Jens Peter Clausen: Historisch-kritischer Bibel-Überblick
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<strong>Jens</strong> <strong>Peter</strong> <strong>Clausen</strong>: <strong>Historisch</strong>-<strong>kritischer</strong> <strong>Bibel</strong>-Überblick 43<br />
Abschließend M. Sweeneys Modell der Jesajabuchentstehung:<br />
1) Worte des historischen (Proto-)jesaja<br />
a) Frühverkündigung und Zeit des syrisch-efraimitischen Krieges 736 – 732 v. Chr.: 6,1-11;<br />
1,21-31; *2; 5,1-24; *7 – 9,6; vielleicht 15 – 16; 29,15-24<br />
b) Zur Zeit des Untergangs des Nordreiches 724 – 720 v. Chr.: 5,25-30; 9,7 – 10,4; 10,5-19;<br />
14,24-27; *17; 18; 28,1-4; 29,1-14<br />
c) Hiskijas Vorbereitungen gegen Assyrien und der Aufstand selbst 715 – 701 v. Chr.: 1,2-18;<br />
3 – 4,1; 22; *28; 30,1-7; 31,1-3; 32,9-14.<br />
2) Das joschijanische Jesajabuch aus Kap. 5 – 12; *14 – 23; 27 – 32; 36 – 37: In manchen<br />
Texten scheint der Niedergang des assyrischen Reiches hundert Jahre nach Jesaja Ende des 7.<br />
Jh. n. Chr. vorausgesetzt (14,24-27; 30,27-33; 8,23b-9,6); daher läßt sich eine „Assur-Redaktion“<br />
des (Proto-)Jesajabuches in der Joschijazeit erschließen. In dieser Redaktion wurden<br />
mehrere thematische Blöcke zu einem Buch verbunden: die Anti-Assur-Sprüche (5 – 12),<br />
Völkersprüche (*14 – 23; 27) und Sprüche über Jerusalem mit der Ankündigung eines messianischen<br />
Retters (28 – 32). Stellenweise formuliert die Assur-Redaktion ganz neue Texte<br />
(z. B. 7,1-4.10.18f.21-25; Kap. 27; 32,1-8.15-20) und fügt als geschichtlichen Abschluß die<br />
aus 2. Kön. 18 – 19 übernommenen Kap. 36 – 37 hinzu.<br />
3) Eine nachexilische Ausgabe um 520 – 515 v. Chr. aus Kap. *2 – 32, 35 – 55 und 60 – 62:<br />
Proto- und Deuterojesaja werden zu einem Großbuch vereinigt<br />
4) Die Endredaktion des Jesajabuches Mitte oder Ende des 5. Jh. v. Chr. Diese Redaktion ist<br />
verantwortlich für 1,1.19f.27f.; 2,1; 4,3-6; 33f.; 56 – 59; 63 – 66.<br />
Jeremia (hebr. „Jahwe erhöht“), Prophet 626 – 586 v. Chr.<br />
Gliederung: Kap. 1 – 25,14 überwiegend Gerichtsworte gegen Juda; 25,15-38: der Zornbecher<br />
für alle Völker; 26 – 45 Berichte über Jeremia in der dritten Person (darin 30 – 35: Heilsworte<br />
für Juda und Israel); 46 – 51 zehn Worte über Fremdvölker; 52 geschichtlicher Anhang.<br />
Text: die griechische Fassung (LXX) weicht in der Textreihenfolge ab: die Fremdvölkerworte<br />
Kap. 46 – 51 + 25,15-38 folgen in der LXX bereits nach 25,13, sie sind daher dort als 25,14 –<br />
32,38 gezählt. Damit hat das grch. Jeremiabuch das auch bei anderen Propheten (vgl. Protojesaja,<br />
Ezechiel, Zefanja) übliche Aufbauschema: Gerichtsworte gegen das eigene Volk – Worte<br />
gegen Fremdvölker – Heilsworte. Außerdem entspricht in der LXX die Reihenfolge auch<br />
innerhalb des Fremdvölkerblocks nicht dem hebr. Text (griech.: Elam, Ägypten, Babel,<br />
Philister, Edom, Ammon, Kedar/Hazor, Damaskus, Moab, Zornbecher für die Völker; hebr.:<br />
Zornbecher für die Völker, Ägypten, Philister, Moab, Ammon, Edom, Damaskus, Kedar/Hazor,<br />
Elam, Babel). Ferner ist der grch. Text um etwa ein Achtel kürzer als der hebräische (es<br />
fehlen u. a. *2,1f.; *7,1f.; *8,10-12 [Dublette zu 6,13-15]; *10,6-10; 17,1-4; 27,1.7.*13f.*18-<br />
21f.; *29,15-19; 30,10f.22; 33,14-26; 39,4-13; 46,1.26; 51,45-48; 52,2f.15.28-30). Schon länger<br />
wurde vermutet, daß die griechische Fassung eine hebräische Vorlage gehabt haben muß;<br />
durch Qumranfragmente konnte diese nachgewiesen werden. Die Priorität gebührt im allgemeinen<br />
dem griech. Jeremiatext und seiner fragmentarisch erhaltenen hebr. Vorlage; der voll<br />
überlieferte hebräische Text (Masoretentext) repräsentiert ein späteres Stadium.<br />
Person: Jeremia stammte aus einer Priesterfamilie in Anatot wenige Kilometer nördlich von<br />
Jerusalem. Er dürfte um 650 v. Chr. geboren sein. Ob er ein Nachkomme des von Salomo<br />
nach Anatot verbannten Priesters Ebjatar ist (1. Kön. 2,26), muß Spekulation bleiben. Im Gegensatz<br />
zu Ezechiel ist eine priesterliche Prägung von Jeremias Botschaft nicht erkennbar. Im<br />
dreizehnten Jahr des Königs Joschija, d. h. 627/26 v. Chr., wurde Jeremia zum Propheten berufen<br />
(Jer. 1,2f.; 25,3). Die Bewohner von Anatot untersagten Jeremia, im Namen Gottes zu<br />
reden, und wollten ihn sogar umbringen (11,18-23). Merkwürdigerweise findet sich im Buch<br />
Jeremia keine Reaktion auf Joschijas Kultreform. Erst unter Jojakim meldet sich Jeremia wieder<br />
zu Wort, um 608 v. Chr., nachdem er etwa ein Jahrzehnt geschwiegen hatte und inzwischen<br />
nach Jerusalem übergesiedelt war. Da das Volk sich vom Unrecht nicht abwendete,