3Workshop I Alt für Jungda ein Sprachtandem, das über eine Sprachschulevermittelt war. Da war das zum Beispielso, dass wir Regeln mitbekommen haben. Diewaren natürlich in dem Sinn nicht obligatorisch,es hat ja auch niemand überprüft, ob wir unsdaran halten. Aber es war eine Hilfestellung.Wie machen Sie das?Gisela Meinschenk: Na ja, einmal resultiertdas ja aus Interesse an dem Projekt. Wir wurdenja kontaktiert von denen, die Gastfamiliewerden möchten. Dann sind wir da und in hellerAufregung, was wird. Wie viele Studentenkommen, das ist ja auch nicht bekannt. Wirzwei sind nicht alleine, wir haben noch zweiSchriftführer mit dabei. Dann setzen sie sich inGruppen hin, die Studenten meistens in einerGruppe und die Gastfamilien, und das wird mitBlickkontakten abgemacht. Wir sagen nicht, ihrdrei kommt mal her, so geht’s nicht.Edeltraud Schochert: Als Arbeitsgruppe begrüßenwir die Studenten und die neuen Gastfamilien,das ist <strong>der</strong> Einstieg. Dann sagen wir,warum wir zusammengekommen sind und waswir vorhaben. So wie wir hier so sitzen und ichgucke mir mal die jungen Leute an, die würdenjetzt zurückgucken, ah ja, das wäre so für micheine Studentin, mit <strong>der</strong> würde ich es jetzt malversuchen. Daraus ergibt sich dann schon einfachwas. Dann kann man sich darüber verständigen,ob die Studenten das auch wollen. Vorherhaben wir schon per Telefon o<strong>der</strong> Gesprächabgeklärt, ob sie einen Studenten o<strong>der</strong> zweiwollen. Dann würde ich mich dazusetzen undabklären, ob die Studentin auch wirklich kommenwill.Dann ist es ja so, dass nicht alle Gastfamilien,die sich gemeldet haben, an dem Tag da sind.Jetzt sind vielleicht noch zehn o<strong>der</strong> zwölf Studentenübrig, dann wird einfach auf <strong>der</strong> Listezugeordnet, Student 1 und Student 5 gehen zuFamilie Müller. Dann müssen die sich zusammenfinden. Dann kommt über die Studentin<strong>der</strong> Anruf, <strong>als</strong>o Familie Müller hat sich dochnicht gemeldet, dann schalten wir uns wie<strong>der</strong>ein. Es ist eine Verfahrensweise, die wir uns soerarbeitet haben. Aber es ist schon eine aufregendeVeranstaltung!Informationstafel Workshop I48Fachtag „Intergeneratives Lernen“ 201049
Fachtag„Intergeneratives Lernen in Projekten und im Alltag von Stadtteilzentren“4 Workshop IIJung für Alt.Schüler unterrichten Senioren -Sozialer Arbeitskreis am Fanny-Leicht-Gymnasium in StuttgartInput:Anne Franke und Erik SuwandhiSozialer Arbeitskreis amFanny-Leicht-Gymnasium StuttgartFachliches Gegenüber:Dr. Julia Franz Universität Erlangen-NürnbergMo<strong>der</strong>ation:Markus RungeAnne Franke: Wir sind zwei Lehrer, die an <strong>der</strong>gleichen Schule in Stuttgart tätig sind. Vor 48Jahren, 1962, begann meine Kollegin, eineehemalige Physiklehrerin, mit diesem Projekt,weil sie sich schon dam<strong>als</strong> über die fehlendesoziale Kompetenz ihrer Schüler ärgerte. Siebeobachtete immer mehr, wie sie mit älterenMitbürgern sehr unpfl eglich umgingen und hatsich überlegt, dass man dem ein Ende bereitensollte. Sie haben Kin<strong>der</strong>heime besucht,mit behin<strong>der</strong>ten Schülern Kontakt aufgenommen,bald auch zu älteren Menschen.Ziemlich schnell kam vonseiten <strong>der</strong> älteren Bürger<strong>der</strong> Wunsch, dass sie wissen wollten, wasdie Jungen heute eigentlich machen, was diein <strong>der</strong> Schule so lernen. Diese Idee hat dazugeführt, dass bei uns am Fanny-Leicht-Gymnasiumunsere Schüler die Senioren unterrichten.Und das läuft in dieser Form bereits seit 1982,<strong>als</strong>o seit 28 Jahren.Wir haben <strong>der</strong>zeit 60 Schüler-Lehrer, am heutigenTag sind es nur 59, weil einer von ihnen,Erik, hier ist. Heute Nachmittag läuft nämlichdieser Unterricht, Mittwoch und Freitag jeweilsnachmittags mit einem festen Stundenplan.Heute um 13.55 Uhr beginnt Englisch 3, gleichzeitigläuft Englisch 1 und 2 und Physik. Es gehtdann weiter mit