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LA CENERENTOLA - Wiener Staatsoper

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Ihr Gesang strotzt in Perlen | Andreas LángIhr Gesang strotzt in Perlen | Andreas LángHeute dürften solche Abweichungen vom „üblichen“ Plot kaum nochjemanden irritieren. Eher der Charakter der Angelina, die, allen Träumereinzum Trotz, praktisch nie wirklich aufbegehrt, ja sich mit ihrer Rolle alsCenerentola fast schon identifiziert (wie dies im Schlussbild der aktuellenInszenierung ironisch unterstrichen wird). Nicht umsonst vergleicht sieAlbert Gier mit der schon krankhaft sich unterordnenden Griselda inBoccaccios Decamerone (sieh auch S. 88). Dass Angelina in der Oper alsplastisches Wesen und nicht nur als Schablone vor den Hörer tritt, verdanktsie ausschließlich der Musik und nicht der Darstellung im Textbuch.Wie meistens, komponierte Rossini auch diese Oper unter enormen Zeitdruck,vielleicht sogar unter noch größerem Druck als gewöhnlich: Am 26. Dezember1816 hätte die Uraufführung stattfinden sollen – drei Tage davor wurde erstdas Sujet entschieden. Jacopo Ferretti verfasste das Textbuch daher in einerNacht-und-Nebel-Aktion, unter Vertilgung vieler Tassen „guten Mokkas“,Rossini schrieb, kaum dass die Tinte auf den Librettoseiten getrocknetwar daraufhin in Windeseile seine Musik. Da er einsah, dass die Arbeit aufdiese Weise zu langsam voranging, wandte er sich an den, vor allem alsPassionen- und Oratorienschreiber renommierten, inzwischen vergessenenrömischen Komponisten Luca Agolini, der ihm die Seccorezitative und einigeunwesentliche Passagen schrieb. Außerdem übernahm Rossini einige Teile,wie die Ouvertüre, aus früher von ihm selbst verfassten Opern. Und auchFerretti dürfte von einem bereits existierenden Aschenbrödel-Libretto mehrals nur inspiriert worden sein: Felice Romanis Textbuch zu Pavesis Agatinaweist derartig viele Ähnlichkeiten auf (unter anderem in den auftretendenCharakteren – Dandini und Alidoro sind reine Erfindungen Romanis gewesenund von Ferretti einfach übernommen worden), dass Ferrettis Version sogarmit dem Vorwurf des Plagiats verunglimpft wurde.Die Annahme, dass Rossini und alle Beteiligten wohl einiges an Lampenfieberdurchlitten haben dürften, liegt nahe, zumal manches erst im allerletztenMoment fertig wurde. Das Duett von Dandini und Magnifico „Un segretod’importanza“ beispielsweise entstand rund 24 Stunden vor der Uraufführungund wurde erst am Tag der Premiere einstudiert und geprobt. Schließlichkam es mit einem Monat Verspätung am 25. Jänner 1817, also fast auf den Taggenau 196 Jahre vor der <strong>Staatsoper</strong>npremiere der aktuellen Produktion desWerkes zur Uraufführung. Laut Ferretti tropfte den Sängern bei dieser erstenCenerentola-Aufführung der „Todesschweiß von der blassen Stirn“ und somanche Musiknummer wurde von Publikum gnadenlos ausgepfiffen.Der ursprüngliche, von Ferretti angedachte Titel Angiolina, mussteübrigens auf Druck der Zensur geändert werden, da zur damaligen Zeiteine stadtbekannte Angiolina mit einer Reihe von aufsehenerregendenVerführungen auf sich aufmerksam machte und eine Oper gleichen Namensals Anspielung missverstanden hätte werden können.Trotz des mangelnden Erfolges bei der Uraufführung war La cenerentolabald, wie Rossini es mit den Worten „Bevor der Karneval vorbei ist, wird manCenerentola lieben“ von Anfang an prophezeite, ein enorm populäres Stück,das im wahrsten Sinn des Wortes weltweit gespielt wurde: 1818 in Barcelona,1820 in Wien und London, 1822 in Paris, 1825 in Berlin und Moskau, 1826 inBuenos Aires und New York, 1844 sogar in Australien.Abschließend sei noch ein Ausspruch des strengen Kritikerpapstes EduardHanslick erwähnt, da dieses Dictum sehr schön die Qualität von Cenerentolain einem Satz zusammenfasst: „Dieses italienische Aschenbrödel ist es in derTat nur ihrem Kleide nach; ihr Gesang strotzt in Perlen, Samt und Seide.“2829

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