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Konzeptpapier "Sozialpolitik mit Zukunft" - BASS

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2 <strong>Sozialpolitik</strong> <strong>mit</strong> Zukunft2 <strong>Sozialpolitik</strong> <strong>mit</strong> ZukunftDieses Kapitel formuliert die Grundsätze und Stossrichtungen einer <strong>Sozialpolitik</strong> <strong>mit</strong> Zukunft. Es plädiertdafür, den alten Werten Solidarität und soziale Gerechtigkeit ein neues Gesicht zu geben, und folgt dabeidem indischen Ökonomen und Armutsforscher Amartya Sen. Sen geht davon aus, dass die realen Handlungschancenfür ein gutes Leben zentral sind. Es gilt, die Handlungschancen und da<strong>mit</strong> die Freiheitenaller Menschen durch soziale Chancen und soziale Sicherheit zu erweitern. Der Sozialstaat ist also eineErrungenschaft - nicht das Problem, sondern ein Lösungsansatz. In einer vorausschauenden <strong>Sozialpolitik</strong>ist soziale Integration der Schlüssel zu einem guten, selbstbestimmten Leben. Wir alle müssen soziale Verantwortungübernehmen. Dann können wir uns soziale Sicherheit auch finanziell leisten.Soziale Sicherheit ermöglicht ein Leben in Würde statt in Angst vor der Zukunft. Alle sollen die Chanceerhalten, ein gutes Leben zu führen. Die Freiheit ist nicht nur die Freiheit der Stärkeren. Der SchweizerWohlstand lässt sich nicht durch das Ausschliessen anderer sichern. Eine wichtige Rolle spielen auch Unternehmen<strong>mit</strong> sozialer Verantwortung. Denn wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit und eine gute <strong>Sozialpolitik</strong>gehen Hand in Hand. <strong>Sozialpolitik</strong> darf kein Schönwetterprogramm sein, das sich finanziell nichtdurchhalten lässt, wenn man es am meisten braucht. Und die <strong>Sozialpolitik</strong> muss nachhaltig über mehrereGenerationen hinweg tragfähig ausgestaltet werden. Es ist richtig, in sozialen Zusammenhalt zu investieren,denn er ist für einen guten Lebensstandort unentbehrlich: heute und morgen.Die Sozialdemokratische Partei hat grosse Verdienste erworben im Kampf um den Sozialstaat, wie wir ihnkennen. Sie ist deshalb prädestiniert, auch die Zukunft der sozialen Schweiz <strong>mit</strong>zuprägen. Die Herausforderungbesteht darin, den alten Werten Solidarität und soziale Gerechtigkeit unter veränderten Umständenein neues Gesicht zu geben. Klar ist, dass die neuen sozialen Risiken nach anderen Antworten verlangenals die alten, ohne dass deshalb die klassische soziale Absicherung überflüssig würde.Doch was bedeutet soziale Gerechtigkeit heute? Ein aktueller Sammelband zum Thema trägt den Titel«Soziale Gerechtigkeiten» (Budowski/Nollert 2008) und macht da<strong>mit</strong> deutlich, dass hier keine Einigkeitherrscht. Wir stützen uns bei unseren Überlegungen auf einen letztlich menschenrechtlich abgestütztenGerechtigkeitsbegriff. Wir gehen also von der Würde der einzelnen Menschen und ihren Lebenschancenaus und nicht von einem übergeordneten Gesellschafts- oder Wirtschaftsinteresse, dem sie dienen sollen.Auch aus dieser Perspektive ist wichtig, wie das gesellschaftliche Zusammenleben organisiert ist. «DieGrundstruktur der Gesellschaft bildet den ersten Gegenstand der Gerechtigkeit überhaupt», schreibt derbekannte Gerechtigkeitstheoretiker John Rawls (1979). Die Grundregeln der Verteilung von Wohlstandschancensind viel wichtiger, als was Umverteilung je bewirken kann.Wir orientieren uns am indischen Armutsforscher und Ökonomie-Nobelpreisträger Amartya Sen, der einfachsagt: Soziale Gerechtigkeit misst sich daran, wie alle Menschen ihre Lebenschancen verwirklichenkönnen, was sie werden können und wie gut es ihnen dabei geht (Sen 2002). Er hält von allen Gleichheitsideendiese für den Kern: die Gleichheit der individuellen Freiheit, etwas bewirken oder verwirklichenzu können. Weil sich dies auch auf die Geschlechterfrage beziehen lässt, haben viele feministische Ökonominnenseinen Ansatz (capability approach) übernommen.Im Gegensatz zu völlig abstrakten Freiheitsbegriffen besteht die grundlegende (konstitutive) Freiheit fürSen aber aus Elementarem: Es ist die Freiheit, Hunger, Unterernährung, heilbare Krankheiten und vorzeitigenTod vermeiden zu können, aber auch die Freiheit, eine Ausbildung zu machen, seine Meinung frei zuäussern und politisch <strong>mit</strong>zubestimmen. Sen geht es um eine Chancengleichheit <strong>mit</strong> realem Fundament.Und darum sind als zweites auch (instrumentelle) Freiheiten wichtig, die dieses Fundament erst schaffen:2

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