e-xilant öffentlich versteckt - brut Wien
e-xilant öffentlich versteckt - brut Wien
e-xilant öffentlich versteckt - brut Wien
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Stattdessen kommen plötzlich ganz andere Kontexte hinzu:<br />
Der Mensch macht sich von der Technik abhängig und<br />
schwächt seine Position dadurch selbst. Tiere tun dies nicht, da<br />
sie nicht auf Technik angewiesen sind. Ja. Stimmt auch. Aber<br />
sind sie deshalb freier als Menschen? Besser als Menschen?<br />
Man bekommt allmählich den Eindruck, dem Vortrag einer<br />
ideologisierten Tierliebhaberin zu lauschen. Es sind Momente,<br />
in denen man befürchtet, dass Korth hier ihr tatsächliches<br />
Menschenbild preisgibt. Denn für eine groteske Klamauknummer<br />
ist das Gesprochene und Gezeigte einfach nicht lustig,<br />
nicht komisch genug. Für eine ernsthafte Auseinandersetzung<br />
allerdings zu oberflächlich. Somit bleibt die Frage, was Furry<br />
Species eigentlich will.<br />
Im weiteren Verlauf des Stücks verkündet Korth ihr Vorhaben,<br />
zu einem Mensch-Wolf-Hybriden zu werden. Operativ – ironischerweise<br />
von Dr. Dr. Hohl. Als Beleg hierzu wird ein viel zu<br />
langes Video gezeigt. Korth sitzt beim Kieferorthopäden und<br />
lässt sich einen Gebissabdruck machen. Unzählige Minuten<br />
vergehen, bis der Abdruck endlich fertig ist. Der Mehrwehrt<br />
dieser Information: gleich null. Stattdessen bekommt die Inszenierung,<br />
deren Konzept bisher „nur“ einfach nicht wirklich<br />
aufgegangen zu sein schien, nun zusätzlich einen sehr amateurhaften<br />
Charakter.<br />
Abschließend verschwindet Korth von der Bühne, um kurze<br />
Zeit später von zwei Ärzten auf einer Krankenliege wieder in<br />
den Raum geschoben zu werden. Die Wolfs-OP beginnt. Einige<br />
Milliliter Blut werden in die erste Reihe gespritzt, die zuvor mit<br />
einer Folie geschützt wurde. Es ist, als hätte Korth irgendwo<br />
gelesen, dass man im zeitgenössischen Theater auf alle Fälle<br />
noch das Publikum einbinden und im Optimalfall sogar gegen<br />
selbiges vorgehen müsse.<br />
Schließlich wird der Hybridwilligen ein Wolfschwanz an die<br />
Strumpfhose genäht. Ihr Hund betritt die Bühne, und beide<br />
heulen zu einer abgewandelten Version von David Bowies<br />
„Heroes“, die auf die Thematik des Werwolfs umgedichtet<br />
wurde. Den wenig glorreichen Text gibt’s zum Mitlesen auf der<br />
Projektionsfläche. Das war’s dann.<br />
Furry Species lässt einen mit einem Gefühl von Gleichgültigkeit<br />
zurück. Die grundthematische Idee ist gar nicht schlecht,<br />
wurde allerdings wenig kreativ und noch weniger mitreißend<br />
umgesetzt. Was schon zu Beginn, innerhalb der ersten fünf<br />
Minuten, thematisch eingeführt wurde, hat man auf sechzig<br />
Minuten ausgedehnt, ohne zu brechen, ohne zu hinterfragen,<br />
ohne zu überraschen.<br />
Zugleich stellt sich die Frage nach der Intention des Stücks.<br />
Was wollte uns Korth eigentlich sagen? Eine mögliche Message<br />
verschwimmt an der Oberfläche.<br />
Es war, als würde man ein Fragment, ein noch unausgereiftes<br />
Konzept auf einer Probebühne betrachten. Dabei hätte die<br />
Thematik Potenzial gehabt – und Corinna Korth, die ihre Rolle<br />
im Übrigen gut und recht überzeugend gespielt hat, hat die<br />
Fähigkeit, diese umzusetzen.<br />
Es ist schade, wenn man abschließend sagen muss, dass der<br />
dramaturgisch spannendste Part der Inszenierung die unvorhergesehe<br />
Technikpanne zu Beginn war.<br />
Bildrechte: Gerhard F. Ludwig<br />
19