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Jens Peter Clausen: Historisch-kritischer Bibel-Überblick

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<strong>Jens</strong> <strong>Peter</strong> <strong>Clausen</strong>: <strong>Historisch</strong>-<strong>kritischer</strong> <strong>Bibel</strong>-Überblick 9<br />

3. Buch Mose (Leviticus): v. a. kultische Bestimmungen aus späterer Zeit, die noch am Sinai<br />

verortet werden sollen, erzählender Stoff findet sich nur in Kap. 10 (Tod Nadabs und Abihus).<br />

Kap. 1 – 7 die Hauptarten der Opfer; 8 – 10 Priesterweihe, Beginn des Opferdienstes;<br />

11 – 15 Gesetze über Rein und Unrein; 16 der Versöhnungstag; 17 – 26 das sog. Heiligkeitsgesetz;<br />

27 über Gelübde und Weihegaben.<br />

4. Buch Mose (Numeri): Kap. 1 – 10,10 Geschehen noch am Sinai, u. a. Zählung der Stämme<br />

und weitere Gesetze; 10,11 – 21,35 Israels weitere Wanderung über Kadesch bis in das<br />

Gebiet von Moab; 22 – 24 Bileam; 25 – 36 Israels Zug bis an die Grenzen des verheißenen<br />

Landes.<br />

5. Buch Mose (Deuteronomium): Kap. 1 – 3 erste Einleitungsrede; 4,1-44 Ergänzungen; 4,45<br />

– 11,32 zweite Einleitungsrede; 12 – 25 Gesetzescorpus; 26 liturgische Anhänge dazu; 27<br />

– 34 Schlußrahmung, teils des Deuteronomium (27 – 30), teils des mehr des Pentateuch<br />

(31 – 34).<br />

Zur Forschungsgeschichte: Daß Mose nicht Verfasser des Pentateuch sein kann, wurde seit<br />

der frühen Neuzeit erkannt, u. a. von dem Reformator Andreas Bodenstein, genannt Karlstadt<br />

(De canonicis scripturis Libellus, 1520) sowie den Philosophen Thomas Hobbes (Leviathan,<br />

1651) und Baruch Spinoza (Tractatus theologico-politicus, 1670). Nach der sog. „traditionellen<br />

Urkundenhypothese“ sind Mose 1 – 4 (das Tetrateuch) folgenden Quellenschriften zuzuweisen:<br />

Jahwist, Elohist (beide vereint zum Jehowist) und Priesterschrift. Diese Erkenntnis<br />

geht wesentlich auf Julius Wellhausen und seine grundlegenden Werke „Die Composition des<br />

Hexateuchs“ und „Prolegomena zur Geschichte Israels“ zurück (19. Jh.). In jüngerer Zeit<br />

werden in der Pentateuchforschung neben dem klassischen Quellenmodell, das die Grundlage<br />

der nachfolgenden Darstellung bildet, zahlreiche weitere Entwürfe diskutiert (Erzählkranzmodelle,<br />

synchrones Diskursmodell).<br />

Jahwist: entstanden um 950 v. Chr. im judäischen Süden, in der davidisch-salomonischen<br />

Epoche, der verwendete Gottesname ist Jahwe. Der Jahwist ist die theologisch belangreichste<br />

Quellenschrift der Tora. Vorausgesetzt, die Urgeschichte (Gen. 2,4b – 8,22*) ist<br />

nicht spätvorexeilisch (um 600 v. Chr.), wie von der Schule E. Zengers angenommen, sondern<br />

eigenes Werk des Jahwisten, wie von vielen anderen Forschern angenommen, ist der<br />

Jahwist zugleich das älteste überhaupt bekannte epochenübergreifende Geschichtswerk der<br />

Welt. (Der Asteriskus * wird gesetzt, wenn eine <strong>Bibel</strong>stelle nicht ausschließlich aus der<br />

angegebenen Quelle stammt). Erkennbar jahwistische Abschnitte im Tetrateuch finden sich<br />

in Gen., Ex. und Num. Korrespondierend zu seinen Landverheißungen Gen 12,7 und Ex.<br />

3,8* endete der Jahwist wahrscheinlich mit einer Landnahmeerzählung; diese wird in<br />

Num. 22 – 24* mit Anteilen in Num. 25,1-5 und 32 [M. Noth] oder Ri. 1,1 – 2,5 [Meyer<br />

u. a.] vermutet. Die Unterteilung in einen älteren Jahwist (Eißfeldt: Laienquelle, Fohrer:<br />

Nomadenquelle) und in einen jüngeren ist umstritten. Sicher ist aber, daß der Jahwist ältere<br />

Überlieferungen aufnahm, ohne sie ganz aneinander anzugleichen (z. B. setzt die Völkertafel<br />

Gen. 10 verschiedene Völker und Sprachen voraus, die Sage vom Turmbau zu Babel in<br />

Gen. 11 geht aber noch von einer einheitlichen Ursprache aus).<br />

Die Gestalt Jahwes wird verwendet, um die Einzelerzählungen zu verbinden: alle handlungsbestimmenden<br />

Impulse gehen von ihr aus. Zur Verklammerung in sich geschlossener<br />

Blöcke fügt der Jahwist an den Scharnierstellen gerne Jahwe-Reden ein, so das zentrale<br />

Verheißungs- und Segenswort an Abraham Gen. 12,1-3 am Schluß der Urgeschichte. Der<br />

Jahwist deutet geschichtlichen Erfolg durch Jahwes „Mit-Sein“; die Alleinwirksamkeit und<br />

Transzendenz Jahwes wird betont. Der Jahwist weiß von der grundsätzlichen Bosheit des<br />

Menschen (Gen. 8,21) und zeichnet auch seine Hauptpersonen nicht als Idealgestalten, weder<br />

Abraham (seine Lüge in Gen. 12) noch Jakob (seine List in Gen. 27) noch Mose (sein<br />

Totschlag in Ex. 2).

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