e-xilant öffentlich versteckt - brut Wien
e-xilant öffentlich versteckt - brut Wien
e-xilant öffentlich versteckt - brut Wien
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Offiziell, gesellschaftlich, <strong>öffentlich</strong> – Hochzeiten mitsamt<br />
Feierlichkeiten präsentieren nicht nur all das, gleichsam findet<br />
sich darin eine ordentliche Portion Theater. Die Künstlergruppe<br />
mariamagdalena und Gäste nahmen sich das zu Herzen und<br />
inszenierten in Bis dass der Tod uns scheidet eine Hochzeitsfeier<br />
mit Höhen und Tiefen. Mit dem zugrunde liegenden Thema<br />
„Polnisch“ wird Leichtsinn und Spass geboten, aber auch<br />
Denkwürdiges aufgegriffen. Die Gäste des Banketts dürfen<br />
natürlich nicht fehlen.<br />
Die aus Polen stammenden jungen Verliebten Maria Magdalena<br />
und Tomasz haben also soeben geheiratet und müssen<br />
<strong>öffentlich</strong> empfangen werden. „Nicht trödeln, das Brautpaar<br />
kommt jeden Moment aus der Kirche“, ruft ein in einen<br />
schillernd roten Anzug gekleideter Trauzeuge, Organisatoroder<br />
auch Animateur, und schon findet man sich selbst als Teil<br />
eines Menschentunnels wieder. Traditionelles Spalierstehen<br />
als Beginn einer Kette von klischeehaften Bräuchen, kitschigen<br />
Tänzen und hemmungslosen Partyspielen.<br />
Bereits in den ersten Minuten der inszenierten Hochzeitsfeier<br />
fühlt man sich mehr als Gast denn als Zuschauer. Das soll<br />
auch so sein, denn nicht nur die Künstlergruppe mariamagdalena,<br />
sondern auch ihr Publikum trägt zur Inszenierung<br />
bei, weshalb in der Aufführung, wie auch oft bei Hochzeiten,<br />
die Hauptaufgabe darin besteht, die Nebendarsteller bei<br />
Laune zu halten. In diesem Fall mit reichlich Wodka, polnischer<br />
Tanzmusik, Tanzeinlagen der Künstler und einem<br />
aufgeweckten Gastgeber.<br />
Eine Besonderheit findet sich in Bis dass der Tod uns scheidet<br />
folglich darin, dass jeder im Publikum selbst darüber entscheiden<br />
kann, auf welche Weise er an dieser Veranstaltung teilnehmen<br />
möchte. Manch einer sieht selbst bei dem Disco-Polo-<br />
Gruppentanz gerne nur zu, andere wiederum stürzen sich ins<br />
Geschehen und nehmen mutig an den doch etwas peinlichen<br />
Spielen teil, wie beispielsweise um die Wette Runden mit dem<br />
Miniscooter zu drehen oder auf eigentümliche Weise Luftballons<br />
zum Platzen zu bringen. Die Sieger allerdings gewinnen<br />
einen kurz kommentierten Steckbrief über sich selbst in der<br />
Rolle einer fiktiven polnischen Person, etwa eines Niedriglohnarbeiters<br />
in Deutschland oder einer Nachtclubbesitzerin. Nicht<br />
zuletzt erfahren wir so auch etwas über Magdalena Chowaniecs<br />
Werdegang. Diese kurzen Anekdoten zu verschiedenen<br />
26<br />
Die Freuden und Leiden einer zahlenden Hochzeitsgesellschaft<br />
Kritik von Tanja Füreder, 08.04.2011<br />
Menschen bilden einen roten Faden, der in einer abschließenden<br />
Darbietung mündet.<br />
In jenen letzten Minuten wird es schließlich etwas besinnlicher<br />
und auch ernüchternd. Die Lichter gehen aus, Ruhe kehrt<br />
ein und Maria Magdalena verliest Briefe verhinderter Freunde<br />
aus Polen, die über deren tragische Geschichte erzählen.<br />
Doch auch wenn am Ende Fremdenpolitik und gesellschaftliche<br />
Problematiken aufgegriffen werden und der Versuch stattfindet,<br />
dem feuchtfröhlichen Fest eine gewisse Ernsthaftigkeit<br />
und eine kritische Note zu verleihen, bleibt es letztendlich<br />
doch nur ein lebhaft inszeniertes polnisches Hochzeitsfest, auf<br />
das zusätzlich noch eine Abschlussfeier mit den versprochenen<br />
deftigen Speisen folgt.