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Konzeptpapier "Sozialpolitik mit Zukunft" - BASS

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5 Welche <strong>Sozialpolitik</strong> braucht die Schweiz?bleibt, dass das Funktionieren solcher Hilfe im Einzelfall nicht vorausgesetzt werden kann (und darf). Geradeweil das soziale Umfeld oft schichtspezifisch zusammengesetzt ist, ist eine Armutsgefährdung inFamilie und Freundeskreis finanziell in der Regel kaum aufzufangen.Mit den persönlichen sozialen Beziehungen hängen auch Schutzfaktoren zusammen, die Menschen gegenüberKrisensituationen weniger verletzlich machen. Diese Schutzfaktoren umfassen einerseits im Elternhauserlernte Grundhaltungen und Strategien, <strong>mit</strong> Problemen umzugehen. Und andererseits spielt einliebe- und verständnisvolles familiäres und soziales Umfeld im Sinne der moralischen Unterstützung undHilfe eine ganz direkte Rolle. Die <strong>Sozialpolitik</strong> muss darauf aus sein, solche Schutzfaktoren zu stärken undzu mobilisieren.5.2.4 Auch in der <strong>Sozialpolitik</strong> zählt, was im Portemonnaie bleibt. Aber Geldallein genügt nicht.Wie viel am Schluss zur Verfügung steht, ist für den Haushalt entscheidend. Was jemand einerseits anSozialversicherungsbeiträgen und Steuern zahlt und andererseits an eigenem Einkommen erwirtschaftetund an verschiedenen Sozialleistungen erhält, gilt es daher zusammenzudenken. Das verfügbare Einkommenmuss die Zielgrösse der <strong>Sozialpolitik</strong> sein, und nicht etwa allein die Lohnhöhe. Mehr Lohn kann imZusammenspiel <strong>mit</strong> steigenden Steuern und sinkenden Sozialleistungen auch zu weniger Geld im Portemonnaieführen, was an sich nicht sein dürfte. Das Zusammenspiel zwischen Sozialhilfe, Steuern undweiteren Sozialleistungen wie Prämienverbilligung in der Krankenversicherung, Kinderzulagen, gestuftenKrippentarifen, Stipendien und Alimentenbevorschussung ist wenig untersucht. Erste Studien der SchweizerischenKonferenz für Sozialhilfe SKOS zeigen aber, dass solche Effekte vor allem bei Einkommen derunteren Mittelschicht oft vorkommen. Wenn eine Steigerung des selbst erwirtschafteten Einkommens zueinem sinkenden frei verfügbaren Einkommen führt, kommt dies einem negativen Erwerbsanreiz gleich.Ohne Geld geht nichts, aber Geld allein genügt nicht. Es gilt auch die Handlungschancen und Handlungsspielräumeder Menschen zu erweitern, bevor sie und wenn sie auf Unterstützung angewiesen sind. Dennwer die Möglichkeit hat, versucht sein Leben und das seiner Familie selber zu verbessern. Genauso dringlichwie Geld brauchen Menschen in Schwierigkeiten darum auch Zukunftsperspektiven und neue Chancen.Wer im Laufe des Lebens <strong>mit</strong> Belastungen umgehen muss, soll daher rechtzeitig und selbstverständlichauf leicht zugängliche Beratung, auf Coaching und Mentoring, aber auch auf soziale Infrastrukturenzur Entlastung oder Begleitung zurückgreifen können, und dies bevor die Situation eskaliert.5.2.5 Sozialversicherungs- und Bedarfsleistungen ergänzen sich gegenseitigDie heutige Struktur von Sozialversicherungen für die grossen Lebensrisiken und deutliche tieferen Bedarfsleistungenfür jene, die durch die Maschen des Sozialversicherungsnetzes fallen, ist das Produkt historischerKämpfe. Sozialversicherungen haben den grossen Vorteil, dass man sich durch Beitragszahlungenselber Rechte erwirbt und daher kaum umstritten ist, dass einem die entsprechenden Leistungen zustehen.Doch für was Sozialversicherungen eingerichtet wurden und für was nicht, spiegelt auch Werturteile.So ist etwa öffentliche Unterstützung im Alter unbestritten, aber Hilfe in der Kindheit nicht. Bezahlte Arbeitwurde abgesichert, aber unbezahlte nicht. Die Diskussion um die Gerechtigkeit solcher Wertungenmuss immer wieder geführt werden. Das Sozialversicherungssystem soll den heutigen und nicht den früherensozialen Problemen entsprechen.Ein Problem der Sozialversicherungen ist, dass sie – ausser bei Ehefrauen - fast allein an der Erwerbsarbeitanknüpfen. Je höher dort das Einkommen war, desto besser sind die Leistungen. Weil ein zunehmenderAnteil der Bevölkerung Probleme hat, ein regelmässiges, vernünftiges Erwerbseinkommen zu erzielen,32

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