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DER GRAMMATISCHE TIGERSPRUNG. - DiVA

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seiner drei oben zitierten Beispiele („ihre erhabene Abkunft, ihre Logizitätund ihre Unzahl der Zwischentöne") könnte den statischen Eindruckerhärten. Eine genaue Lektüre zeigt aber, daß in Doderers Textkeineswegs ein statisches System erstellt wird. Bei seiner Beschreibungder Wortstruktur in Wörtlichkeit seziert Doderer hier nicht das fertigeWort, sondern ergreift es in statu nascendi, was das Vokabular derWortwerdung prägt: Die Wörter entringen sich dem Grundsumpf, siesind warm und rieselnd blank (Wdk, 202) von der feuchtheißen Gebärmutter,und fortan befinden sie sich in dem ständigen Wandel, den derSprachwissenschaftler die Wirklichkeit der Sprache nennt (Coseriu1970, 52, vgl.6.2.2.).Das Strukturbildende ist wie schon dargelegt (6.2.) das zweite Hauptprinzipbei der Wesensbestimmung der Sprache. Aus linguistischerSicht wäre es möglich, sich mehrere strukturelle Reihen vorzustellen:Wort, Satz, Text, die man dann in ein einheitliches statisches Mustereinordnete. Da es meine Aufgabe ist, die Terminologie Doderers zu charakterisieren,würde eine solche systematische Aufstellung mit Notwendigkeitviel Stoff enthalten, der in Sachen Doderer wenig zu sagenhätte. Ich ziehe es vor, dieselbe Methode wie in den übrigen Abschnittenzu gebrauchen, und meine Auslegungen an einen Doderer-Text anzuknüpfen,und zwar an einen Repertorium-Artikel aus dem Manuskriptder 3. Sammlung des Jahres 1943. Eine kürzere Variante findet sich inWebers Auswahl (106). Beide haben den Titel Grammatik. Der ursprünglicheArtikel, abgedrückt bei Lidén 1970 (182), enthält 4 Punkte,von denen der erste in 6.3.1., der zweite in 6.3.2. und der vierte in 6.4./6.5. behandelt werden, während der dritte erst im 8. Kapitel auftaucht.In Doderers Terminologie spielen die analogischen Übertragungen ausden Naturwissenschaften in den psychischen Bereich eine große Rolle.Ihr Auftreten bei Doderer ist kein Sonderfall, denn der Einfluß dernaturwissenschaftlichen Sprache ist seit den letzten Jahrzehnten des19. Jh. auf mehreren Gebieten dominierend (siehe hierzu weiter Kap.7). Die naturwissenschaftlichen Analogien sind für ihn nicht nur alsBilder aufzufassen, sie drücken vielmehr den engen Zusammenhangzwischen den verschiedenen Erscheinungsformen der Natur und denmenschlichen Bedingungen aus. Oben haben wir z.B. den TerminusEntelechie (5.3.1.) und die Ausdrücke Chemie des Gedächtnisses undPhysik der Merkfähigkeit (5.7.2.) aus dieser Sicht betrachtet. Die Chemieals Wissenschaft untersucht Strukturen der Grundstoffe und stelltFormeln auf. In der Standardsprache sind halb-metaphorische Zusammensetzungenund Wendungen nicht selten. (Neuerdings z.B. in168

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