INKLUSIONInklusionFilmkritik„Ich bin mir Gruppe genug – Einblicke in dieLebenswelt junger Menschen mit Asperger-Syndrom“(Mediengruppe Wuppertal)Milan sitzt vor dem Computer. Er ist 14Jahre alt und besucht das Heinrich-von-Kleist-Gymnasium. In den Ferien spielter den ganzen Tag lang ein Strategiespiel.Freunde? Ja, Freunde habe er in Bayern.Die seien schon erwachsen und mit denenwürde er Computerspiele verfilmen. Manmerkt zunächst nicht, dass Milan besondersist, anders als andere Jungen in seinemAlter. Ein Computerfreak halt, wieso viele.Schön ist, wenn Milans Mitschüler sagen,dass sie auch und ganz besonders ihmden tollen Zusammenhalt in der Klassezu verdanken haben und dass er sich fürdie Belange der Klasse Lehrern gegenübereinsetzt. Er traut sich den Lehrern gegenüberDinge zu äußern, die sich die anderenSchülerInnen nicht trauen.enorm nach vorne gebracht. Heute voltegierter gut und gerne, er jongliert sogar<strong>beim</strong> Reiten. Dazu Zeit bleibt momentannur an den Wochenenden oder in den Ferien,denn die Woche über ist Tim in einerberufsvorbereitenden Maßnahme am BerufsbildungswerkVolmarstein. Dort soller ausbildungsfähig gemacht werden. Mathematischist Tim sehr begabt, Problemehat er vor allem im Bereich Kommunika-tion und Kreativität fehlt ihm völlig. Dakann man nur auf eine weiterhin positiveEntwicklung hoffen und Tim alles Gutefür seinen weiteren Weg wünschen.In einem Interview mit Milans Mutter erfährtman, dass Milan schon als Kind sehranstrengend war, weil er ständig Zuwendungbrauchte. Im Kindergarten sei erausgegrenzt worden. Seine Mutter glaubtheute, dass es falsch war ihn mit Gewaltin den Kindergarten gebracht zu haben,da er dort nicht hin wollte. Man hat ihnoft auf den Gang geschickt – dort war erdann ohne Betreuung. Auch die Erzieherwussten sich anscheinend keinen Rat.Milan hat sich sozialen Gruppensituationenentzogen. Er besuchte eine Förderschule.Dort war alles klar – klare Strukturen,klare räumliche Trennung. Ein System,mit und in dem Milan zurechtkam. Dannwechselt Milan zum Gymnasium. An dieAnfänge dort hat er keine Erinnerungmehr. Doch seine Mitschüler erinnernsich noch gut an Milans Störungen. VierJahre lange wurde Milan dann von RolandWagner begleitet. Mit seinem Schulbegleitererarbeitete Milan ein Punktesystem,das ihn belohnte, wenn er bestimmte Verhaltensweiseunterließ und andere dafüran den Tag legte. Roland Wagner berichtet,dass Milan die Fähigkeit, sich in dieGedanken anderer zu versetzen, gänzlichfehlte. An Gruppenarbeit teilzunehmen,war unmöglich. Heute geht Milan alleinzur <strong>Schule</strong>, kann sich einordnen, findet esspannend Teil einer Gruppe zu sein.12 THEMATISIERENMit Bällen jonglieren, Schach und Sudokuspielen, Fußball und Tour de France gucken,das interessiert Tim. Er ist 17, sammeltekleine bunte Kugeln, ca. 3000 Stückhat er. Auf die Frage, warum er sie hat,weiß Tim keine Antwort. Irgendwann habeer mit dem Sammeln angefangen, mehrweiß er nicht. Tims Mutter erzählt, dassTim schon mit vier Jahren Spaß am Rechnenhatte und sehr geschickt mit Zahlensei. Nele ist Tims 14-jährige Schwester, dieganz normal mit ihrem Bruder umgeht.Er nehme ihr nichts übel, sagt sie.Tim fing sehr früh an zu laufen, ist aberhäufig gestürzt. Er litt an massiven Schlafstörungen.Als kleines Kind hat er aufdem Spielplatz die anderen Kinder eherbeobachtet. Nur sehr zögerlich ist erselbst aktiv geworden und hat begonnenmitzuspielen. Seine motorische und seinesozio-emotionale Entwicklung waren starkverzögert. Therapeutisches Reiten hat ihnTobiasist 13 Jahre alt und besucht dieFörderschule Wattenscheid. Er geht ger-ne mit Opa und Mama schwimmen. OpaDieter sagt, Tobias sei sein Lieblingsenkel.Als Kind habe er immer gepfiffen und erstsehr spät angefangen zu sprechen. Tobiasspricht undeutlich. Sein favorisiertes Com-puterspiel im Moment ist Eisenbahnspiel.Insgesamt ist Tobias sehr an Zügen interessiert– auch real und live. Sein Opa hatihn sehr gern. Er meint, wenn Tobias inbetreutem Wohnen und in einer betreutenWerkstatt leben und arbeiten könne, würdees schon gehen. Was Opa Dieter aber<strong>beim</strong> Blick in die Zukunft unendlich traurigmacht, ist, dass Tobias wohl nie eineLiebe finden wird…Drei Jugendliche mit dem Asperger-Syndrom.Mit Handicaps so vielfältig wie dieMenschen selbst. Den richtigen Umgangmit Kindern, die diese Erkrankung haben,müssen wir fast alle noch lernen. Damitsind sowohl Schüler und Eltern als auchLehrer gemeint. Wenn wir aber wissen,was zu beachten ist, dann kann, nein, dannwird das Zusammenlernen für alle eineBereicherung sein.Coco Glössner.