24.11.2012 Aufrufe

Die gesamte Ausgabe 1/2008 als pdf-Datei - Senioren Zeitschrift ...

Die gesamte Ausgabe 1/2008 als pdf-Datei - Senioren Zeitschrift ...

Die gesamte Ausgabe 1/2008 als pdf-Datei - Senioren Zeitschrift ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Freizeit & Unterhaltung<br />

Im Kaffeehaus herrscht eine besondere Atmosphäre von Genuss<br />

und Gemütlichkeit, gepaart mit einem Hauch von Bohème.<br />

Fotos (2): Deutscher Kaffeeverband<br />

„C-a-f-f-e-e, trink<br />

nicht so viel Kaffee!”<br />

So warnt der berühmte Kanon Carl Gottlieb Herings seit<br />

dem 19. Jahrhundert vor dem schwarzen „Türkentrank“.<br />

Aber es half nichts: Der Siegeszug des Kaffees ist in Europa<br />

seit dem 17. Jahrhundert ungebrochen, und nach wie vor laden<br />

die verschiedensten Kaffeehäuser dazu ein, ihn zu genießen.<br />

Auch in Frankfurt gab und gibt es einige Traditionshäuser.<br />

Neben modernen Espressobars oder den amerikanischen<br />

Kaffeebars, zahlreichen Anbietern von „Coffee-to-Go“, Bäckereien,<br />

die Kaffee zum Kuchen reichen, und türkischen Kaffeehäusern,<br />

kulturelle Treffpunkte türkischer Männer, gibt es<br />

sie noch: <strong>Die</strong> Kaffeehäuser, in denen Nostalgiker sich verwöhnen<br />

lassen. Kaffeehaus – das Wort vermittelt aus deutscher<br />

Sicht eine Atmosphäre von Genuss und Gemütlichkeit,<br />

aber auch einen Hauch von Literatur, Kultur, Kunst, vielleicht<br />

sogar Bohème.<br />

Eine europäische Institution?<br />

Fragt man in den Grenzgebieten des politischen Europas<br />

danach, was „europäische Kultur“ sei, wird das Kaffeehaus<br />

sicherlich mit <strong>als</strong> erstes genannt. Sich zu treffen, Zeitung zu<br />

lesen, Neuigkeiten auszutauschen, zu diskutieren, das sind<br />

64 SZ 1/<strong>2008</strong><br />

Funktionen, die das Kaffeehaus innehatte und hat, und die<br />

man im östlichen Europa lange vermisste. Tatsächlich ist das<br />

Kaffeehaus in Europa über die Jahrhunderte zu einer Institution<br />

geworden. Arme Schriftsteller, große Denker, rebellische<br />

Künstler und mutige Frauenrechtlerinnen tauschten sich hier<br />

aus. Das Kaffeehaus ist jedoch nicht nur europäisch, sondern<br />

multikulturell. Seine Geschichte ist eine Geschichte von Migration<br />

und weltweitem Handel.<br />

Von Sklaven und Karawanen<br />

Der Kaffee selbst stammt ursprünglich aus der Region Kaffa<br />

im Südwesten Äthiopiens. Der Legende nach sollen Hirten<br />

bemerkt haben, dass einige Ziegen nach dem Knabbern an<br />

Kaffeesträuchern munterer waren <strong>als</strong> der Rest der Herde.<br />

Mönche eines nahe gelegenen Klosters bereiteten daraufhin<br />

aus den Früchten des Strauchs einen Aufguss und konnten<br />

dann bis tief in die Nacht hinein beten und miteinander reden.<br />

Von Äthiopien aus, wo man den Kaffee bereits im neunten<br />

Jahrhundert kannte, gelangte er im vierzehnten Jahrhundert<br />

durch Sklavenhändler auf die arabische Halbinsel. Einhundert<br />

Jahre später breitete er sich vom Handelszentrum Mocha,<br />

auch Mokka, zunächst über die arabische Halbinsel aus. <strong>Die</strong><br />

Handelskarawanen pausierten an den ersten Kaffeehäusern,<br />

den „Mokeijas“. <strong>Die</strong>se boten nicht nur Kaffee an, sondern waren<br />

auch Unterkünfte für Händler, Pilger und Reisende.<br />

<strong>Die</strong> Türken entdeckten den Kaffee mit ihrer Eroberung Ägyptens.<br />

In Konstantinopel wurde 1554 das erste Kaffeehaus eröffnet.<br />

Es kamen Leute von Stand, wie Kadis, Offiziere oder<br />

auch Literaten, die spielten oder gelehrte Gespräche führten.<br />

Mit der Ausdehnung des Osmanischen Reiches verbreiteten<br />

sich auch die Kaffeehäuser weiter.<br />

Berühmte „Kaffeetanten”<br />

Venezien, Frankreich, England waren die Stationen des<br />

Kaffees im 17. Jahrhundert. Keine Geringeren <strong>als</strong> Casanova,<br />

Montesquieu und Rousseau schwärmten von der Atmosphäre<br />

der Kaffeehäuser. Das erste deutsche Kaffeehaus<br />

wurde 1677 in Hamburg eröffnet. Frankfurt folgte 1689, wo<br />

Jacob Thomas in der Nähe des Römers eine Kaffeeschänke<br />

aufmachte. In Leipzig, München und Berlin jedoch entstanden<br />

die berühmtesten deutschen Kaffeehäuser. Es war allerdings<br />

der Frankfurter Johann Wolfgang Goethe, der auf die<br />

Idee kam, Kaffeebohnen zu destillieren. Gesagt, getan: Der<br />

Chemiker Friedlieb Ferdinand Runge entdeckte dabei das<br />

Koffein und ermöglichte dadurch die Herstellung entkoffeinierten<br />

Kaffees.<br />

Politik, Literatur und Konditorei<br />

Während in Frankreich und England bereits die ersten Kaffeehäuser<br />

kulturelle und politische Stätten waren, hatten die<br />

deutschen im Vergleich dazu einen spießbürgerlichen Charakter.<br />

In London beispielsweise waren die Kaffeehäuser immer<br />

Orte politischer Opposition. <strong>Die</strong> dort ausgeheckten Pamphlete<br />

wurden von der Regierung gefürchtet und bildeten später eine<br />

eigene Literaturgattung. Europaweit wurden die Kaffeehäuser<br />

durch die Ereignisse um 1848 zu politischen Foren. In Frankfurt<br />

war das „Café Milani“ ein Treffpunkt konservativer Abge-

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!