05.12.2012 Aufrufe

e-xilant öffentlich versteckt - brut Wien

e-xilant öffentlich versteckt - brut Wien

e-xilant öffentlich versteckt - brut Wien

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Not ist eine Tugend? – Moment, das war doch die Geduld.<br />

Aber, da der Bauer in der Not die Wurst auch ohne Brot frisst,<br />

macht diese dann erfinderisch!? Oder war's am Ende doch<br />

etwas ganz Anderes? Das, oder so etwas in der Art, muss sich<br />

wohl Barbara Ungepflegt gedacht haben, als sie die ersten<br />

Ideen zu ihrem Projekt Notstand geboren hatte, mit dem sie<br />

an dem diesjährigen Freischwimmer-Festival teilnimmt und<br />

bereits erste Erfolge in Berlin und Hamburg verzeichnen kann.<br />

Hinter dem Projekt steht eine Dame, die sich selbst als Bedienerin<br />

bezeichnet und laut ihrer Homepage für einen Escortservice<br />

arbeitet – alles was der Kunde wünscht, nur zu gewissen<br />

Konditionen, versteht sich. Wer jetzt glaubt, Frau Ungepflegt<br />

würde eher horizontal als genial arbeiten, der täuscht sich.<br />

Denn das Einzige, womit sie sich und andere bedient, ist das<br />

Spiel mit Worten und deren Doppeldeutigkeit. Ergebnis daraus<br />

ist die entstehende Inhaltsveränderung, die am Ende manchmal<br />

verstörender wirken kann als so manch anderes Spiel.<br />

Unbekannt dürfte die österreichische Künstlerin für den Szenegänger<br />

in <strong>Wien</strong> jedoch nicht mehr sein, da sie schon in den<br />

vergangenen Jahren durch eigene Projekte wie die Misswahl<br />

2010 im Rathauspark oder als Mitwirkende in Julius Deutschbauers<br />

Werken in den medialen Vordergrund rückte.<br />

Notstand ist eine Mischung aus Installation und kleinen Minidramen.<br />

Die Entourage um diese doch eher geheimnisvolle<br />

Person Ungepflegt besticht durch konzeptionelles Chaos. Ein<br />

Hochstand, der als Notstand dienen muss, jedoch nicht um<br />

einen entspannten Ausblick auf die Welt zu erhaschen, sondern<br />

um den Eindruck zu vermitteln, dass der erste Blick auch<br />

trügerisch sein kann, wenn man genauer hinsieht. So heißt es,<br />

dass man beim Besteigen des Notstands notwendigerweise<br />

gesichert wird, damit das rustikale Flair genossen werden<br />

kann, das notgedrungen entsteht, sobald die Lebkuchenherzen<br />

und die restlichen selbstgebastelten Wanddekorationen auf<br />

die Netzhaut gelangen. Wer bei dieser Beschreibung an eine<br />

spießbürgerliche Wohnstube denken muss, wird leider (oder<br />

doch zum Glück?) enttäuscht werden, denn die Schriftzüge auf<br />

den kalorienreichen Kitschherzchen lassen deutlich die Thematik<br />

des Notstands erkennen, ohne aber jedoch den „I mog<br />

di“-Charme zu verlieren. Doch nicht nur Süßes hängt dort an<br />

den Wänden. Der Mutige wie auch beschämende ÖVP-Notnagel-Spruch<br />

„Mut zu Eliten“ ziert das Interieur – passend nicht<br />

in Stein gemeißelt, sondern fein gestickt,rot auf weiß. Doch<br />

12<br />

Not macht erfinderisch? – oder: Not, erfinderisch gemacht!<br />

Vorbericht von Florian Peter Pesel, 06.04.2011<br />

genau nach dem Motto: Wo das herkommt, gibt’s noch viel<br />

mehr, kann jede(r) BesucherIn sich selbst auf die Entdeckungsreise<br />

zu den von Barbara Ungepflegt aufgezeigten Nöten machen.<br />

Erwarten muss und darf man viel Kitschiges, Spießiges,<br />

Belustigendes, Erschreckendes, Kreatives und Beschämendes.<br />

Zu entdecken gibt es jedenfalls genug, und nicht nur weil die<br />

Stadt <strong>Wien</strong> ihren Teil dazu beigetragen hat, dass das ganze<br />

Vorhaben der ungepflegten Frau ein Erfolg werden kann.<br />

Denn auch die Vielfalt der Ideen wird nicht aus der Not heraus<br />

auf das Essenziellste beschränkt, das heißt platt gesagt: alles<br />

für alle, oder mit den Worten der Künstlerin: Kunst für alle!<br />

Letztendlich heißt es dann wohl Überfluss im Notstand, oder<br />

aus der Not eine Tugend machen. Die Tatsache, dass Frau Barbara<br />

Ungepflegt an jedem Festivaltag eine Vorstellung ihres<br />

Notstands gibt, die täglich variiert, zeugt allerdings auch von<br />

enormem Mitteilungsbedürfnis und Spaß an der Freude.<br />

Wem diese Beschreibung jedoch zu undurchsichtig ist und wer<br />

noch nicht ganz begriffen hat, worum es Frau Ungepflegt eigentlich<br />

geht, dem ist es wärmstens empfohlen, der notleidenden<br />

Welt der Barbara Ungepflegt einen Besuch abzustatten<br />

und sich davon einen eigenen Eindruck zu schaffen – natürlich<br />

ganz nötigungsfrei!

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!