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Die gesamte Ausgabe 1/2008 als pdf-Datei - Senioren Zeitschrift ...

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<strong>Senioren</strong>portrait<br />

„Ich habe immer was dazu gelernt!”<br />

Ursula Wöhrmann<br />

Ursula Wöhrmann Foto: privat<br />

Ursula Wöhrmann strahlt etwas<br />

Feines aus. Begegnet man der<br />

schick im klassischen Stil gekleideten<br />

Seniorin zum ersten Mal, mutet<br />

sie fast scheu an. Doch der Eindruck verfliegt,<br />

erlebt man die 72 Jahre alte Frau<br />

im Büro der Bürgerstiftung bei ihrer<br />

ehrenamtlichen Arbeit. Es wird durchaus<br />

viel gelacht, der Ton ist ein herzlicher,<br />

die Atmosphäre locker.<br />

Jeden Morgen zieht es die gebürtige<br />

Bad Mergentheimerin zum malerisch im<br />

Park gelegenen Holzhausenschlösschen.<br />

Zwei Schreibtische stehen im lichtdurchfluteten<br />

Büro, an einem sitzt Ursula Wöhrmann,<br />

am anderen die 29 Jahre alte<br />

Helene Satvary, Mitarbeiterin der Bürgerstiftung.<br />

Manchmal schaut Oscar<br />

vorbei, der Jack Russell Terrier ihres<br />

Chefs Clemens Greve. Dann ist erst einmal<br />

Streicheln angesagt.<br />

Seit acht Jahren arbeitet Ursula Wöhrmann<br />

ehrenamtlich für die Bürgerstiftung.<br />

Als Aufsicht bei Ausstellungen, <strong>als</strong><br />

Redaktionsmitglied, wenn es darum geht,<br />

das neue Programm herauszugeben.<br />

Sie verkauft Eintrittskarten, archiviert<br />

Presseartikel, passt an Kindernachmittagen<br />

darauf auf, dass alles seine Ordnung<br />

hat. „Bürgerstiftungen sind wichtig“, sagt<br />

sie, „denn der Staat kann nicht alles<br />

machen und genau genommen, sind wir<br />

ja der Staat.“ Außerdem verfügten sie über<br />

einen entscheidenden Vorteil: „Staat oder<br />

Wirtschaft können nicht lenken.“ Ursula<br />

Wöhrmann schaut täglich vorbei. Ist morgens<br />

um halb zehn schon da, und es soll<br />

Tage geben, an denen sie erst gegen<br />

Mitternacht das Schlösschen verlasse.<br />

„Ohne sie ginge gar nichts“, sagt Helene<br />

Satvary. „Und das mit dem Computer<br />

werden wir Frau Wöhrmann auch noch<br />

beibringen.“ Da müssen beide lachen,<br />

bisher nämlich ist ihre ehrenamtliche<br />

Helferin ihren Prinzipien treu geblieben,<br />

verzichtet so weit es geht auf moderne<br />

Kommunikationstechnik. Einzige Ausnahme:<br />

der Anrufbeantworter. Ein Handy?<br />

„Man muss nicht immer und überall<br />

erreichbar sein.“<br />

„Bürgerstiftungen sind<br />

wichtig, denn der Staat kann<br />

nicht alles machen...“<br />

42 Jahre, von 1957 bis 1995, hat sie in<br />

der Bibliothek der Frankfurter Industrieund<br />

Handelskammer <strong>als</strong> Quereinsteigerin<br />

gearbeitet, davon 17 Jahre <strong>als</strong><br />

Leiterin. Eine spannende Zeit mit vielen<br />

Veränderungen im Wirtschaftsrecht.<br />

„Man hat eigentlich immer was gelernt“,<br />

sagt Ursula Wöhrmann. Ein<br />

Lebensmotto. Denn nach Ende ihrer<br />

Berufstätigkeit arbeitete sie ehrenamtlich<br />

weiter. Für das Hessische Wirtschaftsarchiv<br />

in Darmstadt pflegte sie<br />

die Akten, wieder eine spannende<br />

Sache mit Lerneffekt. Ursula Wöhrmann<br />

suchte kleinere Traditionsunternehmen<br />

auf, die meist keine Nachfolger in Sicht<br />

hatten. Fälle, in denen die Gefahr bestanden<br />

hätte, dass wichtige historische<br />

Dokumente zur Firmengeschichte später<br />

nicht mehr zu retten gewesen wären.<br />

Firmenbesuche, hautnah, von denen<br />

Ursula Wöhrmann nicht nur Informationen<br />

und wichtige Dokumente wie etwa<br />

Meisterbriefe, sondern auch sinnliche<br />

Eindrücke mitnehmen konnte. An einen<br />

Laden in Bornheim erinnert sie sich noch<br />

genau, mit seiner „Riesentheke, den<br />

Schubladen und vielen Kästchen, in<br />

denen Nägel und Schrauben aufbewahrt<br />

wurden“.<br />

1999 dann suchte die Bürgerstiftung<br />

Helfer für ihr Kinderfest. Ursula Wöhrmann<br />

meldete sich und blieb dem<br />

Hause treu. Wenn Kinder ins Holzhausenschlösschen<br />

kommen, freut das<br />

Ursula Wöhrmann, die selbst ledig und<br />

kinderlos geblieben ist, ganz besonders.<br />

„Schön ist es aber“, sagt sie, „wenn<br />

auch mal Kinder aus anderen Stadtteilen<br />

wie dem Gallus kommen, denn hier im<br />

Holzhausenviertel sind letztlich doch alle<br />

privilegiert.“ Dann aber sagt sie noch<br />

etwas, was ihr wichtig erscheint: „Als<br />

Kind privilegiert zu sein, bedeutet nicht<br />

unbedingt, glücklich zu sein. Da gibt es<br />

auch Trennungen der Eltern, nur dass<br />

die Kinder dann zur Kinderfrau gebracht<br />

werden“.<br />

Bestimmte Momente ihres Ehrenamtes<br />

genießt sie besonders intensiv. Vor<br />

einigen Jahren präsentierte die Bürgerstiftung<br />

zum Beispiel den Nachlass Otto<br />

Hahns. Das war für sie ein besonderes<br />

Erlebnis: „Seine Nobelpreismedaille in<br />

den Händen zu halten, war wunderbar.“<br />

Ursula Wöhrmann hätte nach ihrem<br />

Berufsende auch zur Universität des<br />

3. Lebensalters gehen können. Aber sie<br />

wollte nicht so eingespannt sein. Denn<br />

sie ist auch gerne in Deutschland unterwegs.<br />

Eins kann sie so gar nicht nachvollziehen:<br />

„Dass es manche Menschen<br />

seit der Wiedervereinigung noch nicht<br />

geschafft haben, die neuen Länder zu<br />

bereisen.“ Annette Wollenhaupt<br />

SZ 1/<strong>2008</strong><br />

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