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ANTIRADIKALISIERUNGDie hohen Hürden des Austritts behindern Pull-Faktoren allerdings oft. Dazu zählen die bereitsgeleistete Investition von Zeit und Einsatz, dieFurcht vor Repressalien durch die Gruppe und dieGefühle von Einsamkeit und Schutzlosigkeit.Selbst wenn eine Person nicht mehr an den politischenZielen oder der Gruppenideologie festhält,kommt der Austritt dem Verlassen einer Familieund dem Verlust einer Identität gleich. Disengagementkann folglich einen erheblichensozialen und kognitiven Wandel für eine Personbedeuten. Diese Hürden sollten durch entsprechendeAngebote adressiert und ihre Wirkung aufdie Person minimiert werden.Im Dezember 2013 hat die Ständige Konferenzder Innenminister auf Initiative Hessens einenBericht beantragt, der die verschiedenen Ansätzezu einer gemeinsamen Rahmenkonzeption zurImplementierung von »Präventionsnetzwerkengegen Salafismus« in Bund und Ländern zusammenführensoll. Dieser Schritt ist überfällig, dennder deutsche Flickenteppich von Akteuren undMaßnahmen macht den Mangel an einer zentralkoordinierenden Stelle deutlich, die Aufgabenund Zielvorgaben definiert. Eine solche Stellekönnte ein flächendeckendes Netzwerk unterstützen,das Push- ebenso wie Pull-Faktorenidentifiziert und gezielt fördert, um entsprechendeRisikogruppen im Dunstkreis von salafistischenMoscheevereinen wirksam zu erreichen.Das bedeutet nicht automatisch, dass der derzeitigeFokus auf Präventions- und Sensibilisierungsmaßnahmenverfehlt ist.Der Wirkungsbereich der meisten ergriffenenMaßnahmen scheint allerdings momentan zu en-den, wenn eine Person einer salafistischen Gruppierungbeitritt. So werden weitere mögliche Interventionspunkte,die noch intensiv zu erforschensind, bislang fast vollkommen außer Achtgelassen.Da die Rolle von Gegendiskursen für Disengagement-Prozessekaum zu unterschätzen ist,sollten daher Strategien entwickelt werden, diedie existierende Disharmonie zwischen rivalisierendensalafistischen Gruppen fördern. Das umfasstauch die stärkere Einbindung von Aussteigernin solche Bemühungen – ähnlich wie diesbereits im rechtsextremen Spektrum praktiziertwird. Durch Berücksichtigen der Frage, was diePartizipation in salafistischen Gruppierungenattraktiv macht, ließen sich gleichzeitig alternativeAngebote als Elemente in Antiradikalisierungsprogrammenentwickeln.Der Psychologe Horgan plädiert für eine Multi-Track-Strategie: Identifizierte Push-Faktoren,also negative Umstände, sollten deutlich kommuniziertwerden, um der Partizipation in radikalenGruppen die Attraktivität zu nehmen. Dazu gehörtes, einem romantisch verklärten Djihad-Bild, das den bewaffneten Kampf als religiösePflicht und kameradschaftliches Abenteuer auslegt,zu begegnen und es durch die Konfrontationmit der Realität zu entmystifizieren.Wie vorsichtig mit dem Push-Faktor des Vereinsverbotsund der Inhaftierung umgegangenwerden sollte, zeigt allerdings das Beispiel von»Millatu Ibrahim«. Als Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich die im Herbst 2011 gegründetesalafistische Organisation im April 2012 verbot,setzten sich zahlreiche Mitglieder ins arabische>>VOM GANGSTA-RAPPER ZUM DJIHADISTENDenis Mamadou Gerhard Cuspert, Jahrgang 1975, Halb-Ghanaer und Berliner, machte Karriere als Gangsta-Rapper. Bis 2010 pflegte er als »Deso Dogg« einen szenetypischausschweifenden Lebensstil. Dann nahm erüberraschend den Namen »Abou Maleeq« an und machtefortan mit radikal gewandeltem Umgang, Nashid-Musik und islamistischen Propagandavideos auf sichaufmerksam. Als Mitglied der verbotenen salafistischenGruppe »Millatu Ibrahim« gelangte er in der Folgezeitnicht nur zu zweifelhafter Prominenz, sondern auchimmer stärker ins Visier der deutschen Sicherheitsbehörden.Seiner Verhaftung konnte er sich 2012 durcheine Flucht nach Ägypten entziehen, die ihn schließlichbis nach Syrien in den Kampf gegen das Assad-Regimeführte. Dort wurde er wiederholt für tot erklärt, tauchteaber – zuletzt deutlich angeschlagen im Dezember 2013– immer wieder lebendig in salafistischen Rekrutierungsvideosfür den Djihad auf. Foto: Matti Hillig / CC VY-SA 3.0ADLAS 4/2013 ISSN 1869-1684 12

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