e-xilant öffentlich versteckt - brut Wien
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Die gläserne Königin<br />
Bericht über die Porträtmalaktion<br />
Das Künstlerduo Chuck Morris zeigt sich nicht nur als bereits<br />
gekrönte Monarchin der Öffentlichkeit, sondern auch ihr Werdegang<br />
wird offen dargelegt. Und zu einer Königin gehört das<br />
Symbol der Unsterblichkeit schlechthin: das Porträt. Jenseits<br />
von Schnelllebigkeit und Photoshop nimmt sich die neue Herrscherin<br />
auch die Zeit, sich in jeder der angestrebten Städte mit<br />
Farbe und Pinsel verewigen zu lassen und so ihre Macht zu<br />
demonstrieren. In diesem Fall war es die Galerie Rauminhalt<br />
in der Schleifmühlgasse, die den hohen Besuch beherbergen<br />
durfte. Doch Chuck Morris ist eine zeitlose Königin, die sich<br />
in jedes Zeitalter fügt, und so war nicht nur der Maler selbst<br />
anwesend, sondern auch eine Vielzahl von Fotografen, die ihr<br />
Bild in die Welt hinaustragen.<br />
Gemäß dem Motto des diesjährigen Festivals verweilten<br />
Chuck Morris zurückgezogen in einem geschlossenen Raum,<br />
der für einige Passanten doch genug Barriere darstellte.<br />
Gleichzeitig befanden sie sich jedoch in einem goldenen (oder:<br />
gläsernen) Käfig, nämlich in einem Schaufenster, und waren so<br />
für alle, auch solche, die nur zufällig mit der Einkaufstüte ihrer<br />
Wege gingen, gut sichtbar. Dabei stellt sich Chuck Morris auch<br />
immer die Frage: Für wen arbeitet die Königin? Wem gehört<br />
sie? Dem Publikum? Will das Publikum Chuck Morris? Oder<br />
nimmt sich Chuck Morris diese Aufmerksamkeit einfach? Ist<br />
das Luxus? Macht? Oder Aufopferung in unangenehmen Posen?<br />
Und obwohl alles offen dargelegt wird: Kann man jemals<br />
einen privaten Blick auf die Königin erhaschen? Oder agiert sie<br />
konsequent in ihrer <strong>öffentlich</strong>en Rolle?<br />
Chuck Morris wird in die Geschichte eingehen. Oder zumindest<br />
vielfach in die Ahnengalerie.<br />
44<br />
von Eva-Maria Kleinschwärzer, 13.04.2011<br />
Verbeugt euch –<br />
die Königin kommt!<br />
Kritik von Christoph Wingelmayr, 15.04.2011<br />
Im Foyer kommt die Vorhut an. Hofdamen ihrer Majestät<br />
erscheinen und kündigen ihr baldiges Eintreffen an. Benimmregeln<br />
werden mit auf den Weg gegeben. Das Theatrale und<br />
der reale Raum wagen eine erstmalige Verschmelzung. Kurzes<br />
Warten. Wir erhalten Einlass in diese wundersame Welt.<br />
Streng geregelt, der Ablauf. Nach Protokoll, versteht sich.<br />
Chuck Morris empfängt uns. Wortstakkato, Gestammel,<br />
Adjektive prasseln auf das Publikum hernieder. Die Königin<br />
steht auf.<br />
Ihre Herkunft wird bekanntgegeben, Österreich, Spanien,<br />
überall. Lange ist sie schon Königin. Einzigartig, verstört,<br />
siegessicher, ruhig, cholerisch. Attribute einer Herrscherin,<br />
gefangen in ihrer Zwiespältigkeit. Schon bildhaft zerrissen in<br />
zwei Personen. Ihr höchstes Gut: die Abbildung. Im Internet,<br />
Fernsehen, in den Bildern, Symbole ihrer Macht.<br />
Kriegerisch, im Marschschritt, stolziert sie über die Bühne.<br />
Gleichzeitig unsicher und verlegen. Diese Herrscherin kann<br />
nicht glücklich sein. Das Öffentliche und das Private in einer<br />
Person. Schizophren, gefangen in diesem Dualismus des<br />
Seins. Ihr Tanz, ein Sinnbild ihrer puppenhaften, inszenierten,<br />
zuckenden Zweiteilung.<br />
Doch der Zuschauer wird phasenweise auf eine harte Probe<br />
gestellt. Zu wenig erschließt sich die Bedeutung der Darbietung.<br />
Stumm verfolgt man das Werk und versucht, ihm einen<br />
Sinn zu entlocken. Ohne Aufklärung wird man entlassen. Erst<br />
nach und nach bahnen sich erste Ansätze des Verstehens<br />
ihren Weg.<br />
Ein eigener Dramaturg hätte der Aufführung gutgetan. Zusammenhangslos<br />
und unstrukturiert plätschert sie dahin. Die<br />
Idee hätte Potenzial, die Umsetzung hinkt jedoch hinterher. Es<br />
fehlen Spannungsbögen und Höhepunkte. Dennoch lohnt die<br />
Rezeption. Ein wohlüberlegtes Stück Theater.