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ANTIRADIKALISIERUNGSCHLECHT GEMACHTEANTIRADIKALISIERUNGWIRKT SCHNELLKONTRAPRODUKTIV.Religionsunterricht auszubilden. Diese könnenaufgrund ihrer Fachkompetenzen die notwendige,öffentlich-argumentative Auseinandersetzungmit den religiös begründeten islamistischenPositionen von Salafisten fördern und führen.Allerdings zeigt das Beispiel der IslamischenTheologie in Münster um Professor MouhanadKhorchide und seine moderne Islamauslegung,dass dies nicht immer ohne Widerstand seitensder Verbände geschieht.Weitgehend unberücksichtigt bleiben bei allden deutschen Antiradikalisierungsbemühungenbislang Erkenntnisse über das durch den irischenPsychologen John Horgan geprägte »Disengagement«.Beschreibt Deradikalisierung in der Regeleinen Prozess, der die Aufgabe von extremistischenHandlungen, die Herauslösung aus demradikalreligiösen Umfeld und (Wieder-) Anerkennungder bestehenden Rechtsordnung umfasst,so ist Disengagement aus Perspektive der Radikalisierungsforschungbedeutend, da es ohne eineDeradikalisierung stattfinden kann. Damit ist eswomöglich das realistischere Ziel, da Personenvon gewalttätigen Aktivitäten abrücken können,ohne dabei ihre Beweggründe oder ihren Glaubenaufgeben zu müssen. Disengagement kann verschiedeneUrsachen haben. Während auf psychischerEbene Desillusionierung, Unzufriedenheit,oder gar Burn-Out potenziell zur Entfremdungvon radikal-gewalttätigem Gedankengut führen,können auch das physische Verlassen einer Gruppierungoder Rollen- oder Funktionswechsel – obfreiwillig oder beispielsweise durch eine Inhaftierungerzwungen – solche Prozesse anstoßen undbefördern. Die Gründe für Disengagement unterteiltdie Forschung dabei in so genannte PushundPull-Faktoren.Push-Faktoren, deren Effekte kaum vorhersehoderpräzise bestimmbar sind, sind von den radikalisiertenAkteuren negativ empfundene Umständebeispielsweise soziale Kräfte, die einefortgesetzte Partizipation im radikalgewalttätigenUmfeld unattraktiv machen. Dazukönnen die Strafverfolgung, elterliche oder sozialeMissbilligung und Gegengewalt durch andereGruppen gehören. Ebenso bedeutend sind gruppeninterneFaktoren, wie der Verlust des Glaubensan die Gruppenideologie oder -politik, einepersönliche Desillusion aufgrund von gewalttätigenAktivitäten sowie der Verlust von Vertrauen,Status oder Position innerhalb der Gruppe. SozialeKräfte, die als attraktiv wahrgenommen werden,sind Pull-Faktoren und können zum Beispielder Wunsch nach Freiheit, Bildungsmöglichkeitenoder Familie sein. Desillusionierung, etwadurch eine empfundene, fehlende Übereinstimmungvon Idealen und tatsächlich Erlebtemebenso wie positive Anreize, bilden daher möglicherweiseInterventionspunkte, um Disengagementzu fördern.>>DERADIKALISIERUNG UND DISENGAGEMENTDeradikalisierung beschreibt den Zustand, bei dem eineradikalisierte Person ihr Bekenntnis und Engagementfür extremistische Denk- und Handlungsweisen aufgibt.Es besteht kein Risiko eines weiteren Engagementsoder einer Involvierung in Gewalttaten.Im Gegensatz dazu beschreibt Disengagement nichtdas Verlassen einer Gruppierung oder das Ablegen entsprechenderIdeologien, sondern lediglich das Unterlassenvon Handlungen, speziell der Gewalt und desbewaffneten Kampfes. Die Gründe dafür können psychischer(Desillusionierung) oder physischer Natur(Rollen- oder Funktionswechsel) sein, freiwillig oderunfreiwillig. Bedeutend ist, dass Disengagement ohneeine Deradikalisierung stattfinden kann und es für politischeMaßnahmen das realistischere Ziel darstellt.ANTIRADIKALISIERUNGÜber den Begriff der Deradikalisierung herrscht keinekonzeptuelle Klarheit; der Terminus scheint für jeglicheBemühungen, die das Ziel haben, eine Radikalisierungzu verhindern, verwendet zu werden. Da der akademischeDiskurs zwischen Disengagement und Deradikalisierungunterscheidet, werden alle Maßnahmen, diedarauf abzielen, einer Radikalisierung – egal ob gewaltbereitoder nicht – vorzubeugen, die einer Involvierungin radikale Gruppen entgegen wirken oder die die Loslösungvon solchen Gruppen, physisch oder psychisch,fördern, als Antiradikalisierung bezeichnet. So könnenalle präventiven, begleitenden oder kurativen Maßnahmenunter einem Begriff subsumiert werden und einekonzeptionelle Trennung zwischen Disengagement undDeradikalisierung bleibt möglich.Quelle: SicherheitspartnerschaftADLAS 4/2013 ISSN 1869-1684 11

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