13.07.2015 Aufrufe

DER GRAMMATISCHE TIGERSPRUNG. - DiVA

DER GRAMMATISCHE TIGERSPRUNG. - DiVA

DER GRAMMATISCHE TIGERSPRUNG. - DiVA

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Das Stadium vor dem Schreiben, vor dem erzählerischen Zustand (Liste6) nennt Doderer prä-grammatisch. In den wechselnden Periodenseines Lebens wird dieses Stadium, die Prä-Grammatik, unterschiedlichbewertet. Manchmal liegt der Schwerpunkt auf den Mühen undÄngsten der Produktionskrisen, öfter aber auf den Vorbereitungen(„naturgeschichtliche(n) Studien" Ta 537, 26.2.1947.), sehr häufig jedochist der Tenor ein Appell zum ruhigen, passiven Warten:Die apperzeptive Verfassung ist das Antichambre der Grammatik. Man wirdnicht vorgelassen, sondern sie selbst tritt unvermutet heraus, zu sehen, wen siehier noch wartend habe. (Ta 543,11.3.1947)Wichtig ist dabei, daß der Schreibende in diesem Vorstadium nichtsschreibt (vgl. 6.4.); er darf metaphorisch ausgedrückt „Keine Kristallisationvor der Grammatik!" (Ta 560, 4.4.1947) dulden:Es gilt,im Prä-Grammatischen keine Verhärtungen zu erzeugen [...]:sondern dieses ganze Gebiet durch Relativierung (etwa durch vorbereitende StudienUL) im Fluß zu halten, damit es gegebenen Falles glatt in's Grammatischeabströme. (Ta 537, 26.2.1947)In der Doderer-Forschung gibt es keine einheitliche Auffassung in derDeutung des Dodererschen Grammatik-Begriffs, wie oben aus kap. 6.ersichtlich ist. Besonders die Wortbildung Prä-Gram matik ist verschiedentlichbeurteilt worden. Katós Analyse des Begriffs Prä-Grammatikunterscheidet sich z.B. von meiner Darstellung. Sie meint, daß in DoderersTexten Prägrammatik vor 1950 ein rein „negativer und verwerflicherZustand" sei (Kató 1985, 41), wobei sie sich auf etliche Aussagendes Autors stützt, z.B. Comm I, 275. Meiner Meinung nach finden sichaußer den oben von mir zitierten Textstellen, beide aus dem Jahr 1947,auch andere Aufzeichnungen in den Tangenten, wo die Prae-Grammatikeine vielleicht heikle aber keineswegs verwerfliche Sache ist, jedenfallsals eine notwendige Vorstufe zu betrachten wäre, z.B. ,jene(n) edlenAnstrengungen" des Denkens (Ta 257,13.12.1944).Unsere Meinungsverschiedenheiten können auch darin ihren Grundhaben, daß für mich die Prae-Grammatik das ganze Vorstadium desschöpferischen Prozesses bedeutet, während Kató mit Prägrammatikeben ein nach Doderers Auffassung falsches Verhalten in diesem Stadiummeint.Interessant scheint mir, daß Himmel 1981 sich mit den Begriffen A-Grammatisch und Prae-Grammatisch auseinandersetzte, jedoch ohneHinweise auf die Tangenten. Zwar ist die Wortbildung nicht sein232

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!