e-xilant öffentlich versteckt - brut Wien
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Aber ursprünglich war für mich der Anlass für den Notstand<br />
der ganze Kindesmissbrauch in der katholischen Kirche, und<br />
ich wollte den Notstand auch so stellen, dass man den Blick<br />
auf eine Kirche hat. Das ist in diesem Fall auch ganz gut<br />
gelungen. Man hat innen jetzt eine notdürftige Aussicht<br />
auf die Karlskirche.<br />
e: In welcher Not muss man sein, um im Notstand Unterschlupf<br />
zu finden?<br />
BU: Also das obliegt natürlich jedem Besteiger selbst, und<br />
es ist ja ganz individuell, was man als Not empfindet oder<br />
ob man sich selbst als notdürftig erlebt oder im Notstand<br />
befindet. Es ist jeder herzlich willkommen im Notstand. Der<br />
Notstand ist jetzt hier insgesamt sechseinhalb Meter hoch,<br />
aber ich finde, er könnte ruhig noch höher sein, er kann gar<br />
nicht hoch genug sein, aber dann würden es die Behörden<br />
wahrscheinlich überhaupt nicht mehr genehmigen.<br />
e: Wie war die Entwicklung der Installation vom Konzept bis<br />
zur Umsetzung, also bis zum Endprodukt?<br />
BU: Ich habe zuerst an diesen Notstand innerhalb der Kirche<br />
gedacht und es ist dann immer weiter gegangen, in verschiedenste<br />
Notstandsgebiete, was man auch wirklich in den<br />
Medien hört und liest. Für mich haben auch immer so solitäre<br />
Gebäude oder Objekte eine große Faszination ausgeübt.<br />
Außerdem habe ich mit Jagen eigentlich überhaupt nichts zu<br />
tun und persönlich auch nie was miterlebt. Aber die Tatsache,<br />
dass man ein Haus auf Stelzen baut, um rauszuschauen und<br />
etwas zu erlegen, fand ich dann schon sehr faszinierend. Weil<br />
ich auch sehr mit Sprache arbeite, hat mich natürlich dieses<br />
Sprachwortspiel „Hochstand-Notstand“ schon einmal sehr gereizt.<br />
Daher kam es überhaupt zu dieser Idee einen Hochstand<br />
als Notstand zu deklarieren.<br />
e: Wie ist das gemeint: „etwas erlegen?“<br />
BU: Man erlegt ja in einem Hochstand das Wild. Da sitzen<br />
dann die Jäger und Jägerinnen und erschießen das Rehschnitzel.<br />
Deswegen gibt es im Notstand nur eine notdürftige<br />
Aussicht. Man kann also leider niemanden erlegen. Man hat<br />
dazu nicht die Macht, außer man schlägt die Scheiben ein. Es<br />
soll auch eine sehr einladende Hütte sein, da oben auf Stelzen,<br />
darum steht auch „Zimmer frei“und „Bus willkommen“ drauf.<br />
Es passt zwar leider keine Busladung hinein, aber man kann es<br />
ja mal anbieten. „Wildspezialitäten“.<br />
16<br />
e: Das Festival hat ja bereits in Berlin und Hamburg Station<br />
gemacht. Wie waren die Reaktionen?<br />
BU: Es kommt vollkommen darauf an, wo der Notstand steht.<br />
In Berlin stand er in einem Innenhof von den Sophiensaelen.<br />
Aber so, dass man erst in einen Innenhof ging und dann erst<br />
sah man den Notstand. Und das war eine vollkommen andere<br />
Situation, nicht auf einem offenen Platz wie hier mit traditionellen<br />
Gebäuden, wie in einer geschlossenen Atmosphäre.<br />
Da waren die Leute auch überrascht, aber etwas überrumpelt.<br />
Es gab nämlich keinen Platz zum Ausweichen. Da stand man<br />
im Hof und gleich vor dem Notstand. Ich lade die Leute ja zu<br />
einem Besuch in den Notstand ein, der auch kostenlos ist. Und<br />
dann waren viele natürlich irritiert, manche haben lächelnd<br />
gesagt: „Haha, ich bin ja schon im Notstand.“<br />
e: Wie lang braucht man, bis man den Notstand aufgebaut<br />
hat?<br />
BU: So vier Stunden. Beim ersten Mal aufbauen haben wir<br />
neun Stunden gebraucht. Es wird immer schneller. In Düsseldorf<br />
wird’s dann ganz schnell gehen. Fast aufblasbar.<br />
e: Wir haben gelesen, dass sich der Notstand immer verändert.<br />
BU: Es kommt immer wieder ein bisschen was dazu. Ab morgen<br />
wirds am Dach auch eine Neonaufschrift mit „Notstand“<br />
zu sehen sein, sodass man auch am Abend aufmerksam darauf<br />
wird. Es gibt auch innen ein notdürftiges Video zu sehen, Themen<br />
wie „Genuss im Notstand“ und „Anstand im Notstand“.<br />
e: Der Notstand ist ja vollgestopft mit allen möglichen Kuriositäten.<br />
Was haben die Lebkuchenherzen zu bedeuten?<br />
BU: Die sind zum Teil Zitate aus der Bibel, zum Teil auch aufgeschnappte<br />
Kommentare von Menschen. Die habe ich selbst<br />
beschriftet. Man kann sie auch essen, wenn man will. Sie sind<br />
aber schon dreimal nass geworden, weil es so viel geregnet<br />
hat. Ich habe es innen so gestaltet, dass es wie in so einer<br />
geschmacklosen Skihütte aussieht, auch diese ganze Spaßgesellschaft<br />
finde ich ganz spannend.<br />
e: Was wäre dein Wunsch, wie sollen die Besucher den Notstand<br />
verlassen?<br />
BU: Mit viel Not. Ich habe eigentlich keine Wünsche in dem<br />
Sinn. Manche Dinge muss man einfach tun.