: Gibt es ein besonderes Verhältnis<br />

zwischen den ostdeutschen Ministerpräsidenten?<br />

Dietmar Woidke: Wir sind uns so sehr einig,<br />

dass wir fast untergehakt in Pressekonferenzen<br />

gehen könnten. Das hängt<br />

einfach damit zusammen, dass wir gleiche<br />

Erfahrungen, dieselben Dinge durchgemacht<br />

haben, und mit denselben Problemen<br />

konfrontiert sind. Daher braucht<br />

es oft nicht vieler Worte.<br />

W+M: Verraten Sie uns Ihre Gedanken,<br />

wenn Sie in einer ruhigen Minute darüber<br />

nachdenken, welchen Weg der Mensch<br />

Dietmar Woidke im zurückliegenden Vierteljahrhundert<br />

gegangen ist?<br />

Dietmar Woidke: Man steht jeden Tag<br />

vor neuen Herausforderungen und ist<br />

mehr mit dem Blick nach vorn beschäftigt.<br />

Aber wenn ich zurückschaue, dann<br />

macht es mich unheimlich stolz, dass ich<br />

Ministerpräsident eines Landes sein darf,<br />

das so starke Menschen hat. Die es geschafft<br />

haben, nach den vielen schwierigen<br />

Jahren das Land so weit voranzubringen<br />

und so modern, attraktiv und selbstbewusst<br />

zu machen, wie es Brandenburg<br />

heute ist.<br />

<br />

Interview: Frank Nehring<br />

<strong>WIRTSCHAFT+</strong><strong>MARKT</strong> | 4/2015

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