Französisch, Geschichte, Englisch,Informatik, Latein, Denksport usw.Alles, was man sich denken kann, wird inzwischenvon den Schülern ab <strong>der</strong> 9. Klasse unterrichtet.Die müssen mindestens die Note 2 indem Fach haben, das ist die Einstiegsvoraussetzung.Sie werden auf dieses Projekt vorbereitet,indem sie einmal im halben Jahr einen pädagogischenTag haben. Dort werden sie in dasThema eingeführt, - nicht wie die Lehrer, was sodie Lernschwierigkeiten von Schülern angeht, -son<strong>der</strong>n wie man mit Senioren umzugehen hat:Sie müssen laut und deutlich sprechen, sie müssensich vorstellen, dass sie mit ihren Händennicht so greifen können wie junge Menschen,das alles wird ihnen von meiner Kollegin sehrdeutlich gemacht. Meine Kollegin Frau Schnei<strong>der</strong>leitet nach wie vor mit ihren 87 Jahren dasProjekt, ich bin seit 12 Jahren ihre Assistentin.Frau Schnei<strong>der</strong>s Anliegen war immer Kopf, Herzund Hand anzusprechen. Kopf heißt, es werdenalle Fächer angeboten, wenn die Senioren sagen,dass sie es lernen würden, zum Beispiel Latein.Wir suchen und wir fi nden dann Schüler, dieLatein machen und es kann angeboten werden.Das Herz wird angesprochen, indem es bei unszu je<strong>der</strong> Stunde Kaffee gibt, den die Seniorenmitbringen, und Gebäck, das schafft eine sehrangenehme Atmosphäre, in <strong>der</strong> man wirklich gutlernen kann. Die Hand wird angesprochen, indemman mitschreiben muss o<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Bastelstundeetwas bastelt. Kopf, Herz und Hand werden <strong>als</strong>oangesprochen, wie dam<strong>als</strong> von Pestalozzi gefor<strong>der</strong>t– und das gilt heute noch.Wir haben mittwochs und freitags Unterricht,von 14 bis 18 Uhr. Unsere Schüler werden Mittwochund Freitag in <strong>der</strong> zweiten großen Pausein einer Pausenbesprechung auf das eingestimmt,was in <strong>der</strong> Woche anliegt. Mein Part ist<strong>der</strong>zeit, dass ich die 60 Unter- und Mittelstufenschüler,<strong>als</strong>o von Klasse 5 bis 8, betreue.Sie dürfen noch nicht unterrichten, habenaber Interesse, an dem Projekt mitzumachen.Auch in dieser Altersgruppe sind es 60, <strong>als</strong>owir haben jetzt 120 Schüler und könnten nochmehr haben, aber die Kapazitäten reichen einfachnicht aus.Diese 5.- bis 8.-Klässler haben eine Aufgabe,nämlich die Feste vorzubereiten, denn wirfeiern sehr gerne. Ich denke an das Osterfest,das ansteht, jetzt gerade um 13 Uhrhat begonnen, dass zwei Schüler lernen, wieman Eier mit Wachsbatik verziert. Das lernensie bei Frau Schnei<strong>der</strong> und geben dann ihrWissen an die Senioren am Osterfest weiter.Bei Kaffee und Kuchen wird dann gearbeitet,im Sinne von Kopf, Herz und Hand, aberes muss auch was geschafft werden. Unddanach, um das Osterfest beizubehalten, werdenOstergeschenke, die die Schüler für dieSenioren gebastelt haben, im Park versteckt.Die Senioren suchen sie dann. Das geht nichtimmer ganz konfl iktfrei zu, weil jemand zweiGeschenke fi ndet und denkt, sie gehören jetztihm, weil er sie ja gefunden hat, aber FrauMeier hat nichts gefunden. Da entsteht dannein bisschen Stress, da muss man vermitteln:Schauen Sie mal, Frau Meier hat nichts gefunden,Sie geben doch sicher ein Geschenk vonden beiden, die Sie gefunden haben, ab? Dasist einfach nötig. Das ist auch bei den Kin<strong>der</strong>nnötig, die natürlich mal außer <strong>der</strong> ReiheMist machen und zur Räson gebracht werdenwollen. Und auch, wenn einer unserer Schüler-Lehrermal den Unterricht schwänzt, dannist natürlich Holland in Not. Das heißt, FrauSchnei<strong>der</strong> o<strong>der</strong> ich müssen unterrichten, egalin welchem Fach, ob wir das nun können o<strong>der</strong>nicht.130 Senioren drücken <strong>der</strong>zeit unsere Schulbänke,das Durchschnittsalter ist 70. DerStundenplan ist gut gefüllt und bietet für jedenetwas. Die Organisation sieht so aus, dass50 Fachtag „Intergeneratives Lernen“ 201051