<strong>Kästner</strong>forum 35-12/13
Gemeinsamer Unterricht (GU) in der EKSEin Fortbildungstag für Lehrerinnen und Lehrer zum Thema „Inklusion“Seit zwei Jahren führt die EKS jeweils eine Klasse im Jahrgangals INTEGRATIVE LERNGRUPPE. In diese Klassen – unddas ist neu – gehen bis zu fünf Kinder mit dem FörderschwerpunktLERNEN. Um diese neuen Aufgaben zu meistern, wurdenbisher zwei Kollegen an unsere <strong>Schule</strong> abgeordnet, die ihrenSchwerpunkt in jeweils einer integrativen Lerngruppe haben. Imnächsten Schuljahr startet die dritte integrative Lerngruppe.Wir haben auch Kinder mit anderen Förderschwerpunkten, diesich an unserer <strong>Schule</strong> angemeldet haben, in die integrative Lerngruppeaufgenommen. Diese Kinder werden zielgleich unterrichtetund haben folgende Förderschwerpunkte:• Sprachliche Entwicklung• Emotionale und soziale Entwicklung• Körperliche und motorische Entwicklung.Dieses Aufgabengebiet ist umfassend und erfordert ein hohesMaß an Flexibilität und neue Formen des Arbeitens von allenLehrerinnen und Lehrern. Um alle weiter auf den Weg zu bringenund fachgerecht zu begleiten, bot der ganztägige Fortbildungstagam 30.4.2013 vielfältige Informationen und Einblicke,denn die Umstellung auf ein inklusives Schulsystem erfordertNeuerungen und Angebote in allen Bereichen von <strong>Schule</strong>.gin Frau Kacar über schwierige Kinder mit dem SchwerpunktAutismus und Asperger. Herr Kellner und Frau Behrenbeck-Beckedahl boten mit Erfahrungsberichten Einblicke in denUnterrichtsalltag in einer Inklusionsklasse an der EKS. In derSporthalle konnten die Lehrerinnen und Lehrer unter der Anleitungvon den Lehrern Michael Heringhaus und Christian KoglinInklusion hautnah erleben und z. B. in Rollstühlen Sport treibenoder mit speziellen Brillen erleben, was es bedeutet, wenndie Sehkraft stark eingeschränkt ist. Frau Köppke präsentierteselbsttätige Lernmaterialien und Frau Hilgers eine Auswahl vonFilmen unter dem Stichpunkt „Inklusion idealistisch und realistischgesehen…“. Herr Bernd Ewering zeigte im Internetraumein Programm zur Erstellung individueller Förderpläne, die fürKinder benötigt werden, die nicht wie die anderen Schülerinnenund Schüler ein Ziffernzeugnis erhalten.Alle Lehrerinnen und Lehrer hatten die Möglichkeit an zweiWorkshops teilzunehmen und im Anschluss daran ihre Erfahrungenin ihren Teams zu besprechen und zu diskutieren.Dieser Fortbildungstag zeichnete sich durch ein abwechslungsreichesund sehr interessantes Informationsangebot aus. Ich dankenoch einmal ausdrücklich allen, die bereit waren, ein Themazu präsentieren. Ich glaube, dass wir alle viel lernen konnten unddiese Fortbildung uns einen Schritt näher zu einer inklusiven<strong>Schule</strong> gebracht hat.Nadja Fliesen.Der Morgen startete mit einem Impulsreferat von Frau Dr. SaskiaErbring zum Thema Inklusion und Lehrergesundheit. VielenLehrerinnen und Lehrern erscheint der Schritt zu inklusiven<strong>Schule</strong> als Mehrbelastung und Frau Dr. Erbring sprach über dieMöglichkeiten, wie man trotz veränderter Bedingungen auch dieeigene Gesundheit nicht aus dem Auge verliert.<strong>Kästner</strong>forum 35-12/13Im Anschluss daran konnte man sich in sechs verschiedenenWorkshops informieren und weiterbilden:Ein Workshop vertiefte unter der Leitung von Frau Dr. Erbringnoch einmal den Aspekt Lehrergesundheit. Die FörderlehrerinSabine Niedermowe informierte zusammen mit der Pädago-THEMATISIEREN13