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Konzeptpapier "Sozialpolitik mit Zukunft" - BASS

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5 Welche <strong>Sozialpolitik</strong> braucht die Schweiz?ten finanziellen Probleme im Alter betreffen die Armutsfalle Frühpensionierung, auf die wir beim Handlungsbedarfzurückkommen, und die Pflegefinanzierung.Die demografische Alterung ist aber vielleicht stärker noch <strong>mit</strong> einer Herausforderung verbunden, die überGeldfragen hinausgeht: Es werden künftig immer mehr Menschen in den Ruhestand kommen, die keineNachkommen haben. Der nicht existente Nachwuchs wird im Alter keine unbezahlte Hilfe leisten. Geschlechtsspezifischzugespitzt: Die Töchter- und Schwiegertöchterquote geht zurück. Verschärft wird dasPhänomen dadurch, dass auch dort, wo Nachfahren vorhanden sind, die Töchter und Schwiegertöchtervermehrt erwerbstätig sind. Der Ersatz unbezahlter Hilfe durch professionelle Pflegeleistungen ist nichtkostenneutral und bis hin zur Ausbildung des zusätzlich benötigten Personals nicht wirklich durchdacht.5.2 An Potenzialen anknüpfen, Handlungsspielräume erweitern undkostenbewusst bleibenDer Sozialstaat muss nicht alles selber machen, wenn er klug konzipiert ist. Er kann sich auf das selbstverantwortlicheHandeln der Menschen stützen und dort Hilfe leisten, wo dies trotzdem nötig ist. Die Voraussetzungendazu werden im Folgenden ausgeführt.5.2.1 Nur wer hinschaut, wo die Gründe liegen, kann soziale Problemewirksam bekämpfen.Wer mehr als Symptombekämpfung betreiben will, muss sich ernsthaft und über reine Schlagworte hinaus<strong>mit</strong> den sozialen Fragen und gesellschaftlichen Problemen unserer Zeit befassen und bei ihren Ursachenansetzen. Dabei geht es um mehr als nur darum, «die Schuldigen» zu finden. Meist überlagern sichmehrere Faktoren, die bei der Person selber (z.B. Bildung oder Gesundheit), im sozialen Nahraum (z.B.Familienpolitik) oder bei den strukturellen Rahmenbedingungen (z.B. Arbeitsmarktpolitik, Integration derMigrationsbevölkerung) liegen können.Ist jemand schlecht qualifiziert, so findet er oder sie im gegenwärtigen Arbeitsmarkt beispielweise nurschwer eine Stelle. Das ist auch nicht so leicht zu ändern, weil im Kontext der unausweichlichen Globalisierungein Hochlohnland wie die Schweiz im Bereich tiefqualifizierter Tätigkeiten international nicht konkurrenzfähigist. Die Stellen für Tiefqualifizierte im zweiten Sektor von Industrie und Gewerbe sind weitgehendverschwunden. Und Hilfsjobs in anderen Branchen wurden durch Informatik und Automatisierungverdrängt. Ist dazu noch eine Familie zu ernähren und fehlt die Kinderbetreuungsinfrastruktur, ist dieAusgangslage, sich ohne Hilfe durchzubringen, nochmals schlechter. Lebt die Person in einer Migrationssituationund wurde kaum integriert, oder hat sie gesundheitliche Probleme und steht kurz vor dem Rentenalter,beeinträchtigt auch dies ihre Erwerbschancen. Solche Problemkumulationen sind keine Ausnahme,sie sind vielmehr die Regel in der sozialen Wirklichkeit. Sie machen gleichzeitig auch deutlich, dass eineinziges Patentrezept kaum alle Schwierigkeiten auf einen Schlag aus der Welt schafft. Das heisst nochnicht, dass es für jedes Problem ein einzelnes soziales Programm braucht. Wichtiger ist, die Dynamiken zuerkennen, die in soziale Probleme und daraus hinaus führen. Und diese Dynamiken sind <strong>mit</strong> den Handlungschancenund Lebensgeschichten verknüpft.Menschen, die vorübergehend oder bleibend Unterstützung brauchen, haben ihre eigenen Vorstellungenvom guten Leben, ihre eigenen Wünsche, Träume, Pläne. <strong>Sozialpolitik</strong> soll nicht über ihre Köpfe hinwegbetrieben werden, sondern ihre Wahlfreiheit ins Zentrum stellen und ihre Handlungschancen erweitern.Lebensgeschichtlich haben die sozialen Probleme in der Gegenwart oft Gründe, die in der Vergangenheitliegen. Was heute verpasst wird, wird sich also in der Zukunft auswirken: Die nicht geförderten Kinder vonheute etwa sind die Sozialhilfebeziehenden von morgen. Ist das Problem einmal eingetroffen, können die30

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