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Dokumentation als PDF - Dialog der Generationen

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Fachtag„Intergeneratives Lernen in Projekten und im Alltag von Stadtteilzentren“7AbschlussSchlussbetrachtungenvon Dr. Konrad HummelMeine Damen und Herren, liebe Freunde,ich bin gebeten worden mich in den Workshopsumzuschauen und zum Abschluss zu sprechenund Ihre Tagung mit drei, vier Thesen abzurunden.Das alles unter gebotenem Zeitdruck.Das <strong>Generationen</strong>verhältnis hat sich gedreht.Seit ziemlich genau zehn Jahren haben wireinen raschen Wandel.Schon <strong>als</strong> ich noch in Stuttgart tätig war, habenSchulprojekte die Frage aufgeworfen, waseigentlich Ältere an Vorsprung haben können,wenn es um heutige Handytechnologien geht?Es ist hoffnungslos. Es ist schon bei einem 20-Jährigen im Vergleich zu einem 8-Jährigen hoffnungslos- falls hier ein paar Hörer sitzen, dieglauben, sie seien noch nicht alt …Die Technologiewandlungen haben ein <strong>der</strong>artigesTempo angenommen, dass Wissen raschveraltet. Das hat auch was Tragisches. Daszeigt die Not <strong>der</strong>er, die älter werden und demZerfall <strong>der</strong> Autoritäten zuschauen müssen.In Deutschland hatten Geschichte und <strong>Generationen</strong>lange miteinan<strong>der</strong> zu tun. Das Alte hatteetwas zu tun mit <strong>der</strong> schwierigen deutschenGeschichte. Politisch hatte die Aufarbeitungauch etwas mit Alter zu tun. In <strong>der</strong> 68er Bewegungwurde durchaus rebelliert gegen das Alte,weil das Neue Aufbruch und Wachstum war.Haben wir heute größere <strong>Generationen</strong>konflikte? Ich denke nein.Aber wie man mit dem Alter zurechtkommt, dashat sich in <strong>der</strong> Tat gewandelt.Wir müssen die Defi nition des Alters nicht erstbei 60 o<strong>der</strong> 70 anfangen, wenn wir in einemIndustriestandort wie München in einigenBereichen ein Durchschnittsalter <strong>der</strong> Belegschaftvon 30 haben. Bei Bosch in Stuttgartliegt <strong>der</strong> Altersdurchschnitt bei 49. Das sinddrastische Unterschiede.Es wird fatale Folgen haben, wenn sich Verläufein Betrieben altersmäßig so entmischen, wennsich Arbeitserfahrungen entmischen.Wir werden neue <strong>Generationen</strong>konfl ikte bekommen.Nicht die alten, die historisch-politischbedingt waren in Deutschland, son<strong>der</strong>n neue,ökonomisch geprägte durch Technologie undähnliche Dinge mehr.Wir werden neue Entgrenzungen bekommen.Ich denke, die <strong>Generationen</strong>frage hat sich mitdeutlichem Tempo dadurch beschleunigt, dassdie ökonomisch-technologische Seite und diepolitisch-soziale Seite auseinan<strong>der</strong>driften.Wie hat vor kurzem die Welt reagiert, <strong>als</strong> wireine Ministerin bekamen, die gerade mal 33ist? Warum ist das eigentlich jung, wenn dasDurchschnittsalter in <strong>der</strong> Computerindustrie 30ist? Sie ist ja schon älter <strong>als</strong> 30. Alter ist relativ.Nicht nur die entsprechende Industrie wirbt mitBil<strong>der</strong>n von 54-Jährigen neben 25-Jährigen,dass man sich fragt, wer jünger aussieht.Wenn Sie durch die Straßen gehen, werdenSie feststellen, dass da die pharmazeutischeIndustrie inzwischen damit wirbt, dass die Gentechnologieein Young-Gen erforscht hat, wasdazu führen wird, dass man äußerlich ewigjung bleibt.Ich erzähle Ihnen das nur <strong>als</strong> Blitzlichter, dasses Alt und Jung überhaupt nicht mehr gibt. Esist ein pädagogisches Konstrukt. Aber es gibt„älter“ in verschiedenen Formationen, es gibt„jünger“ in verschiedenen Formationen. Technologischganz an<strong>der</strong>s <strong>als</strong> sozial, politisch wie<strong>der</strong>uman<strong>der</strong>s strukturiert.Das bedeutet, dass wir entsprechend je<strong>der</strong>Kultur zu verschiedenen Verschiebungen kommen.Die Ordnung <strong>der</strong> Dinge, wie die Franzosensagen, ist ordentlich entgrenzt worden. Das hatzur Folge, dass etwas sehr Dialektisches passiert.Wenn beispielsweise die Arbeitsgruppe vomStuttgarter Schulbeispiel über Normalisierungdes Du und Sie in <strong>der</strong> Ansprache nachdenktund diskutiert, dann signalisiert das ja auchdie ordentlichen Verhältnisse, wo das Du unddas Sie klar ist. Das sind Rituale, die kulturellgeprägt sind.Ich denke, es wird eine Zeit kommen, wo wirfroh sein werden, dass wir überhaupt Ritualehaben.Wir werden für die KommunikationsstrukturRollen und Anrede brauchen, die wir jetzt nochmeinen abbauen zu müssen. Ohne Ordnungkönnen Diskussionen über bekannte Strukturenhinweg nicht erfolgreich laufen. Das wäreein innergesellschaftliches Babylon.Das heißt, Kommunikation braucht eine erwartbareStruktur. Zu verstehen, was an<strong>der</strong>e meinen,wenn jemand etwas sagt, was es bedeutet.Warum will die türkische Kin<strong>der</strong>gärtnerin partoutnicht mit Handschlag begrüßt werden?Was innerdeutsch <strong>als</strong> Unverschämtheit gilt, istinnertürkisch aber nun mal so zwischen Mannund Frau. Die Anredekulturen sind verschieden.Das ist ein ethnisches Beispiel, es gibt aberauch generative Unterschiede:Das ist meine erste These. Wir werden zwischenden <strong>Generationen</strong> Strukturen und Kommunikationsordnungenbrauchen, notfalls müssen wirsie festlegen.Der zweite Punkt betrifft den Ort, wo wir wohnenund wo gelebt wird. Er wird im Zuge <strong>der</strong>globalen Entwicklung und <strong>der</strong> Relokalisierung<strong>der</strong> Aufmerksamkeiten wie<strong>der</strong> wichtiger. Jeälter die Menschen sind, je geringer die Mobilitätist, je kleiner die Kin<strong>der</strong> sind und je stärkerdie globalen Verhältnisse wirken, desto wichtigerist <strong>der</strong> Ort <strong>der</strong> Begegnung. Das muss nichtunbedingt ein Haus sein. Es kann <strong>der</strong> Stadtteil,<strong>der</strong> Wohnort o<strong>der</strong> die Struktur sein. Nur, an diesemOrt <strong>der</strong> Begegnung sind die <strong>Generationen</strong>mit ihrer unmittelbaren Kompetenz aufeinan-106 Fachtag „Intergeneratives Lernen“ 2010107

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