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DER GRAMMATISCHE TIGERSPRUNG. - DiVA

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Uns interessiert jedoch hier vor allem die Zeit nach 1930). Eben in dendreißiger Jahren verlieh Klages seinem Hauptwerk Ausdrucksbewegungund Gestaltungskraft einen neuen Titel: Grundlegung der Wissenschaftvom Ausdruck (1936). Und nochmals wird daran erinnert, daßBühler in seiner Sprachtheorie (1934) die „Sinnbezüge" seines Organon-Modells umbenannte. Seine Begründung ist für die Terminologie wichtig:„Heute bevorzuge ich die Termini: Ausdruck, Appell undDarstellung, weil ,Ausdruck' im Kreise der Sprachtheoretiker mehrund mehr die hier geforderte präzise Bedeutung gewinnt" (28 f).Aus allen diesen Beispielen folgt, daß die sog. Grundbedeutung desWortes Ausdruck sich nicht fangen läßt. Es ist deshalb beinahe zu erwarten,daß es auch bei Doderer mehrdeutig ist, und es scheint mir, daßeine deckende Behandlung dieses Terminus erst in einer größerenmonographischen Darstellung möglich ist. Ohne auf die Frage derdirekten Beeinflussung einzugehen, kann man jedoch eine Reihe Übereinstimmungenzwischen Doderer und den oben erwähnten Denkernfinden, was zum Teil aus Liste 4 und 5 hervorgeht. Es wäre also durchausfalsch, Doderers Denkweise nur als einen dubiosen pseudowissenschaftlichenEinzelfall zu betrachten. Wahrscheinlich stimmt TremlsVermutung, daß etliche Begriffe „in der Luft lagen" (1986,17)Für die zwei ersten der vier oben gewählten wertenden Antithesenhaben sich Vergleiche mit Philosophie und Psychologie nützlich erwiesen.Für die zwei letzteren scheint es aber angebracht, die Sprachwissenschaftheranzuziehen, vor allem für den Begriff Grammatik, der eineZentralstellung in Doderers sprachlichen Kosmos innehat.Die Sprachwissenschaft im engeren Sinn arbeitet kaum mit wertendenEinteilungen, sie ist aber einem dichotomischen Denken nicht abgeneigt.Um nur ein Beispiel aus dem Beginn des Jh. zu nehmen, ist es interessantSaussures grundlegende Vorlesungen, Cours de linguistique générale(1916), aus diesem Blickwinkel zu betrachten. Er stellte ja ein neueszweigeteiltes Programm für die Sprachbeschreibung auf: Diachronieund Synchronie. Und um das Wesen der Sprache noch genauer zu erfassen,erweiterte er sein sprachtheoretisches Begriffspaar langue — parolemit einem dritten Begriff, einem Oberbegriff langage. Auch wennlangage irgendwie gegenüber den zwei disjunktiven Unterbegriffen inden Hintergrund tritt, finden wir dennoch hier ein musterbildendesBeispiel des dichotomischen Denkens, einen Oberbegriff, gegliedert inzwei Unterbegriffe, die sich gegenseitig bedingen und eng miteinanderund mit dem Oberbegriff verbunden sind: langage — langue - parole.181

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