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Die 40 führenden Köpfe - Haufe.de

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29personalmagazin: Auch die systemischeBeratung kritisieren Sie hart und bezeichpersonalmagazin:Aber schon bei <strong>de</strong>r Rollenreflexionkommt man doch schnell zurpersönlichen Lebensgeschichte…Lau: Natürlich spielt die eine Rolle, aberdie Grenze ist für mich immer da, woes therapeutisch wird. Das Problem ist,dass viele Coaches heute anfangen zutherapieren. Wer als Kind im Sandkastenverprügelt wur<strong>de</strong> und noch heutedarunter lei<strong>de</strong>t, <strong>de</strong>r sollte zum Therapeutengehen und nicht zum Coach.Wenn man erkannt hat, dass man immerRecht haben will, weil man im Sandkastenverprügelt wur<strong>de</strong>, kann das Inhalteines Coachings sein. Ziel ist dann, imJob besser mit seinen Verhaltenspräferenzenumzugehen. Ein Business-Coach arbeitet pragmatisch und nichtmit Familienaufstellung und wissen<strong>de</strong>nFel<strong>de</strong>rn. Aber viele Coaches akzeptierendiese Grenze nicht und gehen bewusstins Therapeutische.personalmagazin: Aber die Elemente aus<strong>de</strong>r Psychotherapie sind heute Bestandteilefast aller Metho<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Weiterbildung...Lau: Das ist ja das Problem. PsychotherapeutischeMo<strong>de</strong>lle, Konzepte undVersatzstücke gehören nicht in personalwirtschaftlicheVerfahren, we<strong>de</strong>r indie Personalauswahl noch in die Weiterbildungo<strong>de</strong>r die Personalentwicklung,zumal das oft auch ohne Einwilligung<strong>de</strong>r betroffenen Mitarbeiter geschieht.Dazu kommt, dass die meisten Trainerund Coaches über keine soli<strong>de</strong> psychotherapeutischeAusbildung verfügen.So mancher versucht sogar die eineo<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re biografische Panne, zumBeispiel das abgebrochene Studium,durch pseudoaka<strong>de</strong>mische Weiterbildungenzu kompensieren. Häufig fin<strong>de</strong>tman auch Betriebswirte, Techniker o<strong>de</strong>rInformatiker, die in ihrer Lebensmitteplötzlich die große weite Welt <strong>de</strong>r Psycheent<strong>de</strong>cken.personalmagazin: Auf Ihrer Negativlistesteht auch das Neuro-Linguistische Programmieren.Warum?Lau: Das Neuro-Linguistische Programmieren(NLP) ist „die“ Psychotechnik<strong>de</strong>r Personalentwicklung und das schonseit Jahrzehnten. Dabei ist es in Wirklichkeitnichts an<strong>de</strong>res als eine Amalgamierungvon ungeprüften Hypothesenund Versatzstücken <strong>de</strong>s positiven Denkens.Dass NLP trotz jahrzehntelangerPraxis keine einzige ernst zu nehmen<strong>de</strong>„In <strong>de</strong>r Weiterbildunghat sich eine unheilvolleManagementesoterikmit obskuren Angebotenausgebreitet. Zu oftwird mit irrationalenMetho<strong>de</strong>n gearbeitet.“empirische Bestätigung erfahren hat,stört offenbar nieman<strong>de</strong>n. In Deutschlandhat sich das Neuro-LinguistischeProgrammieren therapeutisch nichtdurchgesetzt, nur im betrieblichen Kontext.Dabei wur<strong>de</strong>n sogar alle wesentlichenPrinzipien dieser Psychotechnikwie die Augenbewegungsthese, wonachdie Blickrichtung anzeigen soll, ob maneher ein visueller o<strong>de</strong>r auditiver Typist, o<strong>de</strong>r die funktionale Trennung <strong>de</strong>sGehirns in zwei Hemisphären ein<strong>de</strong>utigwi<strong>de</strong>rlegt. Dabei treibt gera<strong>de</strong> NLPmit neueren Entwicklungen immer seltsamereBlüten.personalmagazin: Welche Entwicklungenmeinen Sie?Lau: Noch brisanter ist „Wingwave“, eineKombination von NLP mit <strong>de</strong>r Kinesiologieund EMDR („Eye Movement Desensitizationand Reprocessing“), also einerMischung aus zwei Pseudowissenschaftenund einer noch jungen, nicht abschließen<strong>de</strong>rforschten, aber wirksamenTherapieform für die Behandlung vonMenschen mit psychischen Traumata,die höchste Anfor<strong>de</strong>rungen an die Kompetenzvon Therapeuten stellt. Es isthöchst problematisch, dass auch diesesneue Coachingformat rasch Eingangin die Personal- und Organisationsentwicklunggefun<strong>de</strong>n hat, zumal Trainer,Coaches o<strong>de</strong>r Personalentwickler we<strong>de</strong>rüber die Befugnis noch über die formalenQualifikationen und Befähigungenverfügen, um solche therapeutischenMetho<strong>de</strong>n im Kontext betrieblicher Maßnahmenanzuwen<strong>de</strong>n.personalmagazin: Übertreiben Sie da nichtetwas? Welches Unternehmen traktiertseine Mitarbeiter <strong>de</strong>nn mit Metho<strong>de</strong>n aus<strong>de</strong>r Traumatherapie?Lau: Zum Beispiel eine gelernte Bankkauffrauund Ausbildungsleiterin bei einerUniversalbank, die „Wingwave“ beiAuszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n anwen<strong>de</strong>t. Das zeugtmeiner Meinung nach von einer grenzenlosenSelbstüberschätzung. Denn imErnstfall ist so jemand nicht einmal ansatzweisein <strong>de</strong>r Lage, mit <strong>de</strong>n unerwartetenWirkungen seines eigenen Tunsverantwortungsvoll umzugehen.personalmagazin: Selbst die altehrwürdigeTransaktionsanalyse gehört für Sie zurManagementesoterik. Aber das ist doch„nur“ ein sozialpsychologisches Mo<strong>de</strong>ll...Lau: Das stimmt. Aber auch hier fehltdie theoretische Basis. <strong>Die</strong> Transaktionsanalyseist eine empirisch nichtvalidierte, in Deutschland nicht zugelassenePsychotherapieform. Sie basiertauf einem eher mechanistischen undreduktionistischen Verständnis <strong>de</strong>rPsyche. Dazu kommt, dass die Transaktionsanalyseinzwischen einen universalistischenGeltungsanspruch hat undfür alles gut ist. Fürs Coaching, für dieFührungskräfteentwicklung und fürsschlank wer<strong>de</strong>n. Das ist typisch für einesoterisches System. Das hilft immer füralles.09 / 13 personalmagazin Bei Fragen wen<strong>de</strong>n Sie sich bitte an kristina.en<strong>de</strong>rle@personalmagazin.<strong>de</strong>

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