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Konzeptpapier "Sozialpolitik mit Zukunft" - BASS

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5 Welche <strong>Sozialpolitik</strong> braucht die Schweiz?eigenen Kräfte und Anlagen für die Verwirklichung konkreter Zwischenschritte zu mobilisieren. JederMensch bringt daneben auch kaum beeinflussbare Charakteristika <strong>mit</strong> wie körperliche Kennzeichen, einGeschlecht, eine Hautfarbe oder ein Alter. Die zweite Ebene bildet der soziale Nahraum: Dies ist zunächst die Herkunftsfamilie, dann die eigenePaarbeziehung oder Familie, aber auch der Freundes- und Bekanntenkreis, die Nachbarschaft und dasQuartier. Im sozialen Nahraum schaffen persönliche Kontakte Beziehungen, bestehen emotionale Bindungen,die auch für Identität und Sinngebung zentral sind. Das da<strong>mit</strong> verbundene ‹Sozialkapital› ver<strong>mit</strong>teltein gewisses Selbstverständnis dazu, was einem im Leben zusteht und bestimmt so den Horizont derMöglichkeiten <strong>mit</strong>. Als ‹Solidaritätsnetz› sind die nächsten persönlichen Beziehungen grundsätzlich ambivalent.Sie können Unterstützung mobilisieren, aber auch <strong>mit</strong> Belastungen verbunden sein. Zudem ist derKreis der Nächsten manchmal zu klein, um zu tragen. Die dritte Ebene ist das weitere Umfeld der strukturellen Rahmenbedingungen: Darunter verstehenwir die vier grossen Felder Wirtschaft, Gesellschaft, Politik und Kultur, die einzelnen Menschen weitgehendals gegeben und nicht beeinflussbar erscheinen. Wichtig ist beispielsweise der Zugang zum Arbeitsmarktoder ob jemand in einer Migrationssituation lebt.Das Zusammenspiel der Potenziale und Belastungen auf allen drei Ebenen steckt den Handlungsspielraumeines Menschen ab. Dies macht bereits deutlich, dass <strong>Sozialpolitik</strong> im engeren Sinn nur in Vernetzung<strong>mit</strong> anderen Politikbereichen von der Familien- zur Bildungspolitik, von der Arbeitsmarkt- zurMigrationspolitik, von der Regional- zur Steuerpolitik Wirkung entfalten kann. <strong>Sozialpolitik</strong> im weiterenSinn muss diese Dimensionen <strong>mit</strong> umfassen. Tragen nicht alle Politikbereiche das Ihre zur Sicherung dersozialen Wohlfahrt sowie zur Vermeidung und Lösung sozialer Probleme bei, so ist der Sozialstaatzwangsläufig überfordert. Das gemeinsame Ziel muss sein, auf allen drei Ebenen die vorhandenen Potenzialeder Menschen zu fördern und ihre Handlungsspielräume zu erweitern. Das Hauptzielbesteht darin, Menschen Lebensperspektiven zu eröffnen und ihnen zu ermöglichen, die Verantwortungfür ein weitgehend selbst bestimmtes Leben zu übernehmen.Wichtig ist darüber hinaus, dass es immer in eine Lebensgeschichte eingebettete Dynamiken sind,die in soziale Schwierigkeiten hineinführen und <strong>mit</strong> kleineren oder grösseren Chancen verbunden sind,wieder daraus herauszufinden. Selbst Probleme wie konjunkturell bedingte Arbeitslosigkeit, die keinenun<strong>mit</strong>telbaren Zusammenhang <strong>mit</strong> der betroffenen Person haben, wirken <strong>mit</strong> dem individuellen Lebenslaufzusammen. So treffen Entlassungen oft zuerst die Jüngsten oder die Ältesten, die Teilzeitarbeitenden<strong>mit</strong> Familienpflichten, die Tiefqualifizierten, die Migrationsbevölkerung oder die aus gesundheitlichen undsozialen Gründen nicht voll Leistungsfähigen. Nur schon, ob jemand in wirtschaftlich günstigen oderschwierigen Zeiten ins Berufsleben eintritt, kann die Einkommenschancen über das ganze Leben hinwegprägen. Aus der Sicht von Menschen in Schwierigkeiten geht es oft nicht darum, dass ihre Problemlagemöglichst lang durchfinanziert wird. Sie wünschen sich ein besseres, eigenständiges Leben. In diesemSinne löst etwa auch ein grosser Wurf wie das garantierte Grundeinkommen ihre Probleme nicht nachhaltig.Um auf die Dynamiken einwirken zu können, welche in soziale Probleme und daraus hinaus führen, muss<strong>Sozialpolitik</strong> den konkreten Lebenssituationen über den ganzen Lebenslauf hinweg Rechnung tragen. Siemuss lebenslaufsorientiert sein (vgl. Abbildung 1). Dies heisst nicht, dass der Staat die Leute ein Lebenlang von der Wiege bis zur Bahre an die Hand nehmen soll, wie manchmal zynisch behauptet wird. Vielmehrsind Menschen bei jeder der typischen Lebensaufgaben auf gute Rahmenbedingungen angewiesen,da<strong>mit</strong> sie den Rücken frei haben, um selber zu handeln. Die einen finden diese guten Rahmenbedingungenproblemlos im privaten Umfeld, andere sind stärker auf ein zweites, gesellschaftlich gespanntes Netz22

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