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Konzeptpapier "Sozialpolitik mit Zukunft" - BASS

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7 GlossarIntegration (und Ausgrenzung)Der Begriff der Integration wird hier nicht auf allein auf Migration bezogen, sondern in einem umfassendenSinn gebraucht und hat eine berufliche, eine soziale und eine kulturelle Dimension. Integration meintnicht eine unkritische Zurichtung auf geltende soziale Normen, sondern hat das Ziel, soziale Chancen zueröffnen. Allein die Überlegung, Integration sei wichtig, dokumentiert, dass in einer Gesellschaft nicht alleautomatisch dazugehören, sondern Gemeinschaften immer auf einer Unterscheidung zwischen «Drinnen»und «Draussen» basieren. Prozesse von Integration und Ausgrenzung bestimmen die Handlungschancenaller Menschen stark <strong>mit</strong>. Was an Sich-Einfügen oder Eingefügt-Werden nötig ist, bleibt auszuhandeln.Die Forderung nach umfassender Angleichung kann kein Ziel sein: Sie setzt den Verlust der eigenen Identitätvoraus und zerstört die gesellschaftliche Vielfalt. Vielmehr meint Integration einen gegenseitigenLernprozess, der ein gutes Zusammenleben auf der Grundlage der Grundwerte der Bundesverfassung undgegenseitiger Achtung und Toleranz ermöglicht und auf individueller Ebene Zugang zum wirtschaftlichen,sozialen und kulturellen Leben der Gesellschaft schafft. Integration setzt sowohl die Offenheit der Aufnahmegesellschaftals auch den Willen der zu integrierenden Person voraus. Im Fall von Ausländerinnenund Ausländern wird erwartet, dass sie sich <strong>mit</strong> den gesellschaftlichen Verhältnissen und Lebensbedingungenin der Schweiz auseinandersetzen und eine Landesprache erlernen.Reale ChancengleichheitDer Begriff der Chancengleichheit bleibt oft reine Theorie, weil nicht <strong>mit</strong>bedacht wird, dass es gewisseRahmenbedingungen braucht, um Chancen wirklich wahrnehmen zu können. Dazu gehören finanzielleMittel, politische Freiheiten, die Zustände zu verändern, soziale Chancen statt Barrieren sowie soziale Sicherheit.In Anlehnung an Amartya Sen wird darum hier der Begriff der realen Chancengleichheit verwendet,um das Ziel möglichst vielfältiger Handlungs- und Verwirklichungschancen aller zu bezeichnen.SchwelleneffekteSchwelleneffekte zeigen sich bei Bedarfsleitungen wie Prämienverbilligungen, Ergänzungsleistungen, Alimentenbevorschussung,reduzierten Krippentarifen und Sozialhilfe. Diese Leistungen werden meistensunter einer bestimmten Einkommensgrenze ausbezahlt. Ein Haushalt, der <strong>mit</strong> etwas mehr Erwerbseinkommeneine solche Grenze überschreitet, kann den Anspruch auf die ganze Leistung verlieren und dadurchauf ein deutlich tieferes verfügbares Einkommen zurückfallen. So lohnt es sich nicht, sein Einkommenzu verbessern – das Bemühen, auf eigenen Beinen zu stehen, wird untergraben. Ähnliche Negativeffektekönnen durch abrupt einsetzende Steuern auf tiefen Einkommen entstehen. Um Schwelleneffektezu minimieren, sind koordinierte Bedarfsleistungs- und Steuersysteme <strong>mit</strong> einem fliessenden Übergangnotwendig.Soziale GerechtigkeitWas dieser Begriff umfasst, wird grundsätzlich kontrovers diskutiert. Das <strong>Konzeptpapier</strong> vertritt einenletztlich menschenrechtlich abgestützten Gerechtigkeitsbegriff. Es geht von der Würde der einzelnenMenschen und ihren Lebenschancen aus und nicht von einem übergeordneten Gesellschafts- oder Wirtschaftsinteresse,dem sie dienen und sich unterordnen sollen. Auch aus dieser Perspektive ist aber wichtig,wie das gesellschaftliche Zusammenleben organisiert ist. Das Papier vertritt in Anlehnung an den indischenArmutsforscher und Ökonomie-Nobelpreisträger Amartya Sen, dass soziale Gerechtigkeit sich daran misst,wie alle Menschen Lebenschancen verwirklichen können, was sie werden können und wie gut es ihnendabei geht. Armut ist in dieser Sicht Ausdruck eines Mangels an Handlungschancen. Soziale Ungleichheitgilt es vor allem zu bekämpfen in der Form ungleicher Freiheiten, sich Ziele zu setzen und sie zu verwirklichen.Soziale Gerechtigkeit bedingt daher reale Chancengleichheit.54

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