Glückwunsch, Dipl.-Ing.! - TU9
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überhaupt eine Fülle von Anregung und Einwirkung ermöglichen“,<br />
rief Wilhelm II. den Festgästen zu. „Sie sind<br />
zu großen Aufgaben berufen!“ Ergänzend rügte er die<br />
verhassten Sozialdemokraten: „Die bisherigen Richtungen<br />
haben ja in sozialer Beziehung vollständig versagt.<br />
Ich rechne auf die technischen Hochschulen.“<br />
Was aber in den Augen aller Beteiligten mindestens genauso<br />
wichtig war, brachte der Rektor in seiner Replik<br />
zur Sprache: „Die Ausgestaltung der deutschen Kriegsflotte<br />
ist die nächste große Aufgabe des neuen Jahrhunderts,<br />
des Deutschen Reiches und der Technik. Unsere<br />
Hochschule wird mit allen Kräften an dem großen nationalen<br />
Ziele mitarbeiten.“ Auch dies gehört zur Geschichte<br />
des <strong>Dipl</strong>.-<strong>Ing</strong>.<br />
Es wuchsen den <strong>Ing</strong>enieuren soziales und politisches Gewicht<br />
sowie ein Selbstbewusstsein zu, die elitäre akademische<br />
Besitzstandswahrer mit Recht um ihr Prestige<br />
und ihre singuläre gesellschaftliche und wissenschaftliche<br />
Stellung bangen ließen. Die Emporkömmlinge strebten<br />
Augenhöhe mit Bildungsbürger- und Beamtentum in<br />
jeder Hinsicht an. Zu lange mussten sich die lehrenden<br />
Techniker im Vergleich zu den Universitätsprofessoren,<br />
deren Macht, Privilegien und sozialem Status wie Under-<br />
Gleichberechtigte Anerkennung:<br />
Maschinenbau-Professor<br />
Franz Grashof stritt für das<br />
technische Staatsexamen in<br />
allen Fachrichtungen.<br />
GESCHICHTE DES DIPL.-ING.<br />
dogs vorkommen. Die Konfrontation zwischen Praktikern<br />
und Theoretikern, zwischen „Unwissenschaftlichen“<br />
und „Weltfremden“, zwischen praktischer und zweckfreier<br />
Bildung nahm an Schärfe zu. Es ging ums Prinzip.<br />
Die Universitäten hatten die Wissenschaftlichkeit allein<br />
für sich gepachtet. Alles andere und alle anderen waren<br />
zweitrangig.<br />
Leitbild war der technische Staatsbeamte<br />
Wenig adelig mutet die Herkunft der Technischen<br />
Universitäten aus den polytechnischen Schulen, den Gewerbe-<br />
und Industrieschulen, dem preußischen Gewerbeinstitut,<br />
den Bau- und <strong>Ing</strong>enieurschulen in der Tat an,<br />
wobei allenfalls Architekten und Bauingenieure als künftige<br />
Baubeamte im Staatsdienst mit einer Staatsprüfung<br />
abschließen konnten, Maschinenbauer oder technische<br />
Chemiker hingegen oft nur mit einer Empfehlung ihres<br />
Professors ins Berufsleben entlassen wurden. Immerhin<br />
ebnete sich die kulturelle Distanz zwischen Baubeamten<br />
und Gewerbetechnikern mit der Zeit ein. Die Mathematisierung<br />
der Ausbildung und die Angleichung der<br />
Zugangsvoraussetzungen – einhergehend mit der langsamen<br />
Aufwertung der lateinlosen Oberrealschule – wa-<br />
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