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KONFESSIONENhalten die Schiiten für Ketzer, die lediglich behaupten,Muslime zu sein, und so die einzig wahreReligion von innen korrumpieren. Dies gilt auchfür den Salafismus, der von der Wahhabiya beeinflusstwurde und seit den 1970er Jahren an Zulaufgewinnt. Seit Beginn des Arabischen Frühlings2011 können die Salafisten sehr viel freier agierenals früher, die Bewegung scheint insgesamt anzuwachsen.Entsprechend gewinnen auch ihre antischiitischenRessentiments an Bedeutung.Die Zunahme der konfessionellen Feindseligkeitenhat eine weitere Ursache in der PolitikSaudi-Arabiens, der heutigen Führungsmacht dessunnitischen Lagers. Seit der Islamischen Revolutionin Iran 1979 wurde der Antischiismus dessaudi-arabischen Staates – in dem die Wahhabiyaals die offizielle Islaminterpretation gilt – zu einemregionalpolitischen Thema gemacht. DieFührung in Riad nimmt den schiitischen Iran alseine Macht wahr, die versucht, im Nahen Osteneine Hegemonialstellung einzunehmen. Den arabischenSchiiten unterstellt sie, eine "fünfte Kolonne"des schiitischen Nachbarn zu sein. Seit1979 bemüht sich die saudi-arabische Führungdeshalb, jeglichen Einflussgewinn der Iraner unddamit jegliche Emanzipation der Schiiten in derarabischen Welt zu verhindern.Das Zusammenspiel von Glaube und Machtim syrischen BürgerkriegWährend der Irak zwischen 2003 und 2008 zumSchlachtfeld der konfessionellen Auseinandersetzungwurde, geht sie in Syrien in eine neue Etappe.Glaube und Macht wirken vor allem auf sunnitischerSeite zusammen, denn die meisten aufständischenGruppierungen vertreten einen religiösbegründeten Antischiismus, den sie auf dieherrschenden Alawiten beziehen, obwohl diemeisten Schiiten die Alawiten als ketzerischeSekte betrachten. Damit ergänzen sie die machtpolitischenInteressen ihrer Unterstützer amGolf, denen es vor allem darum geht, den wichtigstenVerbündeten Irans im Nahen Osten zustürzen. Beides zusammengenommen heizt diekonfessionellen Spannungen weiter an. Schonheute ist der Nahe Osten zwischen den meistnicht-sunnitischen Unterstützern des Assad-Regimes und seinen meist sunnitischen Gegnerntief gespalten. Der Konflikt droht, sich auf dieNachbarstaaten Libanon und Irak mit ihren ohnehintiefen religiösen Bruchlinien auszuweiten.Die iranische Führung befürchtet, wahrscheinlichnicht zu Unrecht, dass ein Machtwechsel in Damaskusfür die Saudis und ihre Verbündeten nurder erste Schritt zum Sturz der Regierungen inBagdad und Teheran sei. Dementsprechend massivfällt die iranische Unterstützung für Assadund sein Regime aus. Eskaliert der Konflikt weiter,dürfte dies auch zu einer weiteren Mobilisierungder schiitischen Gemeinden am Golf führen.Die brutale Repression der Schiiten in Bahrainund Saudi-Arabien droht junge Aktivisten dort indie Arme Irans zu treiben.So wird der religiöse Gegensatz durch dieMachtpolitik sunnitischer Akteure geschürt, dieaus ihrer Wahrnehmung zweier sich unversöhnlichgegenüberstehender, konfessionell geprägterBlöcke eine sich selbst erfüllende Prophezeiungmachen. Auch wenn der Einfluss der Amerikanerund Europäer auf dieses Geschehen begrenzt seinmag, ist die Beobachtung wichtig, dass es mitihnen verbündete Regierungen wie die Saudi-Arabiens sind, die die konfessionellen Spannungenanheizen. Da der Konflikt in Syrien anhaltendürfte, der Irak in absehbarer Zeit nicht zu einemstabilen Staat wird und auch die iranisch-saudiarabischeAuseinandersetzung längerfristigerNatur ist, gilt es, eine Eskalation der religiösenSpannungen zumindest dort zu vermeiden, wodie Lage noch nicht aussichtslos ist. Hierzu mussder Westen auf Staaten wie Saudi-Arabien Einflussnehmen. Eine Entspannung könnte Riadschon durch Schritte hin zu einer Gleichberechtigungder Schiiten im eigenen Land bewirken.Darüber hinaus könnte die saudi-arabische Regierungeine politische Regelung des Konfliktesim benachbarten Bahrain erzwingen. Jeder nochso kleine Schritt wäre im Moment wichtig, umeine Eskalation der Konfrontation zwischen Schiitenund Sunniten in der Gesamtregion zu verhindern.Dr. Guido Steinberg ist Wissenschaftler der ForschungsgruppeNaher/Mittlerer Osten und Afrikader Stiftung Wissenschaft und Politik.QUELLEN UND LINKS:Guido Steinberg: »German Jihad: On theInternationalization of Islamist Terrorism«. NewYork (Columbia University Press) 2013Guido Steinberg: »Wer sind die Salafisten?«,Forschungspapier der Stiftung Wissenschaft undPolitik vom Mai 2012ADLAS 4/2013 ISSN 1869-1684 16

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