anfänge - Stadtsportbund Bonn eV
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ANFÄNGE<br />
wurde. Für Preise an die Sieger waren in der „Lustbarkeits-Steuerordnung“<br />
je nach Wert steigende Sätze vorgesehen.<br />
Betroffen: „Fußballclubs und Turnvereine sowie<br />
die übrigen ernstlichen sportlichen Veranstaltungen.“<br />
Preiskegeln oder „unvernünftige Kirmeßgeschichten“<br />
wurden ohnehin besteuert.<br />
Es kam zu wortreichen Auseinandersetzungen im Stadtrat.<br />
Besonders der Stadtverordnete Ferdinand August<br />
Schmidt bekämpfte die Vorschläge. General-Anzeiger<br />
vom 1. Februar 1908: „Eine sportliche Veranstaltung ist<br />
keine öffentliche Lustbarkeit, sondern eine Gelegenheit,<br />
bei der junge Leute ihre Kräfte stählen und im Wettkampf<br />
gegeneinander erproben. Turnvereine hätten ohnehin<br />
seit Jahren kein Eintrittsgeld erhoben. Und auch die Fußballclubs<br />
so lange nicht, wie sie den Hofgarten benutzten.<br />
Jetzt aber hätten sie ein teures Grundstück am<br />
Baumschuler Wäldchen gepachtet. Aber die 50 Leute, die<br />
dahin kommen und Eintrittsgeld bezahlen, bringen der<br />
Stadt höchstens 2.50 Mark Steuern ein, denn die Zaungäste<br />
bezahlen nichts.“<br />
Den Aufwand für die Vereine mag der Sportfreund etwas<br />
dramatisiert haben: „Der Kassierer muss erst aufs Rathaus<br />
und die Sache anmelden und 15 Groschen Stempel<br />
zahlen. Die Billets müssen abgestempelt werden und<br />
nachher muss der junge Mann nochmals zur Abrechnung<br />
hin. Da solche Wettspiele ziemlich häufig vorkommen,<br />
könnte der Arbeitgeber des Kassierers schließlich sagen,<br />
Sie gehen entweder aus dem Verein oder aus meinem<br />
Geschäft.“ Polemisch auch der Hinweis auf die jungen<br />
Leute, die den ganzen Sonntag in der Wirtschaft Skat<br />
spielten, bei denen die Stadt auch nicht abkassiere.<br />
100 Jahre SSB <strong>Bonn</strong> e.V.<br />
Fazit: Der ernstliche Sport wurde von der Luststeuer verschont,<br />
allerdings mit Einschränkungen. Bei Siegprämien<br />
im Wert von mehr als 100 Mark gehen 35 Mark in die<br />
Stadtkasse, liegt der Geldwert über 300 Mark, sind es<br />
45 Mark. Vergeblich verwahrte sich der Stadtverordnete<br />
Simon gegen das Argument, dass es bei Preisen von mehr<br />
als 100 Mark nicht mehr um Sport, sondern nur noch um<br />
Kommerz gehe: „Beim Tennisspiel und beim Eislauf kommen<br />
zwar hohe Preise zur Verteilung, darum steht dieser<br />
Sport doch ebenso hoch wie ein anderer.“ Das Basta von<br />
Oberbürgermeister Spiritus beendete die Diskussion:<br />
„Die Herrschaften, die diesem Sport huldigen, können<br />
auch die Steuer tragen.“<br />
Durch den Ermäßigungsbeschluss gingen dem Stadtkämmerer<br />
geschätzte Einnahmen in Höhe von etwa 5000 Mark<br />
verloren. Die Einnahmen aus der Hundesteuer blieben mit<br />
24000 Mark unverändert.<br />
Ferdinand August Schmidt, der so erfolgreich gegen die<br />
Luststeuer gekämpft hatte, war der Übervater des <strong>Bonn</strong>er<br />
Sports. Schon 1882 hatte er den „Verein für Körperpflege“<br />
gegründet, der zuletzt seine Tätigkeit eingestellt hatte.<br />
1908 wurde er als Vereinigung <strong>Bonn</strong>er Turn- und Sportvereine<br />
wiederbelebt. Vorsitzender bis 1919: natürlich F. A.<br />
Schmidt. Das war die Keimzelle des heutigen Stadtsport-<br />
Bundes. Ziel: Organisation einer jährlich stattfindenden<br />
Mini-Olympiade. Der General-Anzeiger vom 13. Januar<br />
1908: „Vaterländische Festspiele unter Mitwirkung aller<br />
Vereine, die sich die Pflege der Leibesübungen angelegen<br />
sein lassen, sollen im Sommer hier stattfinden, und zwar,<br />
wenn möglich in der Gronau. Eine Versammlung der in<br />
Betracht kommenden Vereine hat am Samstag abend dem<br />
Plane der Festspiele einstimmig zugestimmt.“ Als ewigen<br />
Wanderpreis stiftete der <strong>Bonn</strong>er Turn-Verein von 1860<br />
einen Bronzeabguss der „Schmidt-Plakette“, die man<br />
dem Professor als Dank für 25-jährige Vorstandsarbeit<br />
verliehen hatte. Erster Gewinner: der <strong>Bonn</strong>er Schwimmverein;<br />
aber nur, weil die <strong>Bonn</strong>er Athleten-Gesellschaft<br />
freiwillig verzichtete. Das galt damals als Zeichen der Eintracht<br />
unter den Vereinen.<br />
Die Spiele, an denen 15 Vereine teilnahmen, lockten am<br />
30. August 1908 Tausende <strong>Bonn</strong>er in die Gronau. Zwischen<br />
Stadthalle mit Bierkirche und Bismarckturm gab es<br />
Fußball, Faustball, Schlagball, aber auch Eilbotenlauf<br />
oder Dauerstemmen. Im Saal siegte der Radklub Schwalbe<br />
in Radball und Reigenfahren. Segelwettbewerbe auf<br />
dem Rhein und ein Drei-Kilometer-Schwimmen im 18 Grad<br />
Celsius kalten Strom faszinierten die Zuschauer. Der veranstaltende<br />
Festausschuss war zufrieden: „Nichts ist<br />
geeigneter, eine Nation jung zu erhalten, als der Sport;<br />
denn er verlangt freudige selbstlose Hingabe, zähe Ausdauer,<br />
harte Entbehrungen und ernste Arbeit.“<br />
Alt und Neu: das Ernst-Moritz-Arndt Haus war lange Jahre<br />
dieeinzige Sportstätte <strong>Bonn</strong>s Foto:Ronald Friese