4/2010 - Coburger Convent
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Eine Erfolgsgeschichte<br />
Der CC und Bad Blankenburg<br />
Im Rahmen der 10. Greifensteintagung referierte Michael Pabst – von 1990 bis<br />
2006 Bürgermeister von Bad Blankenburg – über die Entwicklung der Beziehungen<br />
zwischen dem CC und seiner ›zweiten Kongreßstadt‹<br />
Sehr geehrte Herren Verbandsbrüder,<br />
die traditionelle Greifensteintagung<br />
in Bad Blankenburg und die<br />
Tatsache, daß es die 10. Greifensteintagung<br />
im 20. Jahr der deutschen<br />
Einheit ist, regte mich zu einem<br />
Rückblick auf 20 Jahre <strong>Coburger</strong><br />
<strong>Convent</strong> in Bad Blankenburg an.<br />
Anhand meiner Erinnerungen<br />
und Notizen aus 16 Jahren Amtszeit<br />
als Bürgermeister von Bad Blankenburg<br />
(1990–2006) und mit Hilfe der<br />
CC-Blätter will ich versuchen, die<br />
›Rückkehr‹ des CC in die alte Kongreßstadt<br />
der Turnerschaften nachzuvollziehen<br />
und die Chronologie<br />
der Ereignisse aus der Sicht des damaligen<br />
Bürgermeisters zu kommentieren.<br />
Zunächst ein Blick weit zurück in<br />
die Historie:<br />
Mai 1925: Die VAT Tagung zu<br />
Kösen und die VC Tagung zu Jena<br />
beschließen:<br />
■ ständiger Tagungs und Festort ist<br />
Bad Blankenburg,<br />
■ es wird ein Sportgelände geschaffen,<br />
■ Ehrenmal und Turm der Burg<br />
Greifenstein werden gebaut<br />
Januar 1926: Das Gelände für Sportplatz<br />
und Gebäude wird gekauft<br />
und im gleichen Jahr findet das 1.<br />
Turnfest in Bad Blankenburg statt<br />
(insgesamt das 18.)<br />
1928: Turm und Ehrenmal werden<br />
gebaut<br />
1930: Ein Darlehen von 20.000<br />
Reichsmark zum Bau der Stadthalle<br />
geht an die Stadt Bad Blankenburg<br />
1931: Stadthallenbau<br />
1932: Bau des Turnerschafterhauses<br />
mit Tribüne<br />
1934: Letztes Turnfest; das insgesamt<br />
26. in Bad Blankenburg<br />
1935: Auflösung des VC unter dem<br />
Druck der NSDiktatur.<br />
In den bis 1945 folgenden Jahren<br />
der NSDiktatur für ganz Deutschland<br />
und den dann bis 1989 folgenden<br />
Jahren der Diktatur des Proletariates<br />
auf dem Gebiet der ehemaligen<br />
DDR waren vergleichbare Aktivitäten<br />
nicht mehr möglich.<br />
Soweit die Fakten und der offizielle<br />
Zustand bis 1990. Aber wie sah es<br />
emotional und inoffiziell aus?<br />
Die Mehrheit der Bad Blankenburger<br />
Bürger kannte das Thema ›Turnerschaften,<br />
Studenten und alles was<br />
dazugehört‹ in Verbindung mit Bad<br />
Blankenburg überhaupt nicht.<br />
Nur die Bürger, die vor 1933 schon<br />
alt genug waren, um sich heute noch<br />
erinnern zu können, oder die es von<br />
ihren Vorfahren erzählt bekommen<br />
hatten, kannten die diesbezügliche<br />
Vergangenheit. In meinem Fall waren<br />
es die Großeltern und Eltern sowie<br />
unser Hausarzt Sanitätsrat Dr.<br />
med. Steuer, Ehrenbürger der Stadt<br />
Bad Blankenburg und alter Turnerschafter,<br />
der insbesondere in der<br />
Wendezeit oft darüber sprach.<br />
Ähnlich sah es vermutlich in anderen<br />
alteingesessenen Familien aus.<br />
Im Sommer 1990, nach meiner<br />
Wahl zum Bürgermeister, sagte eines<br />
Tages Jochen Töpfer, ein alter Blankenburger<br />
(Jahrgang 24) und als<br />
Gründer und Dirigent der Schwarzatalmusikanten<br />
bekannt, sinngemäß<br />
zu mir: »Junge, ich weiß ja, daß wir<br />
viele Probleme haben, aber es wäre<br />
schön, kämen die Studenten wieder.«<br />
Aus solchen Gesprächen, der gefühlten<br />
Verpflichtung zur Erhaltung<br />
alter Traditionen und der von unseren<br />
Vorfahren geschaffenen materiellen<br />
und ideellen Werte leiteten sich<br />
zu dieser Zeit die Vorstellungen der<br />
Mehrheit des Stadtrates und auch die<br />
meinigen zur Pflege und Erhaltung<br />
der ›Wurzeln‹ des CC in Bad Blankenburg<br />
ab, die da sind:<br />
■ die Landessportschule Thüringen,<br />
die aus dem Sportgelände des VC<br />
von 1926 erwuchs,<br />
■ der Turm und das Ehrenmal auf<br />
Burg Greifenstein sowie<br />
■ die Stadthalle.<br />
Natürlich waren diese Dinge auch<br />
in der Vergangenheit erhalten worden,<br />
aber ohne den Hintergrund<br />
ihrer Entstehung zu offenbaren und<br />
bei weitem nicht in dem nach 1990<br />
möglichen Umfang. Aber nicht nur<br />
die Erhaltung von materiellen Werten<br />
war unser Ziel, sondern wir wollten<br />
auch beweisen, daß etwas vor 1990<br />
Unerwünschtes bzw. Verbotenes, das<br />
sich in einer freien Gesellschaft als gut<br />
und richtig erwiesen hatte, auch bei<br />
uns wieder möglich ist.<br />
Im November 1990 kam dann der<br />
erste Brief eines Rechtsanwaltes im<br />
Rathaus an: »Ich vertrete die Interessen<br />
einer studentischen Verbindung, die<br />
bezüglich der Sportanlagen eigentumsrechtliche<br />
Ansprüche angemeldet hat.« –<br />
nach meinem heutigen Wissens und<br />
Erfahrungsstand ein durchaus normal<br />
freundlicher Rechtsanwaltsbrief.<br />
Aber damals?<br />
Zu dieser Zeit entstand, nicht nur<br />
bei mir, dem Dipl.Ingenieur, der<br />
noch nie mit Gericht und Anwälten<br />
zu tun hatte, der Eindruck und<br />
die Angst: Jetzt sind wir frei, und da<br />
kommt jemand und will uns etwas<br />
Wertvolles wegnehmen. Was tun?<br />
Ignorieren oder das Gesprächsangebot<br />
annehmen?<br />
Am 10. Januar 1991 fand das<br />
Gespräch zwischen Bürgermeister<br />
und besagtem Rechtsanwalt statt.<br />
Es wurden gegenseitig Positionen<br />
ausgetauscht. Dabei stellte sich heraus,<br />
daß zwar jeder das Eigentum<br />
beansprucht, aber beide das Gleiche<br />
wollen: Die Sportanlagen sollen erhalten<br />
bleiben und von allen benutzt<br />
werden können.<br />
CC-Blätter 4/<strong>2010</strong><br />
15<br />
Aus dem CC